Studien
 
Die Lehenshöfe zu Huzenbach 1600 - 1840 (Teil 4):
Der Untere Friedersbauernhof
 
Wir wenden uns nun dem ersten der drei südlichen Lehenshöfe zu, die nach übereinstimmender Auffassung durch Teilung aus einem "Urhof" hervorgegangen sind. 1840 liegen sie - wie wahrscheinlich seit Jahrhunderten - mit einem maximalen Abstand von 75 m eng beisammen in einem Gewann, das passend den Namen "Auf den Höfen" trägt (Lageplan). Auch heute noch lässt sich die Gruppierung der Höfe gut nachvollziehen, obwohl der mittlere - der Obere Friedersbauernhof - inzwischen abgebrochen ist (Foto). Der Untere Friedersbauernhof, der uns zunächst beschäftigen wird, liegt im Nordosten der Dreiergruppe. Sein Besitzer im Jahre 1604 (VI) ist Hans Großmann (F 1625), von dem wir wenig wissen (LI): er ist bei zwei Kindern Caspar Völmlins (F 638) in den Jahren 1603 (Magdalena) und 1605 (Jacob) Pate. Das folgende Kind Caspar Völmlins, der Sohn Nicolaus, geb. am 19. Dezember 1606, hat einen neuen Paten (Faksimile): Hans Jacob Pfeiffer (F 790). Das ist auffällig, werden doch die Paten in der Regel beibehalten - es sei denn, sie sind verzogen oder verstorben. Weil das Schätzungsregister auf den 17. Juli 1604 datiert ist, muss das Ereignis, das das Leben Hans Großmanns veränderte oder beschloss, zwischen diesem Datum und dem 19. Dezember 1606 eingetreten sein.

Catharina, die Frau von Hans Großmann, begegnet uns ebenfalls zweimal als Patin, und zwar von Kindern des Jacob Hoch (F 1532) in den Jahren 1603 und 1605. Beim nächsten Kind von Jacob Hoch, der am 28. August 1607 geborenen Tochter Anna, hat jedoch die Patin gewechselt: Euphemia Klaiß. Auch dieser Tatbestand deutet auf eine Veränderung im Leben des Ehepaares Großmann hin. Im Schätzungsregister des Jahres 1607 (XLVI), das sonst nur wenige Veränderungen gegenüber dem Register des Jahres 1604 aufweist, ist Hans Großmann nicht mehr als Besitzer des Unteren Friedersbauernhofes aufgeführt. An seine Stelle ist eine Erbengemeinschaft getreten: "Moritz Wackhenhuots seelige Erben" (Faksimile).

Von Moritz Wackenhut (F 639) wissen wir sehr wenig. Das ist nicht verwunderlich, denn er muss ja vor 1607 schon gestorben sein, wahrscheinlich schon vor 1603, denn sein Tod ist in den Büchern von Schwarzenberg nicht verzeichnet. Wir finden Moritz Wackenhut dagegen in der Musterungsliste von 1588 (I): dort ist er unter den fünf Huzenbacher Schützen als erster genannt (Faksimile). Er stellt "ain Lang Rohr" - das Indiz für einen größeren Besitz. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass Moritz Wackenhut - wie Benedict Mast und Gall Schwemblin - schon 1588 Besitzer eines Hofes, und zwar des damals vielleicht noch ungeteilten Friedersbauernhofes ist. Vermutlich ist Wackenhut der älteste unter den dreien und vielleicht der älteste Einwohner Huzenbachs überhaupt, der uns in dieser Arbeit begegnet.

Wir haben also bis 1607 folgende Besitzer des (Unteren) Friedersbauernhofes:

  • Moritz Wackenhut (1588),
  • Hans Großmann (1604),
  • Moritz Wackenhuts seelige Erben (1607).

Diese Abfolge ist merkwürdig und nur dann verständlich, wenn Hans Großmann ebenfalls zu den Erben Moritz Wackenhuts gezählt haben sollte. Zum Kreis der Erben konnte er aber nur über seine Frau Catharina gehören, und diese Überlegung muss zu der Hypothese führen, dass Catharina eine Tochter Moritz Wackenhuts war. Für die Richtigkeit dieser Hypothese gibt es allerdings bislang keinerlei Belege, so dass wir sehr vorsichtig mit ihr umgehen müssen. Zu allem Übel reicht sie des weiteren noch nicht einmal aus, eine Brücke zu schlagen zu dem für das Jahr 1610 (VIII) gesicherten Besitzer des Hofes: Bernhard Mast (F 162).

