Reichenbach zur Zeit des
Tabellarischen Verzeichnisses von 1769 (Teil 7): Bürger und ihre Güter - Vor dem Weihertor |
Vor
dem Weihertor stehen seit alters drei Häuser: die alte
Badstub, die später die Nummer 51 bekam, das 1557
erbaute Armen- und Sondersiechenhaus, auch Gutleuthaus
genannt (Haus 54) und das Haus an der Musbacher Steig
(Haus 69), das den Reichenbacher Hirten, später auch dem
Amtsknecht als Unterkunft diente (XXXV). Zwar sind nur die Häuser 51 und
69 altberechtigt, nicht auch das Haus 54, doch mag das
seine Erklärung darin finden, dass das alte Gutleuthaus
erst nach 1755 privatisiert wurde. Tatsächlich ist der
Schuhmacher Jacob Leitz, den wir als Bewohner des Hauses
54 im Jahr 1769 vermuten, nach Ausweis des Tabellarischen
Verzeichnisses nicht auch dessen Eigentümer. Spätestens
1789 ist jedoch auch dieses Haus in privater Hand (XXII). Zu den drei sehr alten, noch auf die Klosterzeit zurück gehenden Gebäuden sind bis 1755 drei hinzu gekommen: zwei am Anfang des Heselbacher Wegs, die später die Nummern 56 und 57 bekommen haben, und eines am Fuß der Musbacher Steig, der spätere "Ochsen" mit der Nummer 70. Zwischen 1755 und 1769 ist dort noch ein weiteres Haus gebaut worden, das später die Nummer 72 trug. Und genau im Jahr 1769 erhält der Zimmermann Jacob Grundler, der bis dahin wahrscheinlich im Haus 51 wohnt, die Erlaubnis zum Bau des Hauses 71. Jacob Grundler erscheint also in diesem Teil der Studie gleich zweimal. Um alle Reichenbacher Bürger aus dem Tabellarischen Verzeichnis entsprechenden Häusern zuordnen zu können, benötigen wir noch ein weiteres Haus vor dem Weihertor, das wir - allerdings mit einem beträchtlichen Fehlerrisiko - im Haus 55 sehen können. Im Juni 1765 bekommt der Schreiner Gottlieb Wurster (* 1726, F 1760) die Baugenehmigung für ein Haus auf der "Pfarrwies" (LIII). Damit gemeint ist wahrscheinlich die Wiese östlich des Weiherdamms, die "hievor des Closters Weyher gewesen" (Lagerbuch 1668). Sie war zur Zeit des Lagerbuchs noch in Händen des Gastmeisters (XXXV), muss aber später den Pfarrern als Teil ihrer Besoldung zugewiesen worden sein (vgl. 2.2). Im Kataster aus der Zeit um 1840 wird die große Parzelle 146 östlich des Weiherdamms "Pfarrbesoldungswiese" genannt (LII). Gab es also schon vor 1769 eine Bebauung östlich des Weiherdamms? Wir können nicht ganz sicher sein, denn möglicherweise hat Gottlieb Wurster von der Baugenehmigung keinen Gebrauch gemacht, denn er scheint schon bald Reichenbach verlassen zu haben. Die Geburt seiner Tochter Louisa Charlotta ist im Kirchenbuch unter dem 9. März 1766 noch registriert (L), danach gibt es keine Spuren mehr von Gottlieb Wurster und seiner Familie. Insbesondere wird er im Tabellarischen Verzeichnis nicht aufgeführt. Wenn wir das entstehende Haus 71 des Zimmermanns Grundler gleich mitzählen, dann haben wir zur Zeit des Tabellarischen Verzeichnisses mit neun Häusern vor dem Weihertor zu rechnen, die wir folgenden Bürgern zuordnen können:
|
7.1 | Jacob Grundler, Zimmermann - 1 | Haus 51 |
Das
Haus, das später die Nummer 51 bekam, steht am Platz der
alten Badstub, die 1668 im Lagerbuch noch als zerstört
gemeldet wird (XXXV). Es gibt Hinweise darauf, dass
der Zimmermann Jacob Grundler (1733 - 1800, F 298) dieses
Haus besaß, ehe er das Haus 71 an der Musbacher Steig
baute. Das Tabellarische Verzeichnis ist aus dem
Frühjahr 1769, die Genehmigung zum Bau des Hauses 71 ist
indes datiert vom 22. November 1769 (XXXVI); damit wird das Haus nicht vor
dem Jahr 1770 bezugsfertig gewesen sein (gleichwohl
