Studien
 
Abgaben und Fronen im Klosteramt Reichenbach (Teil 2):
Die Lasten im einzelnen
 
2.1 Zins und Gülten: Ewiger Zins, Urbarzins, Handlohn und Weglöse
2.2 Die Zehnten: Großer Zehnt, Heu- und Öhmdzehnt, Kleiner Zehnt, Kleiner lebendiger Zehnt
2.3 Die Steuern: Maien- und Herbststeuern, Steuer auf Catharinae, außerordentliche Steuern
2.4 Todfall und Hauptrecht: Besthaupt und Bestkleid
2.5 Die Fronen: Hand- und Spanndienste, Jagdfronen
 
Im zweiten Teil der Studie gehen wir den Abgaben im einzelnen und anhand zahlreicher Beispiele aus den Quellen nach. Der Teil schließt mit einer Erörterung der verschiedenen Fronen, die den Bürgern des Klosteramts auferlegt waren.
 
2.1 Zins und Gülten: Ewiger Zins, Urbarzins, Handlohn und Weglöse  
 
Zins und Gülten wurden jährlich auf alle Liegenschaften, also Haus- und Grundbesitz, erhoben und standen dem Grundherrn zu; das war in der Klosterzeit der Prior und nach 1595 der Herzog von Württemberg. Alter Besitz war de iure vom Grundherrn verliehen, obwohl die Lehen längst erblich geworden waren und sogar verkauft werden konnten - dies trifft praktisch auf alle Bauernlehen des Klosteramts zu. Auf die Erblehen war seit Urzeiten ein Zins zu entrichten, der Ewiger Zins genannt wurde. Dieser Zins mag sich ursprünglich am Verkehrswert der Güter orientiert haben, war aber inzwischen vergleichsweise niedrig geworden und bestand meist aus einer Geldzahlung und einer Naturalabgabe, auch "Gült" genannt (der Begriff hat eine doppelte, beinahe widersprüchliche Bedeutung, denn als "Gülten" werden auch Einkünfte aus Kapitalvermögen bezeichnet).

Wie in der Einleitung schon bemerkt, waren die Zinsen und Gülten sehr uneinheitlich, und zwar sowohl zwischen den Ortschaften als auch und vielleicht sogar noch stärker innerhalb der Ortschaften. Im Vergleich der Ortschaften untereinander hatten nach dem Lagerbuch von 1667/68 (XXXV) die vier Höfe im Tonbach jährlich einen Geldzins von gut 6 fl (= Gulden - entspricht ungefähr dem Wert von zwei Schweinen) aufzubringen sowie an Gült eine Alte Henne, die aber nicht Reichenbach zustand, sondern - offenbar nach altem Herkommen - dem Kloster Kniebis; die elf zinspflichtigen Bürger in Heselbach hatten dagegen für ihre Stammgüter nur einen Geldzins von knapp 5 fl aufzubringen, dazu 2 Alte Hennen, 5 Junghühner und 2 Käse. Auch Röt lag mit dem Geldzins (jährlich knapp 6 fl) unter den Höfen im Tonbach, hatte aber Gülten in erheblichem Umfang aufzubringen, nämlich 23 Alte Hennen (meist eine pro Hof), 45 Käse (meist 2 pro Hof) und 50 Fische, die den Johannitern/Maltesern in Rexingen zustanden (die Herren von Rexingen zählten zu den frühen Stiftern des Reichenbacher Klosters); dazu mussten die Röter Bauern jährlich gut 2 fl und damit erheblich mehr als die Heselbacher selbst an den "Heiligen" zu Heselbach beisteuern - finanzielle Mittel, die zur Erhaltung der Kirche und des Kirchhofs in Heselbach dienten, auf dem auch die Röter begraben wurden; schließlich zinsten die Röter noch einmal, die Summe ist jetzt vergleichweise gering, 4 x (= Kreuzer, wobei gilt: 60 x = 1 fl) zum Erhalt ihres eigenen Kirchleins. Auch die Schwarzenberger Höfe zinsten dem "Heiligen" ihres Ortes, nämlich knapp einen halben Gulden, nicht jedoch die sechs zinspflichtigen Bürger Huzenbachs, die Kirche und Kirchhof in Schwarzenberg mitnutzten; dafür war allein schon der Geldzins der Huzenbacher an die Herrschaft mit knapp 3 fl jährlich genau so hoch wie der aus den Stammgütern der zehn zinspflichtigen Bürger Schwarzenbergs, dazu kamen noch an Gülten 4½ Junghühner und knapp 4 Simri Hafer (1 Simri = ungefähr 22 Liter).