Dieser hat im Juni 1608 Elisabetha, die Witwe des im März verstorbenen Hofbauern Martin Schaiblen (F 254) in Schwarzenberg geheiratet. Doch schon im April 1609, bei der Geburt des ersten Kindes mit Bernhard Mast, der Tochter Anna, stirbt Elisabetha. Die Kinder Martin Schaiblens sind nun Vollwaisen, bleiben aber im Besitz des väterlichen Hofes (Besitzer im Steuerbuch 1612: "Martin Schaiblens seel. hinderlassene Kinder"; IX), und der Sohn Hans Schaiblen (F 121), der 1621 heiratet, ist spätestens in diesem Jahr Besitzer des Hofes.

Bernhard Mast heiratet bald nach dem Tod Elisabethas ein zweites Mal, und zwar Agatha, deren familiäre Herkunft nicht bekannt ist. Auch der Zeitpunkt der Eheschließung ist nicht bekannt. Die Ehe muss aber vor dem August 1612 geschlossen worden sein, denn zu diesem Zeitpunkt ist Agatha als Patin "Bernhard Masten Hausfraw". Und sie muss nach dem September 1609 geschlossen worden sein, also nach der üblichen sechsmonatigen Wartezeit bei der Wiederverheiratung nach dem Tod eines Ehepartners. Ist die Heirat zwischen Bernhard Mast und Agatha früh, d.h. 1610 oder früher, erfolgt, dann könnte Bernhard Mast durch Agatha in den Besitz des Unteren Friedersbauernhofes gekommen sein. Dann könnte Agatha zu den Erben Moritz Wackenhuts gehören, also seine Tochter sein. Ist die Eheschließung nach 1610 erfolgt, d.h. nach Erscheinen des Bürgerbuches, in dem Bernhard Mast als Huzenbacher Bürger ausgewiesen ist, dann wird die Hypothese wahrscheinlich, dass Bernhard Mast den Unteren Friedersbauernhof erworben hat.

Agatha ist dreimal verheiratet, sie heiratet zunächst, wie wir gesehen haben, Bernhard Mast. Dieser Ehe entstammen acht Kinder, die zwischen 1613 und 1627 geboren werden. Bernhard Mast stirbt zwischen Juni und Dezember 1628: am 15. Juni 1628 ist er noch Pate, aber noch im Jahre 1628, der Monat ist nicht lesbar, ist seine Frau als Patin "Bernhard Masten seelig hinderlassene Wittib". Im Juni 1629 ist Agatha bereits "Hans Keckhen Fraw von Huzenbach". Wahrscheinlich hat sie im Frühjahr 1629 - das Ehebuch von Schwarzenberg ist bereits lückenhaft - Hans Keck (F 440) geheiratet. Aus dieser Ehe stammen drei Kinder. Nach dem Tod von Hans Keck im Februar 1639 heiratet Agatha 1640 ein drittes Mal, und zwar Hans Frey (F 609). Die dritte Ehe bleibt kinderlos: weil Agatha wahrscheinlich vor 1590 geboren ist, ist sie 1640 über fünfzig Jahre alt.

Betrachten wir zunächst die noch lebenden Kinder aus der Ehe der Agatha mit Bernhard Mast. Es sind die folgenden fünf:

  • Benedict (F 73) ist 1615 geboren und heiratet 1640 in erster Ehe die Witwe Anna Morlock auf den Höfen im Tonbach;
  • Georg (F 338/695), geboren 1618, heiratet um das Jahr 1641 Magdalena Sackmann und lebt in Huzenbach und Göttelfingen;
  • Peter (F 288), geboren 1622, heiratet 1649 Salome Stribich in Schwarzenberg;
  • Hans (F 70) ist 1625 geboren und heiratet (erste Ehe) 1649 die Witwe Anna Maria Ziflen in Igelsberg;
  • Andreas (F 696), geboren 1627, heiratet 1652 Magdalena Stribich und lebt seit 1655 in Besenfeld.

Auffallend ist, dass alle Söhne Bernhard Masts früh heiraten und Huzenbach verlassen. Der dritte Mann der Mutter, Hans Frey, muss um das Jahr 1600 geboren sein und ist damit noch relativ jung. Eine Übergabe des Hofes an einen der Söhne Bernhards kam damit wohl nicht in Betracht.