führen wir Jacob Grundler zweimal auf; vgl. demnach auch
7.8). Der Zimmermann scheint das Haus 51 zunächst nicht allein besessen zu haben, denn im Januar 1765 berichtet Johann Ludwig Wurster, dass er zusammen mit Jacob Grundler ein sowohl baufälliges, als auch zu kleines Haus besitze. Er stellt daher den Antrag, der noch im Januar genehmigt wird, auf seinen Garten am Beckenberg ein neues Haus bauen zu dürfen (XXVII). So entsteht das Haus mit der späteren Nummer 72 (vgl. 7.9). Etwas irritierend ist, dass der Küfer weiter berichtet, er habe seinen Anteil am alten Haus an seinen Bruder, den Schreiner Gottlieb Wurster verkauft. Dieser bekommt aber, wie eingangs erwähnt, im Juni 1765 die Erlaubnis zum Bau eines Hauses auf der Pfarrwies. Möglicherweise hat er seinen Anteil am gemeinsamen Haus inzwischen an Jacob Grundler weiter verkauft, denn der Zimmermann ist 1769 unzweifelhaft alleiniger Besitzer eines Hauses, das wir als das Haus 51 vermuten. Eindeutig werden die Besitzverhältnisse über das Haus 51 erst mit dem Kataster aus der Zeit um 1840 (LII). Jetzt besitzen der Schuster Johannes Rauschenberger (1812 - 1870), Ehemann der Regina Rempp (1810 - 1861), und Rosina Jacobina Rempp (1808 - 1881), Ehefrau des Wagners Johann Georg Ziefle (1808 - 1888), das Haus je zur Hälfte. Die beiden Frauen sind Schwestern. Verfolgt man diese Spur zurück (L), dann stößt man über den Vater Jacob Rempp (1776 - 1833) auf den Großvater, den Schuhmacher Jacob Rempp (1734 - 1794, F 1175). Dieser besitzt 1789 "ein halb Haus theils auf der Allmand, theils auf der Pfarrwüß an dem Heselbacher Weeg" (XXII). Dieses Haus liegt aber auf der Ostseite des Weiherdamms und kann mit der alten Badstub, westlich des Damms, nicht identisch sein. |
7.2 | Jacob Leitz, Schuhmacher | Haus 54 (Standort) |
Der Schuhmacher Jacob Leitz (auch: Leiz; 1730 - 1793, F 1118) ist 1769 unzweifelhaft Reichenbacher Bürger, jedoch ohne jeglichen Besitz, insbesondere ohne Haus. Die Reihung, in der sein Name im Tabellarischen Verzeichnis aufgeführt wird, legt die Vermutung nahe, dass er das alte Gutleuthaus (Haus 54), vielleicht zusammen mit seinem Vater gleichen Namens, der nur den Status eines Beisitzers hat, zur Miete bewohnt haben könnte. Wahrscheinlich war das Haus noch im staatlichen Besitz. 1789 scheint es jedoch in Händen des Gassenwirts und späteren Bürgermeisters Johann Ulrich Leix (1764 - 1847, F 674) zu sein (XXII). Dessen Tochter, Maria Jacobina (1787 - 1827) wird 1825 den Bäcker und Gassenwirt Johann Michael Guckelberger (1801 - 1874) aus Grüntal heiraten (L), der um 1840, wie der Kataster belegt (LII), zweifellos das Haus 54 und spätere "Gasthaus zum Bahnhof" besitzt. Das Gasthaus wurde 1976 zugunsten einer direkten Einmündung der Musbacher Steig in die Bundesstraße abgetragen. |
7.3 | Christian Ehmann, Schmied | Haus 55 |
Wie
das Tabellarische Verzeichnis ausweist, besitzt der
Schmied Christian Ehmann (1739 - 1785, F 1230) im Jahr
1769 ein Haus. Er ist der zweite Mann der Anna Maria
Eilber (1733 - 1808), die in erster Ehe verheiratet war
mit Johann Georg Teufel (1725 - 1763, F 1106), ebenfalls
Schmied (L). Im Herbst des Jahres 1755
bemühte sich der Vater der Anna Maria, es ist der
Schulmeister Andreas Gottlieb Eilber, um Bauplatz und
Baugenehmigung für seinen künftigen
"Tochtermann" Johann Georg Teufel. Doch die
Angelegenheit, strittig ist der Standort, erweist sich
als kompliziert. Nach drei abgelehnten Anträgen (LIII, LVI) schlägt die Kanzlei in Stuttgart
einen "Wohnplaz an der Heselbacher Straß" vor.