Ist die unterschiedliche Zinsbelastung zwischen den Gemeinden schon ausgeprägt, so ist sie, wie bereits angedeutet, zwischen den Mitglieder einer Gemeinde möglicherweise noch größer. Auch dazu einige Beispiele. In Röt sind zwar die Gülten - Alte Hennen und Käse - ungefähr gleich verteilt, nicht jedoch der Geldzins: er bewegt sich unter den Bauerngütern zwischen 5 x (Jacob Stribich) und 41,5 x (Andreas Wackenhut), obwohl die Größe der zugehörigen Felder mit 24 zu 22 Morgen ungefähr gleich ist; Conrad Frey zinst für Hof und 41 Morgen Land 28 x, Hans Bernhard Frey dagegen für Hof und 40,5 Morgen Land nur 13,5 x. Während, wiederum in Röt, die Zinsen für den "Heiligen" in Heselbach immerhin auf 13 zinspflichtige Bürger verteilt sind (mit Schwankungen zwischen 1,5 x und gut 23 x), werden die Fische für die Komturei Rexingen nur von vier Hofbesitzern aufgebracht, wobei zwei Besitzer nicht weniger als 40 Fische liefern müssen und die beiden anderen die restlichen 10 - der Grund könnte allerdings darin liegen, dass die vier Besitzer über Felder verschiedener Größe verfügten, die einschließlich eines mit Fischen besetzten Gewässers verliehen waren (vgl. dazu auch Teil 4 der Studie "Kollektive Nutzungsrechte an Feldern und Wäldern im Klosteramt Reichenbach").

Auffallende Unterschiede in der Zinsbelastung gibt es auch zwischen altvergabtem Gut, nennen wir es Stammgut, und neuvergabten Feldern, an denen die alten Lehensbauern allerdings nur geringen Anteil hatten. Doch zinst zum Beispiel Alt Hans Seeger in Heselbach für seine Stammgüter (Hof und 31,5 Morgen Felder) 31,5 x, für weitere 8 Morgen auf der Bronn- oder Niederwies jedoch nicht weniger als 2 fl 15 x (oder einen Wagen Heu); rechnen wir das Ganze auf Morgen um, dann bezahlt Alt Hans Seeger für den Morgen seiner Stammgüter 1 x und für den Morgen auf der Bronn- oder Niederwies 17 x (135:8). In Schwarzenberg zinst Georg Kürblin für die Stammgüter (Hof und 40,5 Morgen) 5 x, das ist für den reichen Besitz des "Althauses" extrem wenig, und für 2 Morgen auf der "Steegwiesen" (?) zusätzlich 9,5 x - das ist zwar nicht viel, aber doch deutlich mehr als für die Stammgüter.

1620 und in den folgenden Jahren verkauften die württembergischen Grundherren vor dem Ochsentor in Reichenbach (einschließlich eines Platzes zwischen den sich gabelnden Wegen nach Baiersbronn und Dornstetten) acht Bauplätze ("Hofstätten") zur Ansiedlung von Handwerkern; jeder Käufer erwarb zudem ein oder zwei Morgen Land, selten mehr, zur Selbstversorgung (XII, XIII). Obwohl nun diese kleinen Güter nicht mehr verliehen, sondern verkauft waren, wurde dennoch ein jährlicher Zins - Urbarzins genannt - erhoben, der jetzt aber mehr das Merkmal einer Grundsteuer trug. Des weiteren wurde, wie im ersten Teil bereits erwähnt, für die verkauften Güter und nur für diese eine Abgabe eingeführt, die im "Veränderungsfall", also beim Wechsel des Besitzers fällig war: Handlohn und Weglöse.

Die Höhe der neuen Abgaben war sehr transparent und einheitlich. Für die Hofstatt und das zu erbauende Haus waren als Urbarzins jährlich 4 ß (= Schilling), das sind knapp 9 x, und eine "Rauchhenne" fällig (der Begriff "Rauchhenne" macht recht deutlich, worum es geht: die Henne war zu liefern, wenn ein Haus mit "Rauch", also mit Feuerstelle und Abzug, sagen wir: mit Herd und Kamin, errichtet wurde); für jeden Morgen Land waren einheitlich ebenfalls 4 ß als Urbarzins abzuführen. Handlohn und Weglöse betrugen im Veränderungsfall für Haus und Hof jeweils 1 fl und für jeden Morgen Feld jeweils 7 ß (das sind rund 15 x).

