Studien
 
Die Lehenshöfe zu Huzenbach 1600 - 1840 (Teil 5):
Der Obere Friedersbauernhof
 
Der Obere Friedersbauernhof ist zu Beginn des 17. Jahrhunderts im Besitz von Friedrich (Fridt) Stribich (F 419). Er ist und bleibt der kleinste der fünf Lehenshöfe, im Schätzungsregister 1604 (VI) ist er nur "ain halbs güetlin". Gleichwohl gehört Fridt Stribich einer alten Familie an, die schon mindestens 200 Jahre in Huzenbach ansässig ist. Im Lagerbuch von 1427 finden wir einen Hans und einen Michael Stribich, auch "Stribich" und "der Jung Stribich" genannt, also vielleicht Vater und Sohn. Fridt Stribich könnte ein Bruder sein von Hans Stribich (F 690), der 1604 den Pfeiflesbauernhof besitzt, beide gehören jedenfalls derselben Generation an. Und beide begegnen uns wohl auch schon in der Musterungsliste aus dem Jahre 1588 (I), Hans Stribich allerdings, zusammen mit einem Ludwig Stribich, als Einwohner von Schwarzenberg. Die Stribichs scheinen nicht sehr vermögend zu sein, denn alle drei stellen bei der Musterung weder Rohr noch Spieß (wie Benedict Mast, Gall Schwemblin und Moritz Wackenhut, Faksimile), sondern "nur ain Seitwehr" (eine "Wehr", die an der Seite getragen wird, ein Dolch oder ein kurzes Schwert - eine Waffe, an die vielleicht das "Seitengewehr" unserer Tage erinnert).

Um 1620 leben fünf Kinder von Fridt Stribich in Schwarzenberg und Huzenbach, die wir nach ihren Hochzeitsdaten (ihre Geburtsdaten kennen wir nicht) in der folgenden Reihe aufführen können (LI):

  • Jacob (F 591) heiratet 1611 Margaretha, die Witwe des Hofbauern Hans Jacob Pfeiffer (F 790) und wird selbst Hofbauer in Schwarzenberg (zur gleichen Zeit lebt in Huzenbach der Taglöhner Jacob Stribich - F 526, verheiratet mit Agnes Weyßer: er ist ein Sohn von Hans Stribich, mit dem erstgenannten also nicht personengleich);
  • Brigitta heiratet 1613 in Schwarzenberg den Taglöhner Bernhard Berger (F 1503) aus Besenfeld und stirbt 1619;
  • Georg (F 232) heiratet 1615 in erster Ehe Agnes Wetzel aus Röt und lebt zunächst in Schwarzenberg ("zu Bechin");
  • Michael (F 592) heiratet 1616 Anna, die Tochter des Gastmeisters Martin Mast (F 688) von Reichenbach, und lebt zunächst in Huzenbach;
  • Catharina heiratet 1619 Matthias Strobel und lebt bis zu ihrem Tod, 1627 (zweite Ehe des Mannes) oder früher, in Freudenstadt.

Fridt Stribich stirbt am 9. Februar 1616, seine Frau Anna drei Tage nach ihm. Die Lebensdaten der Kinder legen den Schluss nahe, dass der Sohn Michael den elterlichen Hof geerbt hat, denn er ist der einzige, der nach dem Tod der Eltern in Huzenbach lebt. Dieser Schluss wird untermauert durch eine spätere Korrektur im Bürgerbuch des Jahres 1610: dort ist der Name Fridt Stribich durchgestrichen und durch Michael Stribich ersetzt. Im Lagerbuch von 1667/68 wird jedoch nicht Michael Stribich, sondern sein Bruder Georg als Vorbesitzer des Hofes genannt; und es ist Georgs Tochter Catharina, die Martin Frey aus Röt, den neuen Hofbesitzer, geheiratet, also den Hof offenbar in die Ehe eingebracht hat. Wie wir bereits gesehen haben (Teil 1), lässt das Schätzungsregister 1635 die Besitzverhältnisse offen, indem es neutral von "Fridt Stribichs guot" spricht. Vielleicht verändern sich gerade um diese Zeit die Verhältnisse, wobei ein Übergang des Hofes von Michael auf Georg Stribich am wahrscheinlichsten ist. Diese Hypothese gilt es im Folgenden zu überprüfen.