Diesem Vorschlag, wie es scheint vom 20. Oktober 1755,
stimmen Schwiegervater und Schwiegersohn zunächst zu,
lehnen ihn aber wegen ungenügender Wasserversorgung für
die Schmiede schließlich am 24. November 1755 ab und
bitten um einen Allmandplatz "nächst hiesigem
Closter am Igelsberger Weg" (LIII). Wir wissen nicht, wie diese Bitte beschieden wurde. Als aber Johann Georg Teufel im Jahr 1759 eineinhalb Morgen Land am "Igelsberger Kirchweg und an der Heerd-Gaß" erwirbt, liegen diese "nächst bei seinem Hauß" (LIII; auch: XXXVI). Dieser Hinweis deutet dann mehr auf einen Standort des Hauses am Igelsberger Weg, ohne den Platz des Hauses 55 am Heselbacher Weg gänzlich auszuschließen. Eindeutig ist die Lokalisierung jedoch in keinem Fall. Um die Verwirrung voll zu machen, besitzen 1789 "Christian Ehmann Schmids Witib", das ist die bereits zum zweiten Mal verwitwete Anna Maria Eilber, und ihr ältester Sohn erster Ehe, der Schmied Justus Friedrich Teufel (1758 - 1818, F 1231), jeweils ein halbes Haus "auf der Pfarrwüß" (XXII). Wenn damit, wie zu Beginn dieses Teils erörtert, das Gelände östlich des Weiherdamms gemeint ist, kann dieses Haus mit einem am Heselbacher oder Igelsberger Weg gelegenen nicht identisch sein. Wir müssen dann wohl von zwei Häusern der Familie Teufel-Ehmann ausgehen, einem älteren, vor 1769 erbauten Haus am Heselbacher/Igelsberger Weg und einem jüngeren, nach 1769 erbauten Haus auf der Pfarrwies. Versuchen wir zunächst, das Haus auf der Pfarrwies weiter zu verfolgen. Gleich nach der Aufstellung (1789) des Handlohn- und Weglösebuchs (XXII), mit dem Vermerk 1789/90, verkauft die Witwe Anna Maria Ehmann, verw. Teufel, geb. Eilber ihre Hälfte an den Wagner Christian Hindenlang (* 1752, F 1204). Dieser wiederum verkauft kurz danach die Hälfte seines halben Hauses an den Schuhmacher Adam Köhrer (?) aus Dornstetten, der sein Viertel schon 1791/92 an den Taglöhner Christian Schrag (* 1766, F 1275) aus Dietersweiler weitergibt. Schließlich verkauft Christian Schrag 1792/93 seinen Anteil an Justus Friedrich Teufel, der bereits eine Haushälfte besitzt und jetzt folgerichtig über "drei Viertel an einem Haus auf der Pfarrwüß" verfügt. Leider lässt sich von Justus Friedrich Teufel und seinen Nachkommen keine Brücke schlagen zu den Besitzern der Häuser 76, 77 und 78 östlich des Weiherdamms in der Zeit um 1840. In Reichenbach verheiratet (L) ist nur die Tochter Friederika Teufel (1793 - 1860); ihr Ehemann, der Taglöhner Johannes Gaiser (1795 - 1865), besitzt um 1840 den kleinen Anbau am Haus 53, der die Nummer 52 führt (LII). Dies kann nicht der väterliche Besitz sein, der demnach in andere Hände gegangen sein muss. Auch die Spur von Christian Hindenlang, der ja noch ein Viertel des Hauses besitzt, verliert sich bald: er zieht um das Jahr 1805 mit seiner Familie nach Ungarn (L). So bleibt leider vorläufig unbestimmt, welches Haus auf der Pfarrwies 1789 im Besitz der Familie Teufel - Ehmann gewesen ist. Christian Ehmanns Witwe erscheint aber noch an anderer Stelle des Handlohn- und Weglösebuchs (XXII): Offenbar vom Erlös aus dem Verkauf ihrer Haushälfte auf der Pfarrwies erwirbt die Witwe - ebenfalls mit dem Vermerk 1789/90, also nahezu zeitgleich - das Haus des Schreiners Ludwig Single "unten am Vogelherd" (vgl. dazu 2.4), dessen eine Hälfte sie sofort (1789/90) an den Taglöhner Johann Friedrich Wirth weiterverkauft (vgl. dazu noch einmal 2.4). Schließlich überträgt die Witwe ihre Hälfte des Hauses unterhalb der Vogelherd 1796/97 an ihren Sohn zweiter Ehe, den Schneider Johann