Schilling und Heller (h) einerseits sowie Gulden und Kreuzer andererseits gehören zwei verschiedenen Währungen an, ähnlich wie Euro und D-Mark; grob gilt: 1 fl = 60 x = ca. 30 ß und 1 ß = 12 h = ca. 2 x. Im Lagerbuch 1667/68 wurde die Zinsangabe umgestellt und auf Gulden und Kreuzer vereinheitlicht, gelegentlich kommt allerdings zur Beschreibung kleinerer Beträge noch der Heller vor. Der Zins beläuft sich nun für ein Handwerkerhaus auf 9 x und eine Henne, jetzt "Fastnachtshenne" genannt, und für den Morgen Land ebenfalls auf 9 x jährlich; Handlohn und Weglöse betragen für das Haus weiter jeweils 1 fl und für den Morgen Land jeweils 15 x (XXXV). Die Vereinheitlichung der Zinsangaben auf die Gulden-Kreuzer-Währung erfolgte also kostenneutral.

Zunächst schien es so, als würde der Urbarzins in seiner Höhe ähnlich stabil bleiben wie der Ewige Zins, denn als Hans Jacob Mast 1728 das erste Haus auf dem Silberbuckel in Huzenbach baute, wurde ihm für 4 Morgen ein Zins von 32 x auferlegt und für das Haus, dessen Hofstatt in den vier Morgen enthalten war, eine Alte Henne; an Handlohn und Weglöse waren für 4 Morgen jeweils 1 fl, pro Morgen also jeweils 15 x zu entrichten (LV). Doch mit der stärkeren Besiedlung des Silberbuckels (und des Roten Rains) kam auch der Zins in Bewegung: ab 1765 hatte er sich auf 16 x pro Morgen verdoppelt; die Henne, jetzt wieder "Rauchhenne" genannt, blieb erhalten, Handlohn und Weglöse stiegen bis zur Jahrhundertwende von zusammen 60 x über 80 x auf 120 x, also auf 2 fl pro Morgen an (XXVIII, XXXVI).

Die württembergische Praxis, Güter nicht zu verleihen, sondern zu verkaufen, machte auch vor den großen Klostergütern, die 1651 verkauft wurden, nicht halt: Der Urbarzins wurde für alle vier Güter - also Gastherberg, Klostermühle und die beiden Meiereien - einheitlich auf 1 fl jährlich festgelegt, während für Handlohn und Weglöse jeweils 1 fl zu entrichten war (XXI). Beide Zinssätze waren vergleichsweise günstig, doch werden wir im 3. Abschnitt sehen, dass die Eigentümer der Klostergüter kräftig zur neu eingeführten Katharinensteuer herangezogen wurden. Zunächst aber zu einer Abgabenform, die eine ähnlich lange Tradition aufweist wie der Ewige Zins, nämlich zu den verschiedenen Zehnten, die im Klosteramt eingefordert wurden.


2.2 Die Zehnten: Großer Zehnt, Heu- und Öhmdzehnt, Kleiner Zehnt, Kleiner lebendiger Zehnt  
 
Die Zehnten lassen sich wahrscheinlich zurückführen auf die mosaischen Gesetze der Juden, die in Lev (3. Mose) 27, 30ff. vorschreiben: "Alle Zehnten im Lande, von Samen des Landes und von Früchten der Bäume sind des Herrn ... und alle Zehnten von Rindern und Schafen, von allem was unter dem Hirtenstab geht, das ist ein heiliger Zehnt dem Herrn". Schon im frühen Mittelalter wurden im christlichen Europa allenthalben Zehnten erhoben; sie dienten dem Unterhalt der Kirche, ihres Personals, ihrer Einrichtungen und Aktivitäten (z. B. Armenpflege, Krankenpflege). Nach der Reformation standen in den protestantischen Ländern die Zehnten dem Landesherrn zu, der für den Unterhalt der jeweiligen Landeskirche nun von Staats wegen sorgte.

Das war auch im württembergischen Klosteramt Reichenbach so. Dort wurden von alters her die folgenden drei Zehnten erhoben:

  • Großer Fruchtzehnt von allem, "was der Halm trägt", also vom Getreide; im Lagerbuch 1667/68 werden im einzelnen genannt: Roggen, Vesen (= Dinkel), Hafer und Gerste.
  • Kleiner Zehnt "an allerley Obs, Rüeben, Kraut, Zwibel, Hirschen (Hirse?), Flachs und Hanf".
  • Kleiner lebendiger Zehnt. Er wurde, zumindest in der Zeit des Lagerbuchs, in Geld eingezogen, wobei für ein Füllen 2 x, für ein Ferkel 1 x, für ein Kalb 3 h und für Honig und Wachs pro Bienenschwarm ebenfalls 3 h berechnet wurden.