Zunächst müssen wir uns mit einer bemerkenswerten Parallele im Leben der beiden Brüder Georg und Michael Stribich vertraut machen: beide sind nach 1620 "Bestandmaier" oder Klostermeier, Verwalter also des Klostergutes, das unmittelbar der Versorgung der Mönche diente. Nach der Schließung des Klosters im Jahre 1603 waren die Meiereigüter eine wichtige Einnahmequelle der Verwaltung des Klosteramtes. In der Literatur gibt es teils auseinander gehende, teils übereinstimmende Angaben über des "Closters Mayerei Güter". M. Eimer (1931), noch immer eine Autorität über die Geschichte des oberen Murgtals, spricht von drei Meierhöfen und der Gastmeisterei, die 1621 an private Besitzer verkauft worden seien. G. Wein (1982) unterscheidet die Klostermühle, die 1620 verkauft worden sei, zwei Meierhöfe - 1621 verkauft - und schließlich die Gastmeisterei - 1651 verkauft. Die voneinander abweichenden Darstellungen legen ein neues Quellenstudium nahe, das - kurz zusammengefasst - zu dem folgenden Ergebnis führt (vgl. dazu auch Teil 4 der Studie "Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595 - 1668"):

1651 verkauft Herzog Eberhard III. von Württemberg

  • "die Gastherberg, sambt denn darzuegehörigen Güetern" an Johann Volz zu Altensteig um 1400 Gulden;
  • "die Mahlmihlen, gleichergestalten mit den darzuegehörigen Güettern" an Adam Schneller und seinen Schwager (Michael Krepser, F 770) zu Freudenstadt um 1350 Gulden (beide Personen wurden von G. Frey, 1987, identifiziert);
  • "die Mayerey das Ochsengueth genannt" an Bernhard Klumpp (F 4) zu Röt um 1800 Gulden;
  • "das Mayerey Gueth der Reichenbach genannt" an Georg Muz (F 284) zu Igelsberg um 1200 Gulden.

Von diesem Verkaufsvorgang sind erhalten die Kaufbriefe (XXI) und der "Fürstliche Approbationsbefehl" (XXXV, S. 194-204). Verkäufer und damit wohl auch Vorbesitzer ist in allen vier Fällen Herzog Eberhard als neuer Herr des alten Klostergutes. Was aber geschah 1620 und 1621?

1620 wird die "Gastherberg" an Hans Mast (F 203), den Sohn des gerade (1619) verstorbenen Gastmeisters Martin Mast (F 688) verliehen; der Jahreszins beträgt 68 Gulden. 1621 werden - wenn ich es richtig verstehe: nach dem vergeblichen Versuch, die Güter zu verkaufen - gegen Höchstgebot zunächst auf drei Jahre verliehen:

  • das "Ochsenguoth" an Georg (Jerg) Stribich aus Schwarzenberg gegen einen Jahreszins von 98 Gulden (das Gut scheint zuvor vom Schaffner, Johannes Neuffer, genutzt worden zu sein);
  • der andere Meierhof, 1651 "der Reichenbach" genannt, an Michael Stribich aus Huzenbach gegen einen Jahreszins von 89 Gulden (der Hof war zuvor verliehen an Martin Frey, wahrscheinlich aus Heselbach).

Die Verleihung der Gastherberg und der beiden Meierhöfe ist dokumentiert in der Sammlung "Schriften, enthaltend einige Berichte des Schaffners wegen Verleihung der Mayerey Güter des Klosters 1619/21" (XI).

Die Verleihung gegen Höchstgebot lief übrigens so ab, dass unter Zeugen so lange geboten werden konnte, wie eine Kerze brannte. Wer nun vor dem Verlöschen der Kerze das letzte Gebot abgegeben hatte, bekam den Zuschlag: "Darbey es endtlich, alß daß Liecht abgeloschen, verplieben". Gegen das Ochsengut haben neben Georg Stribich geboten

  • sein Bruder Michael,
  • Hans Girrbach (er ist wohl nicht F 339, vielleicht aber der bisher nicht bekannte Vater, beide aus Heselbach),
  • Hans Seidt (wahrscheinlich F 166 von den Höfen im Tonbach).

Gegen den Reichenbach haben neben Michael Stribich geboten

  • Hans Girrbach (wie oben),
  • Conrad Frey (wahrscheinlich der Schultheiß von Röth, dann F 48, er ist auch Zeuge bei der Verleihung des Ochsenguts).