Christian Ehmann (1770 - 1832, F 1304), dessen Schwiegersohn, der Schneider und Amtsdiener Georg Ulrich Stahl (1801 - 1856), um 1840 das Haus 28 besitzt (LII). Prüfen wir nun noch, ob wir Anhaltspunkte finden für den Verbleib des Hauses 55, von dem wir vermuten, dass es 1769 noch in Händen der Familie Teufel-Ehmann, 1789 aber in anderen Händen ist. Geht man das Handlohn- und Weglösebuch (XXII) durch, dann stößt man auf den Schlosser Andreas Hauser ( 1828, F 1199) aus Hornberg, der 1789 "ein Haus und Werkstatt an der Heselbacher Stras" besitzt. Er ist der zweite Mann der Sophia Christina Wälde, verw. Träg (1765 - 1814). Aus der ersten Ehe der Frau ist der Schlosser Christoph Martin Träg (1787 - 1841) hervorgegangen und aus der zweiten Ehe Rosina Barbara Hauser (1804 - 1849), seit 1824 verheiratet mit dem Schuster Joseph Hauser (1802 - 1841) aus Oberndorf, der den Namen seiner Frau annahm. Beide Männer, der Schlosser Träg und der Schuster Hauser, sterben 1841 (L). Im Kataster aus dieser Zeit (LII) finden wir daher "Joseph Haußer - Schusters Wittwe, und Christoph Martin Träg - Schlossers Wittwe" als (Mit-) Besitzerinnen des Hauses 55. Unversehens taucht aber der Name Ehmann wieder auf, denn auch der Taglöhner Johannes Ehmann (1779 - 1856) hält einen Anteil am Haus 55. Er ist der Sohn des Neffen des alten Ehmann und verheiratet mit Anna Barbara Eilber (1784 - 1846), die wiederum eine Tochter des Neffen der Anna Maria Eilber, verw. Teufel, verw. Ehmann ist (L). Eine verwandtschaftliche Beziehung zu den Witwen Hauser und Träg besteht nicht. Doch hatte schon Andreas Hauser 1795/96 die Hälfte seines Hauses an jenen Taglöhner Christian Schrag aus Dietersweiler verkauft (XXII), der vorübergehend (um 1792) ein Viertel des Hauses auf der Pfarrwies besaß. Weil Christian Schrag keine weiteren Spuren in Reichenbach hinterlassen hat, ist es gut möglich, dass Johannes Ehmann den Anteil Schrags am Haus 55 übernahm. |
7.4 | Johann Jacob Stockinger, Taglöhner | Haus 56 |
Der
Taglöhner (Johann) Jacob Stockinger (1719 - 1786, F 710)
entstammt, wie sein Bruder Johann Peter (vgl. 5.3), der alten Schmied-Familie, die
auf Peter Stockinger (1642 - 1709, F 709) zurückgeht (L). Er gehört also zu den
eingesessenen Bürgern Reichenbachs, dennoch ist er 1769
ohne jeglichen Besitz. Dieser Umstand und die
Reihenfolge, in der Stockinger im Tabellarischen
Verzeichnis erscheint, machen es wahrscheinlich, dass er
mit Frau und einer Tochter in dem Haus wohnt, das später
die Nummer 56 bekommt und wohl nicht erst seit 1840
Eigentum der Gemeinde ist (LII). Andererseits ist das Haus
altberechtigt, was darauf schließen lässt, dass es
nicht nur vor 1755, sondern auch von privater Hand
errichtet wurde. Wann und von wem es in die Hand der
Gemeinde kam, ist bisher nicht erkennbar. |
7.5 | Johann Georg Faißt / Gottlieb Faißt, Taglöhner |
Haus 57 |
Johann
Georg (Hanß Jerg) Faißt (1702 - 1776, F 826) stammt wie
seine Frau, Anna Barbara Wetzel (1705 - 1766), aus
Heselbach. Er wohnt 1769 wohl beim Sohn, dem Taglöhner
Gottlieb Faißt (1740 - 1806, F 605), der jedenfalls ein
Haus besitzt, das möglicherweise vom Vater gebaut und
dem Sohn, zum Beispiel aus Anlass seiner Hochzeit (1765),
übergeben wurde (L). Der übrige Besitz des
Taglöhners ist bescheiden: ein Garten von einem halben
Viertel (400 qm), ein Feld von einem Morgen und ein
Stück "Horn- und Rindvieh" - vielleicht eine
Milchkuh. Den Haus- und Grundbesitz finden wir 1789
unverändert wieder (XXII): den Garten "in Erlen",
einen Morgen "Mehfeld am Igelsberger Kirchweg"