Ausgenommen von dieser Regelung waren Hochdorf und Obermusbach, sonst galt sie für alle Klosterdörfer und wurde 1620 ff. auch auf die Neubürger Reichenbachs, 1651 auf die neuen Eigentümer der verkauften Klostergüter (XII, XIII, XXI, XXXV) und im 18. Jahrhundert wohl auch auf die Taglöhner der Holzhauersiedlungen ausgeweitet, jedenfalls war das auf dem Silberbuckel und im Roten Rain von Huzenbach so (XXVIII, XXXVI).

Die Reichenbacher Neubürger, nicht jedoch die Besitzer der großen Klostergüter, wohl aber die Taglöhner in Huzenbach hatten noch einen weiteren Zehnten zu entrichten, den es in der Klosterzeit nicht gab: den Heu- und Öhmdzehnt, also den Zehnten vom jährlichen Ertrag der ersten und der zweiten Heuernte (XII, XIII, XXVIII, XXXVI).

Umgerechnet in den Geldwert waren die Zehnten besonders bei den alten Gütern wohl die schwerste Last, auch wenn dies, wegen der Abgabe überwiegend in Naturalien, vielleicht nicht so empfunden wurde. Jedenfalls repräsentierten die Naturalien zwangsläufig den Zeitwert, der beim Ewigen Zins und auch den alten Steuern im Laufe der Jahrhunderte mangels Anpassung verloren gegangen war. Im Teil 3 der Studie werden wir eine Schätzung des Gewichts der Zehnten versuchen.


2.3 Die Steuern: Maien- und Herbststeuern, Steuer auf Catharinae, außerordentliche Steuern  
 
Die verbreitetste Steuer im Klosteramt war die Herbststeuer (Quelle hierzu und zum folgenden, wenn nicht anders vermerkt: XXXV), die auf Martini (11. November) fällig war und insgesamt, das heißt auf das ganze Klosteramt bezogen, 15 fl betrug - ungefähr den Gegenwert einer Milchkuh. Die Steuer stand nicht nur dem Hause Württemberg als der neuen Herrschaft über Reichenbach zu, sondern zur Hälfte auch der Markgrafschaft Baden, die in vorwürttembergischer Zeit zusammen mit den Grafen von Eberstein Aufgaben und Rechte von Vögten über Reichenbach besaß. Doch während die Ebersteiner 1602 ihre alten Rechte an Württemberg verkauften, gelang ein ähnliches Arrangement mit den Badenern nicht, obwohl die Aufgaben, aus denen die Rechte entsprangen, nämlich für die Finanzverwaltung (Kastvogt) und den militärischen Schutz (Schirmvogt) der geistlichen Herrschaft zu sorgen, in württembergischer Zeit weggefallen waren. (Nach den mittelalterlichen Vorstellungen sollten sich geistliche Herren, zu denen der Reichenbacher Prior zählte, finanzieller und militärischer Aufgaben enthalten und sich zu deren Wahrnehmung weltlicher Herren bedienen, die sich ihren Dienst natürlich bezahlen ließen.)

Die Gesamtbelastung aus der Herbststeuer wurde auf die meisten, aber nicht auf alle Ortschaften des Klosteramts umgelegt. Nimmt man, wie das Lagerbuch, einen der beiden Teile von jeweils 7 fl 30 x, dann war folgende Umlage vorgesehen:

 
Heselbach
Schwarzenberg
Huzenbach
Igelsberg
Obermusbach
Hochdorf
1 fl 10 x
1 fl 32 x
1 fl 10 x
1 fl 20 x
1 fl 18 x
1 fl 10 x
 
  7 fl 40 x  
 
In der Summe werden also pro Anteil 10 x zuviel eingezogen, das wird im Lagerbuch auch so konstatiert, merkwürdigerweise aber nicht korrigiert. Merkwürdig ist auch, dass nicht alle ehemaligen Klosterdörfer zur Umlage herangezogen werden, denn es fehlen ja insbesondere Röt, aber auch die Höfe im Tonbach und schließlich Schernbach. Doch wird in anderen, insbesondere den ortsbezogenen Teilen des Lagerbuchs klar, dass die drei genannten Dörfer statt der Herbststeuer Jagdfronen leisten müssen (vgl. 2.5).