Die Frage ist noch offen, was mit der Klostermühle um das Jahr 1620 geschah. Sie ist tatsächlich 1621 verkauft worden und bis 1629 durch mehrere Hände gegangen, ehe sie restituiert wurde. 1648 fiel sie wieder an Württemberg und wurde 1651 endgültig verkauft (zu den Einzelheiten vgl. die Studie "Die wechselnden Besitzverhältnisse über die Klostermühle zu Reichenbach 1595 - 1671").

Kommen wir nun zurück auf die Brüder Georg und Michael Stribich: Beide sind seit 1621 Klostermeier. Verliehen wurden die Höfe zunächst auf drei Jahre. Die Frist muss aber verlängert worden sein, denn im Schützenregister des Jahres 1625 (XLIII) sind beide Brüder weiterhin "bestandtmayer" (Faksimile). Georg Stribich ist dies auch vor dem Verkauf der Güter im Jahre 1651, aber vielleicht nicht durchgängig. Wir haben am Beispiel der Klostermühle gesehen, dass die Zeit des Krieges nicht frei war von Veränderungen. Und mindestens einer der beiden Meierhöfe war 1629 (Rückkehr der Mönche) in anderen Händen. Einem Verzeichnis über die Güter, welche die "Heren Patres selbsten nießen" aus dem Jahr 1629 (XVIII) entnehmen wir, dass "Hanns Seid" im Meieramt ist, und zwar als "oberer Maier". Es könnte sich wieder um den F 166 handeln, der schon 1621 gegen den Reichenbach bot. Er ist nun zwar schon 66 Jahre alt (und stirbt 1639), doch muss sein Alter nicht gegen die Übernahme des Meierhofes sprechen. Der Hof des "oberen Maiers" ist sehr wahrscheinlich der Reichenbach, auch insofern gäbe es Kontinuität zwischen 1621 und 1629.

Wenn nun Hans Seidt 1629 als Meier über den Reichenbach verfügt, dann hat Michael Stribich offenbar sein Amt verloren - und zwar, wie es scheint, nicht nur vorübergehend, denn nach 1630 finden wir keine Lebenszeichen mehr von ihm und seiner Frau Anna. Wie aber steht es mit den Kindern des Ehepaares (L,LI)?

Zwischen 1617 und 1627 werden Michael und Anna Stribich fünf Kinder geboren, aber nur das Schicksal von einem Kind lässt sich weiter verfolgen: die Tochter Magdalena, wahrscheinlich 1626 geboren, heiratet 1652 - nur zwei Jahre, nachdem Georgs Tochter Catharina geheiratet und wohl den Hof in die Ehe eingebracht hat - den Taglöhner Andreas Mast (F 473); das Ehepaar lebt zunächst in Huzenbach, zieht aber bald nach Besenfeld. Es lebt also um 1650 eine leibliche Erbin des Michael Stribich im heiratsfähigen Alter, gleichwohl geht der Hof an die Tochter des Bruders. Daraus wäre zu schließen, dass sich die Besitzverhältnisse über den Oberen Friedersbauernhofs lange vor 1650 änderten.

Ziehen wir eine kurze Zwischenbilanz: Nach 1630 haben wir von Michael Stribich keine Lebenszeichen mehr, weder als Hofbauer in Huzenbach noch als Klostermeier in Reichenbach. Seine Tochter Catharina hat um 1650 offenbar keine Ansprüche auf den väterlichen Hof. Um 1635 scheinen die Besitzverhältnisse offen zu sein, im Lagerbuch von 1667/68 wird jedoch Georg Stribich als Vorbesitzer des Hofes genannt, Besitzer ist sein Schwiegersohn Martin Frey. Dies alles sind zwar keine Beweise, aber doch Indizien dafür, dass um 1635 Michael Stribich tot ist und der Obere Friedersbauernhof in den Besitz seines Bruders Georg übergeht.

Georg Stribich ist spätestens seit 1637 in zweiter Ehe verheiratet (L). Seine Frau, Magdalena, ist eine geborene Ziflen: im Taufbuch von Klosterreichenbach werden bei der Geburt der Tochter Maria am 4. August 1641 als Eltern genannt "Georgiy Stribich et Magdalena Ziflerin"; am 16. September 1642 ist sie als Patin "Magdalena Ziflen Heselbach Uxor Georgiy Stribich". Wenn sie tatsächlich aus Heselbach stammt, dann könnte sie eine Tochter des "Alt" Hans Ziflen sein; der Vater (er ist dann F 255) lebte von 1566 bis 1666 und wurde fast hundert Jahre alt.