und "eine Behausung am Heselbacher Fahrweg". Die Güter sind mit dem Vermerk 1795/96 überschrieben an den Sohn, Johann Gottlieb Faißt (1769 - 1831, F 828), der 1794 Christina Haist (1770 - 1845) aus Baiersbronn geheiratet hatte. Aus dieser Ehe gehen vier Kinder hervor, von denen eines früh stirbt. Ein Sohn zieht zum Kniebis, zwei Töchter bleiben in Reichenbach: Anna Maria (1798 - 1840) heiratet den Taglöhner Johann Christian Ehmann vom Haus 16 (vgl. 4.7), Christina (1802 - 1848) wird die Frau des Michael Finkbeiner aus Huzenbach. Dieses Paar zieht 1839 zusammen mit der Mutter der Frau über Herzogsweiler nach Hörschweiler (L). Damit gelangt das Haus fast zwangsläufig in andere Hände, was seine Identifizierung sehr erschwert. Wir wissen nur, dass es am "Heselbacher Fahrweg" liegt. Orientiert man sich zusätzlich an der Reihenfolge der Bürger im Tabellarischen Verzeichnis, dann kommt man auf des Haus 57, das altberechitgt ist und schon von Johann Georg Faißt erbaut worden sein könnte. Um 1840 ist das Haus im Besitz des Schneiders Gottfried Mösner (1810 - 1871) aus Haiterbach (LII); verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie Faißt bestehen nicht (L). Ein weiteres kleines Indiz für die Richtigkeint der Identifizierung kann vielleicht darin gesehen werden, dass der Garten des Hauses 57, die Parzelle 18, ziemlich genau die erwartete Größe von einem halben Viertel hat (LII). |
7.6 | Gottfried Wälde, Bäcker | Haus 69 |
Das
Haus 69, das wahrscheinlich sehr alte "Haus an der
Musbacher Steig", ist 1624 an den Bäcker Hans
Günna verkauft worden (XIII) und blieb, wie es scheint, bis
hin zu Gottfried Wälde, dem Besitzer 1769, stets in der
Hand von Bäckern. Vielleicht hat dieser Umstand auch dem
"Beckenberg" seinen Namen gegeben. Gottfried
Wälde (ursprünglich: Walden; 1732 - 1806, F 497) ist
der Sohn der Johanna Kohler, verw. Walden (1707 - 1787)
aus Freudenstadt, die in zweiter Ehe verheiratet ist (L) mit dem Reichenbacher Bäcker
Johann Jacob Schwank (1700 - 1758, F 302). Dieser ist,
wie aus dem folgenden Vorgang ersichtlich wird,
Vorbesitzer des Hauses 69: Als der in Freudenstadt
geborene Gottfried Wälde am 6. April 1758 offiziell
Reichenbacher Bürger wird, sitzt er "auf dem von
seinem Stiefvater . . . erhandelten Wohnhauß" (XXVII). Wie aber kam das Haus in die Hände des Stiefvaters? Johann Jacob Schwank war in der ersten von drei Ehen verheiratet mit Elisabetha Fahrner (1684 - 1733), der Witwe des Bäckers Benedict Kirschmann (1675 - 1724, F 163 A), der wiederum ein Enkel jenes Hans Kirschmann ist, der 1668 (Lagerbuch) das Haus an der Musbacher Steig besitzt (XXXV). Aus der Ehe der Elisabetha mit Benedict Kirschmann gehen zwar neun Kinder hervor, doch überleben nur zwei Töchter das Kindesalter. Die ältere der beiden, Sophia Agatha Kirschmann (1708 - 1786), wird 1731 den Küfer Johann Gottlieb Mast (1699 - 1745, F 159) heiraten, den mutmaßlichen Erbauer des Hauses 70, des späteren "Ochsen" (vgl. dazu 7.7). Die jüngere Tochter heiratet nach Igelsberg. Aus der zweiten Ehe der Elisabetha mit Johann Jacob Schwank, die 1724 geschlossen wurde, geht eine Tochter hervor, die nach Freudenstadt heiratet. Auf den Tod von Elisabetha folgt um 1634 eine kurze zweite Ehe des Johann Jacob Schwank, bevor er 1635 in dritter Ehe Johanna Kohler, verw. Walden heiratet (L). Gottfried Wälde, Sohn der Johanna, besitzt 1769 außer dem Haus ungefähr sechs Morgen Land sowie mit sechs Stück "Horn- und Rindvieh", zwei Schweinen und elf Schafen einen respektablen Viehbestand. Die Immobilien finden wir wieder im