Fragt man nach der Verteilung der Steuerlast innerhalb der Ortschaften, so ergibt sich schon bei den drei "Talorten", die zur Herbststeuer herangezogen werden, ein uneinheitliches Bild: In Bezug auf Heselbach werden, wenn ich es richtig sehe, keine Vorgaben zur Binnenverteilung gemacht, in Schwarzenberg soll die Verteilung "gleichlich" auf die zehn Hofgüter, einschließlich der Mühle, erfolgen; nur für Huzenbach wird die Verteilung auf die fünf Höfe wie folgt festgelegt (das Taglöhnergütlein von Michael Wunsch wird nicht berücksichtigt):

 
Michael Sackmann (Pfeiflesbauer)
Martin Frey (Oberer Friedersbauer)
Martin Keck (Unterer Friedersbauer)
Andreas Finkbeiner (Bühlerhof)
Peter Braun (Christenmichel)
12 x
6 x
12 x
20 x
20 x
 
  1 fl 10 x  
 
Auch die Verteilung der Steuerlast auf die Huzenbacher Lehenshöfe spiegelt im Grunde alte Verhältnisse wider, nämlich den Ursprung der drei erstgenannten Höfe aus einem dritten ungeteilten Urhof (vgl. dazu auch die Studie "Die Lehenshöfe zu Huzenbach 1600 -1840"). Aus den "Inventuren und Teilungen" (XLVIII) kann man ermitteln, dass die Huzenbacher Herbststeuer von 1 fl 10 x ungefähr den Wert eines Paares neuer Schuhe ausmacht und die Belastung mit 10 x ungefähr den Gegenwert einer Mistgabel.

Aus der Umlage der Herbststeuer in Schwarzenberg und Huzenbach auf die Besitzer der Hofgüter kann man wahrscheinlich auch den Schluss ziehen, dass der kleine Besitzer - wie etwa der Müller Alt Hans Völlmlin in Schwarzenberg, der nicht auch Besitzer der Mühle war, und der bereits erwähnte Taglöhner Michael Wunsch in Huzenbach - sowie die Personen ganz ohne Besitz, die es ja auch gab, von der Herbststeuer befreit waren.

Wie stark die Vergangenheit in die württembergische Zeit hineinragt, wird besonders an der Maiensteuer deutlich: sie beträgt, eine bekannte Größe, 7 fl 30 x und steht allein der Markgrafschaft Baden zu. Mag sein, dass es einmal einen gleich hohen ebersteinischen Teil gegeben hat, der schon in der Vergangenheit durch andere Leistungen abgegolten wurde - das Lagerbuch 1667/68 liefert leider keine Erklärung für diese merkwürdige Besonderheit. Noch merkwürdiger als die Bevorzugung der Markgrafschaft, die - noch einmal - 1667/68 de facto keine Aufgaben mehr im württembergischen Klosteramt Reichenbach wahrzunehmen hatte, erscheint indes die Regelung, dass die Maiensteuer allein von den Dörfern Heselbach (3 fl 12 x) und Schwarzenberg (4 fl 18 x) aufzubringen war, während die übrigen ehemaligen Klosterdörfer von dieser Steuer befreit waren, und zwar, wie es scheint, anders als bei der Herbststeuer (Jagdfronen) ohne Ersatzleistungen. Auch für diese, wahrscheinlich weit in die Vergangenheit zurück reichende Besonderheit bietet das Lagerbuch keine Erklärung.

Reichenbach, ursprünglich Sitz der Grundherrschaft, die vom Prior verkörpert wurde, und nur von den Konvantualen und einigen Dienstleuten bewohnt, hatte in der Klosterzeit praktisch keine Abgabepflicht. Dies änderte sich erst mit der Ansiedlung bürgerlicher Handwerker seit 1620 und nach dem Verkauf der großen Klostergüter 1651. Für diese Neubürger Reichenbachs wurde als neue Steuer statt der herkömmlichen Maien- und Herbststeuern eine Steuer auf Catharinae (25. November) eingeführt. Die Berechnungsgrundlage war einheitlich und betrug 15 x jährlich auf 100 fl Kaufsumme der erkauften Güter. Für die großen Klostergüter wurde dies im Lagerbuch 1667/68 noch einmal rekapituliert, und zwar mit folgenden Daten:

 
Klostergut Kaufpreis   Steuer
Gastherberg
Klostermühle
Ochsengut
Reichenbach
1.400 fl
1.350 fl
1.800 fl
1.200 fl
  3 fl 30 x
3 fl 22 x 3 h
4 fl 30 x
3 fl
 
Für die Käufer der Hofstätten und kleineren Güter in den Jahren 1620 ff. gibt es im Lagerbuch keine vergleichbare Dokumentation, vielmehr wird allgemein festgelegt, dass die Steuer "ihrem besitzenden Vermögen nach" aufgebracht werden soll. In der "Klosterordnung" aus dem Jahr 1651, die auch ins Lagerbuch 1667/68 aufgenommen wurde, wird unter der Ziffer 39 aber präzisiert, dass von allen Reichenbacher Bürgern pro 100 fl. Wert ihrer liegenden Güter 15 x auf Catharinae zu entrichten sind.