Sehen wir uns nun die Nachkommen Hans Kecks an, es sind drei:

  • Magdalena, geboren 1630, lebt beim Tod der Mutter (1665) nicht mehr;
  • Martin (F 610), geboren 1632, heiratet 1661 und lebt als Hofbauer in Huzenbach;
  • Hans Jacob (F 697) heiratet 1662 in erster Ehe Maria Volz in Aichhalden.

Damit wird erkennbar, dass der erstgeborene Sohn Martin identisch sein muss mit dem Besitzer des Unteren Friedersbauernhofes im Lagerbuch von 1667/68, Martin Keck (XXXV).

Aus seiner 1661 geschlossenen Ehe mit Anna Maria Ehmann (1642 - 1717) aus Baiersbronn gehen bis zu seinem Tod, vor 1676, sieben Kinder hervor. Anna Maria heiratet 1676 ein zweites Mal, und zwar Adam Wunsch (F 647) aus Huzenbach. In dieser Ehe werden noch einmal vier Kinder geboren. Adam Wunsch stirbt zwischen 1686 und 1702, Anna Maria 1717. Eine Übergabe des Hofes an den Erben könnte also um 1700, vielleicht aber auch früher, erfolgt sein. Sehen wir uns das Schicksal der elf Kinder der Anna Maria kurz an: Fünf Kinder, darunter zwei von Adam Wunsch, sind früh gestorben. Die beiden überlebenden Kinder von Adam Wunsch sind

  • Hans Friedrich (F 484), Bäcker, später auch Richter und wahrscheinlich Besitzer des Oberen Friedersbauernhofs (Teil 5);
  • Anna Maria, die 1703 nach Igelsberg heiratet (F 547).

Die vier überlebenden Kinder von Martin Keck sind die folgenden:

  • Johann Jacob (F 442) lebt um 1700 als Hofbauer in Huzenbach;
  • Johannes ist seit 1690 in zweiter Ehe mit (Anna) Maria Finkbeiner "im Tonbach" (Baiersbronn) verheiratet;
  • Adam ist ledig geblieben und stirbt 1700 mit dreißig Jahren als Metzger in Straßburg;
  • Eva heiratet im selben Jahr Joseph Ziflen, der ebenfalls im Tonbach wohnt.

Offenbar ist Johann Jacob, der älteste Sohn der Anna Maria mit Martin Keck, der Erbe des Unteren Friedersbauernhofes.

Johann Jacob Keck (1662 - 1735) ist seit 1689 mit Johanna Schaiblin, der Tochter des Schultheißen von Besenfeld, verheiratet. Das Ehepaar hat bis 1708 - Johanna stirbt um das Jahr 1710 - zehn Kinder. Beim Tod des Vaters im Mai 1735 leben noch die folgenden sieben (AS 83 zu F 442):

  • Anna Maria, die älteste Tochter, ist seit 1716 mit Hans Michael Frey (F 257) in Huzenbach verheiratet;
  • Hans Jörg lebt 1735 in Röthenberg/Amt Alpirsbach, vielleicht verheiratet;
  • Elisabetha ist seit 1724 mit Michael Kuon in Göttelfingen verheiratet;
  • Hans Peter, ledig, lebt 1735 ebenfalls in Röthenberg, vielleicht beim Bruder;
  • Hans Michel stirbt ledig im Dezember 1735;
  • Eva ist seit 1734 in zweiter Ehe verheiratet mit Michel Morlock in Besenfeld;
  • Friedrich ist ledig und stirbt 1742 in Huzenbach.

(Johannes, das einzige Kind aus der zweiten Ehe des Johann Jacob Keck, stirbt vor dem Vater).

Hoferbin ist also wahrscheinlich Anna Maria Keck (1692 - 1777). Ihrer Ehe mit Hans Michael Frey (1689 - 1763) aus Schwarzenberg entstammen neun Kinder, darunter die älteste, 1720 geborene Tochter Johanna, die wir im Seelenregister von 1780 als Witwe des Johann Michael Frey (F 443) finden. Dieser muss also, wie sein Schwiegervater, in den Hof eingeheiratet haben, und zwar 1740. Johann Michael stirbt 1769, Johanna bleibt Witwe bis zu ihrem Tod im Jahre 1808. Längst aber ist der Hof in den Händen ihrer Tochter Dorothea und deren Mann Friedrich Frey (F 448), die seit 1769 verheiratet sind. So wurde der Untere Friedersbauernhof dreimal hintereinander an die Töchter vererbt und dreimal hintereinander - ein kleines Kuriosum - heiratet ein Frey in den Hof ein. Bei drei Ehepaaren taucht also fünfmal der Name Frey auf. Und um das Maß voll zu machen, heiraten Johann Georg Frey (F 1332), der Sohn des F 448, die Eva Christina Frey aus Heselbronn und Friedrich Frey, der Enkel des F 448, die Eva Maria Frey aus Schwarzenberg.