Handlohn- und Weglösebuch (XXII) des Jahres 1789: eine "Behaußung an der Obermusbacher Staig" und Felder im Umfang von gut sechs Morgen. Mit Gottfried Wälde scheint die Bäckerära auf dem Haus 69 beendet zu sein. Seine älteste Tochter, Rosina Wälde (1760 - 1813), heiratet 1777 mit Jacob Friedrich Schneider (1754 - 1809, F 663) aus Alpirsbach einen Schreiner. Um 1840 gehört das Haus drei Enkeln des Ehepaars Schneider-Wälde bzw. deren Angehörigen (LII): der Witwe und den beiden Kindern des jüngst verstorbenen Schreiners Michael Schneider, dem Schreiner Jacob Friedrich Schneider und dem Taglöhner Johann Jacob Rentschler, Ehemann der Jacobina Schneider. |
7.7 | Johann Martin Schwank, Bierwirt / Johann Gottlieb Mast, Bäcker |
Haus 70 |
Der
Bierwirt Johann Martin Schwank (1710 - 1784, F 333) ist
der Stiefvater des Bäckers Johann Gottlieb Mast (1735 -
1788, F 160). Beide besitzen 1769 zusammen ein Haus, aus
dem der Reichenbacher "Ochsen" (Haus 70)
hervorgehen wird. Der Bierwirt hatte 1745 Sophia Agatha
Kirschmann (1708 - 1786), Witwe des Küfers Johann
Gottlieb Mast (1699 - 1745, F 159), geheiratet. Er ist
übrigens der um zehn Jahre jüngere Stiefbruder des
Johann Jacob Schwank vom Haus 69 (vgl. 7.6) oder, was auch richtig ist, der
zweite Mann der Stieftochter seines Stiefbruders (L). Johann Martin Schwank begegnet uns vergleichsweise häufig in den Akten. 1756 erweitert er sein Grundstück um eine kleine Fläche "von dem ungebauten Rain am Botten Äckerlen" zur Vergrößerung seines Hauses und Kellers (XXXVI). Das "Botten Äckerlen" stand den Amtsknechten (sie wurden auch Amtsboten genannt) als Teil ihrer Besoldung zur Verfügung (Lagerbuch 1668; XXXV) und könnte identisch sein mit der späteren Parzelle 127/1. Das Äckerlein wurde wahrscheinlich nach Auflösung des Klosteramts (1807) und Erledigung der Amtsfunktionen privatisiert; um 1840 zählt die genannte Parzelle zum Grundbesitz von Johann Jacob Rentschler (LII), dem Miteigentümer des Hauses 69 (vgl. 7.6). Die Notwendigkeit des Kellerausbaus begründet der Bierwirt Schwank mit dem Betrieb der "privilegierten Bierschenkin" (LIII). 1761 kauft Johann Martin Schwank zwei Viertel (Morgen) Wildfelder "an dem so genanndten Beckberg nächst bey seinem Hauß an der gemeinen Straß liegend" (XXXVI; auch: LIII). Doch sein Grundbesitz bleibt gering: 1769 verfügt er, wie das Tabellarische Verzeichnis ausweist, über Felder von drei Vierteln und einen Garten von einem halben Viertel (400 qm). Auch sein Stiefsohn, Johann Gottlieb Mast, wohl spätestens seit seiner Hochzeit (1765) Mitbesitzer des Hauses, ist mit zwei Morgen Feldern und einem halben Viertel Garten nicht eben reich an Grund und Boden. Doch gehen beide, Stiefvater (Bierwirt) und Stiefsohn (Bäcker), gewerblicher, nicht landwirtschaftlicher Tätigkeit nach. Dem Gewerbe dienen wohl auch die drei Pferde, über die, auf den ersten Blick etwas überraschend, beide zusammen verfügen. Schließlich erwirbt Johann Martin Schwank 1765 "ein Allmand Plätzlen am Beckenberg . . . zu Erbauung eines Schweinestalls" (XXXVI; auch: LIII), ehe er 1776 darum bittet, "sein besizendes halbes Hauß mit der Gerechtigkeit des beständigen Bier und Brandten Wein Schanks . . . verkauffen zu dörffen"(XXXVI). Leider wird der Käufer nicht genannt, wir dürfen aber annehmen, dass Johann Gottlieb Mast, der Stiefsohn, die andere Hälfte kaufte. 