Es hat den Anschein, dass die Katharinensteuer auch auf die Neusiedlungen des Klosteramts im 18. Jahrhundert, namentlich auf die Huzenbacher Taglöhnersiedlungen auf dem Silberbuckel und im Roten Rain, ausgedehnt wurde. Sie wird dort "gewohnliche" Steuer genannt (XXVIII, XXXVI).

Es ist leicht erkennbar, dass die Katharinensteuer, die den Zeitwert zugrunde legt, deutlich höher ausfällt als die herkömmlichen Maien- und Herbststeuern. Legte man auf die alten Lehensgüter den Maßstab der Katharinensteuer an, näherte sich ihre Steuerlast der der Klostergüter: sie liegt dann nicht bei 10 - 20 x pro Hof, sondern bei 2 - 3 fl, das ist rund das Zehnfache. Und wenn unsere Vermutung richtig ist, dass auch die Neusiedler des 18. Jahrhunderts, zum Beispiel im Roten Rain und auf dem Silberbuckel, der Steuer auf Catharinae unterworfen waren, dann steigt mit dem Kaufwert der Güter auch die Steuerlast: Die Handwerker Reichenbachs kauften in den Jahren 1620 ff. den Morgen Land für 10 - 15 fl (XII, XIII), die Taglöhner Huzenbachs aber 150 Jahre später für ungefähr 40 fl (XXVIII, XXXVI); demnach stieg die Steuer, den Satz 15 x auf 100 fl Kaufpreis zugrunde gelegt, von rund 2 auf 6 x pro Morgen und Jahr.

Neben den regulären, jährlich aufzubringenden Steuern, die im Lagerbuch 1667/68 dokumentiert sind, war mit außerordentlichen Steuern aus besonderem Anlass, insbesondere im Kriegsfall, sowohl vom Reich mit Zustimmung des Reichstags als auch vom Land mit Zustimmung der "Landschaft" zu rechnen. So erheben zum Beispiel die Schätzungsregister der Jahre 1604 und 1607 (VI, XLVI) das Vermögen der Einwohner des Klosteramts als Grundlage für die über vier Jahre einzuziehende "Reichs- und Ablosungshilf" (deren genauer Zweck sich mir nicht erschließt). Dabei scheint die zweite Schätzung eine Korrektur der ersten gewesen zu sein: 1604 war offenbar von einem Steuersatz von 30 x auf 100 fl Vermögen ausgegangen worden, was bei einem geschätzten Gesamtvermögen im Klosteramt von 79.888 fl eine Steuerlast von 399 fl 25 x ergab; 1607 führte eine neue Schätzung zu einem Gesamtvermögen von 83.121 fl und zu einer Steuerlast von 207 fl 53 x - offenkundig unter Anlegung eines Berechnungsschlüssels von 15 x auf 100 fl Vermögen. Dies ist der gleiche Schlüssel wie der zur Berechnung der Katharinensteuer.


2.4 Todfall und Hauptrecht: Besthaupt und Bestkleid  
 
Das Recht des Grundherrn, beim Tod eines Hintersassen ("Todfall") das Besthaupt, das Bestkleid oder eine ähnliche Abgabe einzufordern ("Hauptrecht") reicht ebenfalls weit in die Geschichte zurück und galt ursprünglich als Bestandteil der Leibeigenschaft des Hintersassen. Im Lagerbuch von 1667/68 wird aber mehrfach betont, dass der Eintritt des Todfalls "mit der Leibaigenschafft keine Verwandtnus" habe und sich demnach auf alle "Underthanen oder Hindersaßen allhier zue Reichenbach und in dem gantzen Closterambt" erstrecke. Starb ein Leibeigener wurde der Todfall zum "Leibfall".

Im einzelnen regelt das Lagerbuch folgendes (XXXV): Stirbt der Besitzer (oder die Besitzerin) eines Lehenshofs, so ist das beste Stück Vieh, das Besthaupt, abzugeben; das kann, wenn vorhanden, ein Pferd sein, dessen Geldwert immerhin um 25 fl betragen kann, ein Ochse (um 20 fl) oder eine Milchkuh (um 15 fl). Besaß der (oder die) Verstorbene mehr als ein Gut, dann ist das Besthaupt mehrfach zu leisten; besteht dagegen der Nachlass nur aus einem halben Gut, dann ist dennoch ein ganzes Hauptrecht fällig. Auch bei Verstorbenen mit geringem Besitz ist, wenn vorhanden, das beste Haupt Vieh, zum Beispiel eine Ziege (1-2 fl) abzugeben; ist überhaupt kein Vieh vorhanden, dann erstreckt sich das Hauptrecht auf das beste Kleidungsstück des (oder der) Verstorbenen, das Bestkleid (dessen Wert bei wohlhabenden Lehensbauern 3 fl und bei Taglöhnern 1 - 2 fl betragen haben mag).