Georg Stribich wird in den Büchern von Reichenbach nicht nur als Vater genannt, sondern - seiner herausgehobenen Funktion als Klostermeier entsprechend - auch als vielfacher Pate und Trauzeuge. Sieht man sich die Einträge z.B. im Taufbuch von Reichenbach näher an (ausführlich im Teil 4.5 der Studie "Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595- 1668"), so gewinnt man weitere Indizien dafür, dass Georg Stribich neben seinem Meieramt auch Besitz in Huzenbach haben muss, denn es werden, wenn es um seine lokale Herkunft geht, Huzenbach und Reichenbach im Wechsel genannt. Nun ist zwar Georg Stribich in Huzenbach geboren, lebte aber nach seiner Eheschließung mit Agnes Wetzel 1615 zunächst in Schwarzenberg (was insbesondere das Taufbuch beweist) und wahrscheinlich ab 1621 in Reichenbach. Mit dem Hinweis auf Huzenbach nach 1635 kann daher kaum sein Geburtsort gemeint sein, vielmehr ist der Schluss nahe liegend, dass Georg Stribich dort nach 1635 zu einem Besitz gekommen ist, bei dem es sich eigentlich nur um den Oberen Friedersbauernhof handeln kann.

1651 hätte Georg Stribich die Möglichkeit gehabt, auch das Ochsengut, das wie die anderen Klostergüter zum Kauf ausgelobt ist, zu erwerben. Doch er lässt Bernhard Klumpp aus Röt den Vortritt. Statt dessen erwirbt er, wie es scheint: im Gegenzug, Bernhard Kumpps Hof in Röt. Der Kaufpreis beträgt 1000 Gulden. Wir wissen dies aus einem Hinweis in den Inventar- und Teilungsbüchern, den G. Frey, 1987, gefunden hat (vgl. die AS 38 zu F 4 und AS 40 zu F 283). Am 10. Februar 1651 ist Georg (Jerg) Stribich als Pate noch "der Mayer", am 25. April 1652 aber ist seine Frau Magdalena als Patin "Jerg Stribichs Hausf. von Röth". Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Georg Stribich auch um diese Zeit den Huzenbacher Besitz an seine jung vermählte Tochter Catharina und deren Mann, Martin Frey, weitergab. Danach verlieren sich allmählich die Spuren von Georg Stribich: wir wissen nicht, wann er starb; es muss aber vor 1672 gewesen sein, denn seine Frau stirbt in diesem Jahr als Witwe (L).

Mit Martin und Catharina Frey konzentrieren wir uns wieder ganz auf den Oberen Friedersbauernhof in Huzenbach. Martin Frey (F 757), der wahrscheinlich aus Röt stammt, war bis 1650 verheiratet mit Maria, deren familiäre Herkunft wir nicht kennen. Als sie im März 1650 stirbt, ist sie 53 Jahre alt; aus diesem Hinweis können wir auch auf das ungefähre Alter ihres Mannes schließen. Die Ehe des Martin Frey mit Maria bleibt kinderlos, das gleiche gilt für die ersten neun Ehejahre mit Catharina Stribich. Dann, am 5. August 1659, wird den beiden ein Sohn geboren, offenbar mit Komplikationen, denn das Kind, auf den Namen Martin getauft, stirbt noch am selben Tag und anderntags die Mutter. Martin Frey heiratet offenbar nicht mehr. So ist er 1667, vielleicht schon über 70 Jahre alt, im Besitz des Oberen Friedersbauernhofes, aber ohne Nachkommen. Damit wird es nicht leicht, den Nachfolger des Martin Frey zu finden, denn von seiner Seite her haben wir überhaupt keine Anhaltspunkte. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als zu versuchen, vom anderen Ende, also vom Jahr 1769 her, eine Brücke zum Jahr 1667 zu schlagen.