1789 (XXII) ist das Haus jedenfalls in einer Hand, und zwar in der des Bäckers und Bierwirts Johannes Weisser (1763 - 1811, F 1265), der im Jahr zuvor Susanna Barbara Mast (1768 - 1826), die Tochter das alten Mast, geheiratet hatte. Der Vater war im selben Jahr, noch vor der Hochzeit der Tochter, verstorben (L). Johannes Weisser besitzt nun 1789 "ein anno 1732 erbautes Haus an der Obermusbacher Staig" (XXII). Wenn man bedenkt, dass der Küfer Johann Gottlieb Mast 1731 Sophia Agatha Kirschmann heiratete, und weiter bedenkt, dass der alte Kirschmann-Besitz (Haus 69) zu dieser Zeit in Händen des noch jungen Johann Jacob Schwank war (vgl. 7.6), dann wird wahrscheinlich, dass der Küfer ungefähr zum Zeitpunkt seiner Hochzeit das Nachbarhaus baute, das später die Nummer 70 bekam. Barbara Weisser (* 1810), die Tochter des Johannes, heiratet nach zwei sehr kurzen Ehen mit Matthias Storz ("Schankwirt") und Johann Friedrich Reich ("Beck und Schankwirt") im Jahr 1826 Johann Michael Habisrittinger (* 1799), einen Bäcker aus Freudenstadt. Doch wandert die Familie Habisrittinger-Weisser schon 1832 nach Amerika aus. Im gleichen Jahr heiratet der Metzger Karl Friedrich Grammel (1809 - 1883) aus Freudenstadt Anna Maria Hornberger (1812 - 1894) aus Reichenbach (L). Um 1840 ist der Metzger, er wird auch bereits "Ochsenwirth" genannt, Besitzer des Hauses 70 (LII), das er wahrscheinlich im Jahr seiner Hochzeit von der Auswandererfamilie gekauft hatte. Belege für diesen vermuteten Vorgang fehlen allerdings bisher. |
7.8 | Jacob Grundler, Zimmermann - 2 | Haus 71 |
Der
Zimmermann Jacob Grundler (1733 - 1800, F 298) stammt aus
Dornstetten. Nach Reichenbach zieht er spätestens 1760,
als er Salome Schaiblen (1739 - 1811), die Tochter des
Reichenbacher Schuhmachers Johannes Schaiblen (manchmal
auch: Schaiblin) heiratet (L). Er besitzt - zunächst zusammen
mit dem Küfer Johann Ludwig Wurster, dann alleine - ein
Haus, bei dem es sich um das Haus 51 am Platz der alten
Badstub handeln könnte (vgl. 7.1). Nachdem der Küfer bereits 1765
zum Beckenberg hinüber gezogen war (vgl.7.9), folgt ihm einige Jahre später
der Zimmermann als neuer Nachbar nach. Im November 1769 erhält Jacob Grundler die Erlaubnis (Faksimile), "auf sein Gärttlen am Bekenberg . . . zwischen Ludwig Wurster, Kieffern und Gottlieb Mast, Beken liegend, oben auf den Viehtrieb und unten die gemeine Straß stoßend (ein) neues Haus und Scheuren erbauen zu dörffen" (XXVII; auch: XXXVI). Weil der Bäcker (Johann) Gottlieb Mast das Haus 70 (vgl. 7.7) und der Küfer (Johann) Ludwig Wurster das Haus 72 (vgl. 7.9) besitzt, muss es sich bei dem Neubau des Zimmermanns sehr wahrscheinlich um das Haus 71 handeln. Mit dem "Viehtrieb" ist wohl der Weg gemeint, der hinter dem Haus auf den Beckenberg führt, während es sich bei der "gemeinen Straß" um die Musbacher Steig handeln muss. Fragt man nach dem sonstigen Besitz des Zimmermanns Grundler, dann findet man im Tabellarischen Verzeichnis knapp dreieinhalb Morgen Land, drei Stück "Horn- und Rindvieh" sowie ein Schwein. Der Grundbesitz liegt wohl insgesamt im Reuthäberle, wo Jacob Grundler 1764 zu seinem bereits vorhandenen Ackerfeld zwei Morgen Wildfelder (LVI), nach einer anderen Quelle (XXXVI) zweieinhalb Morgen hinzu erwarb. Bis 1789 wächst der Grundbesitz im Reuthäberle auf gut sechs Morgen an. Jetzt ist er aber, wie das Haus am Beckenberg, geteilt zwischen dem Vater, Jacob Grundler, und dem ältesten Sohn, Johann Jacob Grundler (1761 - 1833, F 321). Beide besitzen jeweils "die Helfte an dem auf das Gärtlen am Bekenberg erbauten Haus" (XXII). Der Anteil des Vaters ist mit dem Vermerk 1795/96 überschrieben an den zweitältesten Sohn, Georg Friedrich Grundler (1771 - 1829, F 322). Die Ehen der beiden Grundler-Söhne