Wenn ich es richtig sehe, konnte ein Hofbesitzer die Abgaben mindern, wenn er seinen Hof vorzeitig übergab: im Todfall war dann statt (zum Beispiel) einer Kuh im Wert von 15 fl nur das beste Kleidungsstück im Wert (zum Beispiel) von 3 fl fällig; auch die Neubürger, die bei der Übergabe zwar Handlohn und Weglöse, sagen wir: von zusammen 2 fl, zahlen mussten, fuhren deutlich günstiger. Wer über keine Kuh verfügte, sondern nur über ein Schwein (3 fl) oder eine Ziege (1 - 2 fl) konnte zwischen Besthaupt und Bestkleid nur wenig oder nichts einsparen.

Das Hauptrecht galt auch für die Leibeigenen im Leibfall. Darüber hinaus aber waren die Leibeigenen einen jährlichen Zins, "Leibzins" genannt, schuldig und bei ihrer Hochzeit ("Brautlauf") eine Scheibe Salz oder einen gleichwertigen Geldbetrag (der bei 30 x gelegen haben mag). Es sieht allerdings so aus, als habe es im Klosteramt nicht viele Leibeigene gegeben. Ich wüßte in den "Talorten", die ich recht gut überblicke, jedenfalls keine leibeigene Person namhaft zu machen.


2.5 Die Fronen: Hand- und Spanndienste, Jagdfronen  
 
Die Grundherren des Mittelalters betrieben neben den verliehenen und zinspflichtigen Bauerngütern meist auch selbst ein größeres Gut oder ließen es von einem Meier betreiben. Der Prior in Reichenbach gebot vielleicht nicht immer, aber doch gegen Ende der Klosterzeit über drei Meiereigüter: den alten Reichenbach, das Ochsengut und die Gastherberg (die oft, so auch im Lagerbuch 1667/68, als dritte Meierei gezählt wird). Die Herrren- oder Meierhöfe verfügten zwar über eigenes Personal, bedurften aber besonders in der Erntezeit zusätzlicher Hilfe von aussen. Zu dieser Hilfe, Fronen genannt, waren die Hintersassen des Klosters in den Klosterdörfern seit alters verpflichtet, teils gegen Entgelt, teils unentgeltlich. Neben diesen Fronen, die unmittelbar dem Kloster gewidmet waren, gab es weitere Dienstpflichten, die der Pflege einer bescheidenen Infrastruktur dienten, insbesondere dem Wege- und Brückenbau. Auch hier gab es bezahlte und unbezahlte Fronen. In Reichenbach galten im einzelnen die folgenden Fronpflichten, die nahezu unverändert in die württembergische Zeit übernommen und im Lagerbuch von 1667/68 erneuert wurden (XXXV).

Jeder Hintersasse, wir können auch sagen: jeder Haushaltsvorstand, sei er nun Hofbauer, Taglöhner oder besitzloser Bürger, war verpflichtet, dem Kloster, später dem Klosteramt, jährlich einen Tag zu mähen und einen Tag zu heuen, wobei das Mähen Männerarbeit und das Heuen Frauenarbeit war. Die Froner und Fronerinnen hatten im Gegenzug Anspruch auf "gebührenden Atz", also auf Verpflegung, deren Abfolge und Beschaffenheit das Lagerbuch mit heute kurios anmutender Genauigkeit beschreibt. Benötigte das Kloster diesen Frondienst nicht, das könnte nach der Privatisierung der Meiereigüter im Jahr 1651 die Regel geworden sein, dann musste jeder Hintersasse eine Geldabgabe leisten, und zwar 6 x für den "Mähder" und 2 x für die "Hewerin". Dieser Handdienst war gewissermaßen die Grundlast des Fronens, die gleichermaßen auf alle Haushalte des Klosteramts verteilt und unentgeltlich zu erbringen war.