Wie wir im Teil 1 gesehen haben, sind Friedrich Frey (1741 - 1811) und sein Sohn Johann Georg Frey (1770 - 1832) die Besitzer des Unteren Friedersbauernhofes im Jahre 1801. Und um 1840 ist der Hof im Besitz des Enkels Friedrich Frey (1804 - 1866). Damit ist die Besitzerliste des Unteren Friedersbauernhofes vollständig (Tafel 6).

 
F 639 Moritz Wackenhut        
  Moritz Wackenhuts seelige Erben        
F 1625 Hans Großmann       Catharina
F 162
F 440
F 609
Bernhard Mast
Hans Keck († 1639)
Hans Frey
2.   1.
2.
3.
Agatha († 1665)
F 610
F 647
Martin Keck (* 1632)
Adam Wunsch (* 1649)
  1661
1676
1.
2.
Anna Maria Ehmann (1642 - 1717)
F 442 Johann Jacob Keck (1662 - 1735) 1.
2.
1689   Johanna Schaiblin (* 1665)
Anna Catharina
F 257 Hans Michael Frey (1689 - 1763)   1716   Anna Maria Keck (1692 - 1777)
F 443 Johann Michael Frey (1712 - 1769)   1740   Johanna Frey (1720 - 1808)
F 448 Friedrich Frey (1741 - 1811)   1769   Dorothea Frey (1745 - 1820)
F 1332 Johann Georg Frey (1770 - 1832)   1793   Eva Christina Frey (1776 - 1837)
  Friedrich Frey (1804 - 1866)   1832   Eva Maria Frey (1808 - 1895)
Tafel 6: Die Besitzer des Unteren Friedersbauernhofs 1600 - 1840
 
Untersucht man den Grundbesitz des Friedrich Frey um 1840 (LII), so fällt auf, dass
  • die Größe des Besitzes (ohne den jüngst hinzugekommenen Wald am Seebach) mit 32 Morgen kleiner als erwartet ist, obwohl der alte Bestand am Tobelbach von vier auf elf Morgen gewachsen ist;
  • der alte Besitz in der "Füllenbachau" an der Markungsgrenze zu Röt 1840 nicht mehr zum Unteren Friedersbauernhof gehört, sondern zu dem gerade erst entstandenen "Hanesenbauernhof" des Johannes Frey.

Der Hanesenbauer Johannes Frey (1798 - 1885) hat 1825 Margaretha (1798 - 1833), die ältere Schwester des Unteren Friedersbauers Friedrich Frey, geheiratet. Der Vater der beiden Geschwister, Johann Georg Frey, hat den Hof 1825 wohl noch nicht übergeben, so dass es erst 1832 - der Vater stirbt, der Sohn heiratet - zu einer Erbauseinandersetzung kommt. Im Ergebnis erbt der Sohn Friedrich den Hof und die Tochter Margaretha ein namhaftes Stück Land von acht Morgen in der Füllenbachau. Von einer Teilung des Unteren Friedersbauernhofes im strengen Sinne wird man allerdings nicht sprechen können, wohl aber davon, dass der Hanesenbauernhof dort eine seiner Wurzeln hat. Margaretha stirbt schon 1833, aber ein Jahr später heiratet Johannes Frey ihre Schwester Eva Christina (1808 - 1892).

Bleiben wir noch einen Augenblick beim Hanesenbauernhof, den Johannes Frey 1830 gebaut hat und dessen Namen ("Hannes") er wahrscheinlich trägt. Der Hof, er liegt auf der Parzelle 63 und hat die Nummer 44, besteht aus einem Wohnhaus mit Scheuer und einem kleinen Backhaus im Norden; südlich des Hauses schließt sich ein Gemüsegarten an (Lageplan). Das Wohnhaus hat ein Grundmaß von 155 qm (18,9 Ruten), die Scheuer ist mit 147 qm (17,9 Ruten) kaum kleiner. Der Hanesenbauernhof von heute (Foto) muss demnach umgebaut worden sein, wobei die Scheuer zugunsten des Wohnteils deutlich verkleinert wurde.