Besitzer des Oberen Friedersbauernhofes im Jahre 1769 ist Johann Adam Wunsch (1711 - 1794, F 619). Sein Vater war Hans Friedrich Wunsch (1679 - 1745, F 484), bekannt als "Beckh" zu Huzenbach. Er ist aber, wie G. Frey, 1987, mitteilt (Anmerkung zu F 484), auch Richter. Das Richteramt ist nun allerdings gebunden an den Besitz eines Lehenshofes. Daraus wäre zu schließen, dass der Bäcker und Richter Hans Friedrich Wunsch in der Tat auch Besitzer des Oberen Friedersbauernhofes war. Dessen Vater wiederum ist Adam Wunsch (F 647) gewesen, den wir als zweiten Mann der Anna Maria, verw. Keck bereits kennen. Er besaß seit 1676 über seine Frau den Unteren Friedersbauernhof und würde als Besitzer auch des oberen Hofes vorübergehend über beide Höfe verfügt haben. Das ist nicht ausgeschlossen. Die Frage ist, wann und wie er in den Besitz auch des Oberen Friedersbauernhofes gekommen sein könnte.

Adam Wunsch könnte nach seiner Hochzeit mit der Besitzerin des unteren Hofes über genügend Mittel verfügt haben, den Oberen Friedersbauernhof zu kaufen. Sowohl der Hof als auch die Felder lagen in unmittelbarer Nachbarschaft zum unteren Hof, was sicher attraktiv war. Entscheidend für den vermuteten Kauf könnte indes die Absicht gewesen sein, nicht nur den Kindern der Anna Maria mit Martin Keck, sondern auch denen mit Adam Wunsch ein Erbe zu hinterlassen. Wie wir im Teil 4 gesehen haben, blieb der Untere Friedersbauernhof in der Keck-Linie; korrespondierend hierzu könnte der obere Hof in die Wunsch-Linie gekommen sein. Für diese Hypothese, die bisher nicht belegt ist, spricht immerhin, dass sich in späteren Zeiten kein ähnlich zwingender Übergang des Hofes in den Besitz der Familie Wunsch, der ja stattgefunden haben muss, finden lässt.

Es ist allerdings die Frage, ob der Obere Friedersbauernhof von Martin Frey direkt an Adam Wunsch übergegangen sein konnte oder ob wir mit einem Zwischen-Besitzer, den wir noch nicht kennen, rechnen müssen. Die Frage ist schwer zu beantworten, weil wir das Alter des Martin Frey nicht kennen. Wenn er, wie üblich, älter war als seine erste Frau (Maria, geb. 1597), dann war er, wenn er noch lebte, schon bei der Hochzeit des Adam Wunsch (1676) achtzig Jahre oder darüber - schwer vorstellbar, dass er dann noch den Hof ohne eigene Familie bewirtschaftete. War er, was vorkam, jünger als seine erste Frau, dann ist der direkte Übergang des Hofes an Adam Wunsch nicht ausgeschlossen. Für ein schon vorgerücktes Alter des Martin Frey spricht, dass er im Schützenregister des Jahres 1665 nicht mehr geführt wird. Da er mindestens bis zum Jahr 1667 (Nennung im Lagerbuch) lebt, ist er wahrscheinlich aus Altersgründen aus der Schützenschaft ausgeschieden (im Schützenregister von 1658 wird er noch genannt; XLIV, XLV).

Damit wird wahrscheinlich, dass der Obere Friedersbauernhof nicht direkt von Martin Frey auf Adam Wunsch übergegangen ist, sondern dazwischen einen anderen Besitzer gefunden haben muss, von dem wir bislang nichts wissen. Der Übergang des Hofes ist also in zweifacher Hinsicht ungewiss: zum einen ist nicht ganz sicher, ob er tatsächlich um 1676 auf Adam Wunsch erfolgte, zum anderen kennen wir das Bindeglied zwischen ihm und Martin Frey nicht. Der nächste wirklich gesicherte Besitzer des Oberen Friedersbauernhofes nach Martin Frey ist Johann Adam Wunsch, nicht völlig gesichert sind sein Vater, Hans Friedrich Wunsch, und sein Großvater, Adam Wunsch. Die Liste der Besitzer des Oberen Friedersbauernhofes auf Tafel 7 enthält also einige kenntlich gemachte Unsicherheiten.

 
F 419 Friedrich (Fridt) Stribich († 1616)       Anna († 1616)
F 592 Michael Stribich   1616   Anna Mast
F 232 Georg Stribich 1.
2.
1615   Agnes Wetzel
Magdalena Ziflen († 1672)
F 757 Martin Frey 1.
2.