Zu Spanndiensten wurden die Hofbauern und die Reichenbacher Meier herangezogen. So waren die Meier (einschließlich des Gastmeisters) und die Bauern von den Höfen, aus Heselbach, Röt, Huzenbach und Schwarzenberg verpflichtet, den Klosterwein aus dem Bühlertal von Oppenau nach Reichenbach zu fahren und die leeren Fässer zurück zu bringen. Transportmittel war wohl stets die "Mihnin" (häufig auch "Mehni" oder ähnlich), das Gespann aus sechs Ochsen oder Stieren. Es ist wahrscheinlich, dass auch die großen Hofbauern ein solches Gespann alleine nicht stellen konnten, sondern sich mit anderen Bauern zusammen tun mussten. Jeder Wagen zwischen Reichenbach und Oppenau wurde mit 1 fl vergütet (dazu gab es den "notthürftigen Atz"). Eine ähnliche Leistung mussten die Hofbesitzer von Hochdorf und Schernbach in Bezug auf den Klosterwein aus dem Ettlinger Amt erbringen; auch sie bekamen pro Wagen 1 fl. Die Bauern von Igelsberg und Obermusbach schließlich erhielten 24 x für eine "Mihnin" pro Tag (nicht pro Wagen), wenn sie, wozu sie unter anderem verpflichtet waren, Baumaterialien zur Erhaltung der Klostergebäude heranfuhren.

Alle Hintersassen in Reichenbach und auf den Dörfern waren des weiteren verpflichtet, "mit Hand und Fuehr" für den Erhalt infrastruktureller Einrichtungen - das Lagerbuch nennt Gebäude, Wege, Straßen und Weiher - zu sorgen. Dafür konnten sie für eine Mihnin 24 x, für einen Froner 6 x und für eine Fronerin 2 x pro Tag berechnen, es sei denn, es handelte sich um folgende Leistungen, die unentgeltlich zu erbringen waren:

  • die regelmäßige Reinigung des Mühlgrabens in Reichenbach, zu der neben den Reichenbachern auch die Hintersassen auf den Höfen im Tonbach, in Heselbach und in Igelsberg verpflichtet waren;
  • die Wartung der Murgbrücke in Reichenbach durch die dortigen Bürger und denen auf den Höfen, in Heselbach und Röt;
  • die Unterhaltung der Musbacher Steig durch die Hintersassen in Reichenbach, Heselbach, Röt und auf den Höfen;
  • die Unterhaltung der "Staig nacher Igelsperg", gemeint ist wohl der Igelsberger Kirchweg, durch die Gemeinde Igelsberg;
  • die Wartung von Wegen und Stegen in und um Reichenbach durch die Bürger dort.

Wie es scheint, sind die bezahlten Fronen, besonders die Fronfuhren nicht unbeliebt gewesen. Ungefähr aus dem Jahr 1608 stammt eine detaillierte Abrechnung von über 500 Fronen (XXIII), die wahrscheinlich geleistet wurden, um Baumaterialien zur Vervollständigung der Reichenbacher Ringmauer aus Schopfloch heranzufahren (vgl. dazu auch Abschnitt 2.2 der Studie "Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595 - 1668"). Die Zahl der von den einzelnen Hofbauern geleisteten Fuhrtage, die wie erwartet mit 24 x vergütet wurden, bewegt sich zwischen 1 und 13, was wohl auf eine gewisse Freiwilligkeit schließen lässt, mehr als einen Tag zu fahren. Bei den sieben Bauern, die zwischen 10 und 13 Tage fuhren, handelt es sich durchweg um recht wohlhabende Personen, darunter Peter Lichtmuts Wwe aus Röt und Georg Seeger aus Igelsberg, die jeweils zwei Hofgüter besaßen; des weiteren finden wir unter den Sieben Jacob Braun, den alten Schultheißen von Röt, und Georg Frey, den amtierenden Schultheißen in Schwarzenberg. Aus all dem kann man wohl schließen, dass die Vergütung von 24 x pro Tag nicht bloß kostendeckend war, sondern auch einen kleinen Gewinn abwarf.

Schließlich noch zu den Jagdfronen. Wie wir bereits gesehen haben, waren die Bauern auf den Höfen, in Röt und in Schernbach von den Herbststeuern deshalb befreit, weil sie Jagdfronen zu leisten hatten, nämlich das erlegte Wild aus dem Wald zu holen und an einen vereinbarten Ort zu fahren. Darüber hinaus waren alle Hintersassen des Klosteramts verpflichtet, Hege und Jagd nach Bedarf und gemäß den Ordnungen der Forstverwaltungen in Freudenstadt und Altensteig zu unterstützen.

 
Typoskript: 05/07
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Aktualisierung: 02/08
Der Buchstabe F mit nachfolgenden Ziffern verweist auf das Ortssippenbuch von G.Frey (1987)