Nun zum Unteren Friedersbauernhof, wie er sich um 1840 präsentiert (Lageplan). Er trägt die Nummer 1 und besteht aus dem üblichen Wohnhaus mit Scheuer, einem zweiten Gebäude - "Scheuer und Kellerhaus" - schräg gegenüber und einem Waschhaus. Neben "Scheuer und Kellerhaus" befindet sich ein Gemüsegarten, der im Norden und Osten von einer Baumwiese umgeben ist; eine zweite Baumwiese finden wir zwischen Wohnhaus und Waschhaus. Im Jahre 1769, als das "Tabellarische Verzeichnis" (XXXI) angelegt wird, verfügt der Hof über ein Pferd, 24 Stück "Horn- und Rindvieh", neun Schafe und zwei Schweine. Der Hof liegt auf der Parzelle 1, die einen Morgen ausmacht und im Lagerbuch von 1667/68 (XXXV) das "Bronnwislen" genannt wird. Zum Kernbestand des Hofes zählt aber vor allem die Parzelle 15 mit elf Morgen südwestlich des Hofes. Die näher gelegene Parzelle 13 gehört dagegen zum Oberen Friedersbauer, wie sich überhaupt die Parzellen beider Höfe in einer Gemengelage befinden. In der Parzelle 15 finden wir das "Ackherveldt auf denn Äckhern genannt" aus dem Lagerbuch von 1667/68 wieder; um 1840 hat das Gewann den Namen "In Waldäckern". Die große "Rohrwisen" von sechs Morgen, für die Martin Keck 1667 zehn Kreuzer zusätzlich zinst, liegt ostwärts der Murg und nördlich der Murgbrücke und trägt um 1840 die Parzellennummer 266.

Unsere besondere Aufmerksamkeit verdient jedoch die Lagebeschreibung des Unteren Friedersbauernhofs im Lagerbuch (XXXV). Dort heißt es: "Ein Hauß, Hofraithen, Scheuher, und ohngefahrlich ein Viertel Garthens darbey, zwischen Michel Sackmann und der gemeinen Gaßen gelegen, stost oben und unden uf die gemeine Gaßen". Dass der Untere Friedersbauernhof dem Pfeiflesbauernhof (Michael Sackmann) benachbart ist und im Süden auf dessen Land stößt (um 1840: Parzelle 28), überrascht nicht, wohl aber die Nähe der gemeinen Gasse. Die Lage des "Bronnwislens" (um 1840: Parzelle 1) wird im Lagerbuch so beschrieben: "Ein Wislen, das Bronnwislen genannt, ohngefahrlich ein Morgen, zwischen Martin Freyen und der gemeinen Gaßen gelegen, stoßt vornen uf sich selbsten, undt hinden uf Peter Braunen". Die Wiese grenzt in der Tat im Norden ("hinden") an den Christenmichelshof, im Westen an das Feld von Martin Frey (um 1840: Parzelle 13), im Süden an den eigenen Hof und im Osten offenbar an die gemeine Gasse (Lageplan).

Verläuft also die gemeine Gasse, die öffentliche Fahrstraße schon auf der Höhe des Unteren Friedersbauernhofes nicht mehr im Tal? Bevor wir eine Antwort auf diese Frage versuchen, wollen wir zunächst drei Vorfragen klären:

  • Wird der Begriff "gemeine Gaß" spezifisch (für bestimmte Straßen) oder unspezifisch (für beliebige Straßen) benutzt? Schon aus dem Lagerbuch geht recht eindeutig hervor, dass mit der "gemeinen Gaß" ein öffentlicher, frei zugänglicher Fahrweg gemeint ist, der gelegentlich auch "Allmeindtgaß" genannt wird. Fahrwege, die durch Feldgüter geführt werden und deren Zugänglichkeit (oft auf namentlich genannte Personen) beschränkt ist, werden anders bezeichnet: "Fahrweg", "Straß", "Fuehr Straß", "Landstraß".
  • Gibt es auf Huzenbacher Gemarkung mehr als eine öffentliche Straße, mehr als eine gemeine Gasse? Will man die Frage vorsichtig beantworten, so muss man vielleicht sagen: es sieht nicht so aus; oder, persönlicher formuliert: ich habe keine weiteren gefunden. Gegen mehrere gemeine Gassen spricht im übrigen die Verwendung des Begriffs zur Grenzbeschreibung: gäbe es mehrere, wäre die Grenze eines Grundstücks insoweit unklar und unbestimmt.
  • Gibt es insbesondere im Tal, neben der Murg, eine gemeine Gasse? Und wieder muss man vorsichtig antworten: es scheint nicht so zu sein. In keiner Grenzbeschreibung von Grundstücken, die zweifelsfrei an der Murg liegen, taucht der Begriff "gemeine Gaß" auf.