1650
  Maria (1597 - 1650)
Catharina Stribich († 1659)
Lücke?
F 647 Adam Wunsch (* 1649) ?   1676 3. Anna Maria, verw. Keck (1642 - 1717)
F 484 Hans Friedrich Wunsch (1679 - 1745) ?   1704   Magdalena Frey (1681 - 1755)
F 619 Johann Adam Wunsch (1711 - 1794)   1744   Anna Maria Blaich (1718 - 1787)
F 449 Andreas Frey (1743 - 1793) 1.
2.
1772
1778
  Anna Maria Wunsch (1753 - 1778)
Maria Dorothea Henßler (1757 - 1824)
  Georg Adam Frey (1774 - 1829)   1796   Anna Barbara Calmbach (1776 - 1838)
  Ludwig Gaiser (1802 - 1887)   1830   Anna Barbara Frey (1805 - 1870)
Tafel 7: Die Besitzer des Oberen Friedersbauernhofes 1600 - 1840
 
Wir bewegen uns nun wieder in der Mitte des 18. Jahrhunderts, in einer Zeit, in der Johann Adam Wunsch (F 619) Besitzer des Oberen Friedersbauernhofes ist. Der Hofbauer und Richter Wunsch ist seit 1744 verheiratet mit Anna Maria Blaich (1718 - 1787) aus Schwarzenberg. Aus der Ehe gehen drei Töchter hervor, die mittlere, Anna Maria (1753 - 1778), heiratet 1772 Andreas Frey (1743 - 1793, F 449) aus Schwarzenberg und wohnt auf dem elterlichen Hof, der 1780 noch nicht übergeben ist, wohl aber 1782, wie die Seelenregister belegen. Zu diesem Zeitpunkt ist Anna Maria schon tot: sie stirbt 1778, noch nicht fünfundzwanzig Jahre alt. Der Witwer heiratet noch im selben Jahr Maria Dorothea Henßler (1757 - 1824) aus Schwarzenberg. Aus der ersten Ehe leben zwei, aus der zweiten Ehe fünf Kinder, als Andreas Frey 1793 stirbt. Die Witwe geht keine Ehe mehr ein, und so mag es sein, dass der älteste Sohn, Georg Adam (1774 - 1829), er ist jetzt neunzehn Jahre alt, schon bald den Hof übernimmt. Er heiratet 1796 relativ jung Anna Barbara Calmbach (1776 - 1838) aus Beuren (LI).

Um 1840 ist, wie der Kataster beweist, Ludwig Gaiser (1802 - 1897) im Besitz des Oberen Friedersbauernhofes (LII). Er stammt aus Baiersbronn, wohin er 1842 auch wieder ziehen wird. Seit 1830 ist er verheiratet mit Anna Barbara (1805 - 1870), der ältesten lebenden Tochter des Georg Adam Frey. Der Obere Friedersbauernhof trägt auf den Flurkarten und im Kataster die Nummer 2. Er hat mit Wohnhaus und Scheuer eine Grundfläche von 181 qm (22 Ruten), ist also vergleichsweise klein. Auch der Viehbestand, den wir exemplarisch aus dem "Tabellarischen Verzeichnis" von 1769 (XXXI) kennen, ist relativ bescheiden: zwölf Stück "Horn- und Rindvieh", vier Schafe und ein Schwein (das sonst bei den Lehenshöfen übliche Pferd fehlt). Der Hof liegt in der Südostecke der Parzelle 13, die mit 7,5 Morgen das größte Feldstück im Besitz von Ludwig Gaiser ist. Die Parzelle gehört bestimmt zum Urbestand des Hofes. Im Lagerbuch von 1667/68 liegt sie, wie die benachbarte Parzelle 15 des Unteren Friedersbauers, "auf den Äckhern" (1840: "In Waldäckern") und ist mit "ohngefahrlich" sechs Morgen ausgewiesen. "Auf dem Wißfeldt entspringt ein Brönnlin" - eine Quelle, wahrscheinlich ist der "Weiherbrunnen" gemeint (Lageplan).

 
Typoskript: 08/94
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Aktualisierung: 12/03
Der Buchstabe F mit nachfolgenden Ziffern verweist auf das Ortssippenbuch von G.Frey (1987)