bleiben kinderlos, so dass es wieder einmal schwierig wird, eine Brücke zu schlagen zum Besitzer des Hauses 71 im Kataster aus der Zeit um 1840. Dort ist der Schreiner Christian Burkhard (1801 - 1876) aus Aach, der auch Mitbesitzer des alten Meierhofs Reichenbach ist (vgl. 3.3), als Eigentümer des Hauses ausgewiesen (LII). Er ist seit 1824 verheiratet mit Barbara Salomina Eilber (1804 - 1854), der unehelichen Tochter der Augusta Friederika Eilber (1782 - 1854). Doch diese, mit acht Jahren Vollwaise geworden, ist aus der Ehe der Catharina Grundler (1763 - 1790), der ältesten Tochter des Zimmermanns, mit dem Schreiner Johann Gottlieb Eilber (1759 - 1789, F 317) hervorgegangen (L). So blieb das Haus nach dem Tod der beiden Söhne des alten Grundler, 1829 und 1833, doch noch in Familienhand. |
7.9 | Johann Ludwig Wurster, Küfer | Haus 72 |
Der
Küfer Johann Ludwig Wurster (1731 - 1809, F 396) ist ein
Sohn des Bäckers und Kastenknechts Johann Jacob Wurster
(1697 - 1780) vom Haus 37 (vgl. 5.7). Er wohnt zunächst mit seiner
Familie in einem Haus, das er gemeinsam mit dem
Zimmermann Jacob Grundler besitzt und bei dem es sich um
das Haus 51 am Platz der alten Badstub handeln könnte
(vgl. 7.1). Am 7. Januar 1765 berichtet Johann Ludwig Wurster der herzoglichen Kanzlei in Stuttgart folgendes: "Das Hauß, welches ich mit Johann Grundler Zimmermann bisher gemeinschaftlich beseßen, ist nicht nur sehr baufällig, sondern auch so klein, daß ich vor meine Familie und meine Handthierung nicht genug Raum darinnen gehabt". Er habe daher seinen Hausanteil an seinen Bruder, den Schreiner Gottlieb Wurster, verkauft und wolle nun auf seinem Gartengrundstück am Beckenberg ein neues geräumigeres Haus bauen. Er bitte daher "um huldreicheste Ertheilung der hiezu erforderl. gdgstn (erforderlichen gnädigsten) Concession" (XXVII). Der "Beibericht" des Oberamtmanns Christoph Friedrich Heller ist positiv, und so wird der Neubau schon am 15. Januar 1765 genehmigt (XXVII; auch: XXXVI). Einem späterem Beleg (XXII) können wir entnehmen, dass das neue Haus am Beckenberg, das später die Nummer 72 bekommen wird, noch im Laufe des Jahres 1765 errichtet wurde. 1769 jedenfalls besitzt Johann Ludwig Wurster ein eigenes Haus; des weiteren verfügt er über zweieinhalb Morgen Land und ein Stück "Horn- und Rindvieh", wahrscheinlich eine Milchkuh. In dem bescheidenen Besitz an Grund und Boden sind enthalten der Garten am Beckenberg und vor allem "zwey Morgen Öed Feld, in der so genannten alten Schelmen Heckh, und auf der Vogelheerd". Diese Feldstücke waren dem Küfer zunächst (1757/59) "zu seiner besseren Subsistenz zur Besoldung eingeraumt worden", ehe er sie 1761 kaufte (XXXVI). Zwanzig Jahre später, im Handlohn- und Weglösebuch, finden wir den Besitz des Küfers Wurster nahezu unverändert: "ein in anno 1765 . . . am Bekenberg erbautes Haus" und die zwei Morgen bei der Schelmenhecke und an der Vogelherd, dazu zwei sehr kleine Felder am Heselbacher Weg und am Brückenberg. Der Besitz ist mit dem Vermerk 1789/90 überschrieben an Ludwig Wurster (XXII). (Andreas) Ludwig Wurster (1763 - 1821, F 219) ist der Sohn des Johann Ludwig und Küfer, wie sein Vater. Er hat 1789, also ungefähr zum Zeitpunkt der Überschreibung, Agatha Klumpp (1760 - 1807) aus Baiersbronn geheiratet. Der älteste Sohn aus dieser Ehe, der Küfer Adam Wurster (1789 - 1848), besitzt um 1840 das Haus mit der alten Nummer 72 (LII). |
Internetversion:
04/06 Aktualisierung: 04/06 |
Der Buchstabe F mit nachfolgenden Ziffern verweist auf das Ortssippenbuch von G.Frey (1987) |