Nach Beantwortung der drei Vorfragen lässt sich nun auch die Hauptfrage beantworten: Es spricht vieles dafür, dass die öffentliche Fahrstraße, die gemeine Gasse schon südlich des Unteren Friedersbauernhofs das Murgtal verlässt. Damit ist natürlich die Frage nach ihrem weiteren Verlauf gestellt.

Wenn es richtig ist, dass die gemeine Gasse, wie wir im Teil 2 festgestellt haben, den Hof auf dem Huzenberg westlich über den Silberbuckel umgeht, und, wie wir eben feststellen konnten, den Unteren Friedersbauernhof ostwärts streift, dann muss sie auf der Strecke zwischen diesen beiden Höfen ebenfalls nachweisbar sein - zum Beispiel beim Christenmichelshof, dessen Lage im Lagerbuch vollständig so beschrieben wird: "Zway Häuser, Hofraithenen, Scheuher, Schopf, und Garthen zwischen der gemeinen Gaßen und Ihm selbsten gelegen, stoßt vornen auf Martin Keckhen, und hinden auf des Closters Reichenbach Waldungen". Unterstellt, die "gemeine Gaß" berühre den Christenmichelshof im Osten, dann müssten im Westen Feldstücke des Hofes liegen. Das ist in der Tat so: dort finden wir um 1840 die großen Parzellen 8 und 12. Im Süden ("vornen") liegt das "Bronnwislen" von Martin Keck und im Norden ("hinden") finden wir den Klosterwald am unteren Seebach.

Andreas Finkbeiner vom Huzenberg besitzt laut Lagerbuch 1667/68 zwei Felder, die "Sommerhalde" und die "Winterhalde", die - ich verzichte jetzt auf wörtliche Zitate - ebenfalls an der "gemeinen Gaßen" liegen. Wenn wir nun herausbekommen, wo wir die beiden Halden suchen müssen, dann können wir den ungefähren Verlauf der gemeinen Gasse zwischen dem Christenmichelshof und dem Silberbuckel rekonstruieren. Flurkarten und Kataster der Zeit um 1840 kennen nur die Sommerhalde: das ist ein Gewann (Parzellen 88 - 94, 96 u. 97) nordwestlich des Christenmichelshofs auf der anderen Seite des Seebachs, also an einem Südhang, daher wohl "Sommer"-halde. (Die Winterhalde könnte dann der gegenüberliegende Nordhang zum Seebach gewesen sein.)

Weil sich am Verlauf alter Wege wenig ändert, können wir anhand der frühen Flurkarten den vermuteten Lauf der gemeinen Gasse relativ genau rekonstruieren (Lageplan). Sie verlässt, immer nach Nordwesten gerichtet, die Talsohle der Murg gut 50 Meter südlich des Hanesenbauernhofes (Haus 44) - dort mündet heute eine für den Durchgangsverkehr gesperrte Straße in die B 462; passiert den Hof des Unteren Christenbauers (Haus 13), steigt dann steil hinauf zum Unteren Friedersbauernhof (Haus 1) und führt hinüber zum Christenmichelshof (Haus 12). Beide Höfe werden offenbar nicht unmittelbar berührt, sondern über je zwei Wegegabeln erschlossen, während die gemeine Gasse in einer Entfernung von wohl 50 Metern unterhalb der Höfe vorbeiführt. Ungefähr 150 Meter nordwestlich des Christenmichelshofes quert die gemeine Gasse den Seebach und folgt bald darauf dem "gemeinen Fahr- und Kirchweg" über den Silberbuckel, den wir von der Lageskizze des Feldmessers Schaible kennen (Lageskizze).

 
Typoskript: 08/94
Druckversion: -
Internetversion: 12/03
Aktualisierung: 12/03
Der Buchstabe F mit nachfolgenden Ziffern verweist auf das Ortssippenbuch von G.Frey (1987)