Studien
 
Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595 - 1668 (Teil 4):
Vom Pächter zum Bürger: Gastmeister, Müller und Meier
 
1. Die Klostergüter und ihre Besitzer im Überblick

2. Die Gastmeister

3. Die Müller

4. Die Besitzer des Reichenbachs

5. Die Besitzer des Ochsenguts

 
In diesem Teil wenden wir uns den Besitzern der vier großen Klostergüter zu. Sie sind zunächst Pächter, seit 1651 durchweg Eigentümer der Güter. Wir beginnen mit einer Übersicht über alle vier Güter, wobei wir auch kurz auf ihre Entstehungsgründe eingehen. Danach untersuchen wir in vier Abschnitten die Besitzer jedes Gutes im einzelnen.
 
1. Die Klostergüter im Überblick

Die Liegenschaften des Klosters können unterschieden werden in solche

  • der Fremdnutzung: sie sind auf Dauer in Erbleihe gegen einen geringen Zins an Bauern verliehen, und solche
  • der Eigennutzung: sie sind befristet (auf drei oder sechs Jahre) gegen einen hohen Zins verliehen.

Das 17. Jahrhundert kannte oder benutzte die Begriffe verpachten, Pacht und Pächter nicht. In heutiger Terminologie können indes die kurzfristige Leihe der eigen genutzten Klostergüter Pacht und die beliehenen Personen Pächter genannt werden. Diese Terminologie wollen wir um der besseren Unterscheidung verschiedener Leiheformen willen hier wählen.

Zu den eigen genutzten Liegenschaften des Klosters zählen namentlich die vier großen Klostergüter: die Gastherberg, die Mahlmühle und die beiden Meierhöfe Reichenbach und Ochsengut. Sie waren, wie wir im Teil 3.1 erörtert haben, wahrscheinlich bis zum Ende der Klosterzeit im Wortsinne eigen genutzt, d.h. von angestellten Verwaltern im Auftrag des Priors betrieben. Der neue Grundherr, der württembergische Herzog, veränderte diese Ordnung von Grund auf: die Güter wurden verpachtet, aus den angestellten Verwaltern wurden selbständige Pächter. An die frühere Eigennutzung erinnerte aber noch deutlich der vergleichsweise hohe Pachtzins, der - anders als der Zins der Lehensbauern - den Charakter einer Rente für den Grundherrn annahm (man spricht daher auch von Rentengrundherrschaft).

Freilich musste aus dem verpachteten Gut ein Überschuss erwirtschaftet werden können, sonst fand der Grundherr keinen Pächter. Doch mag der Überschuss als Lebensgrundlage nicht immer ausgereicht haben. Dies, zusammen mit der Befristung der Pacht, erklärt, warum die Pächter in aller Regel Eigenbesitz haben, der als zweite Existenzgrundlage erhalten bleibt und auf den sich die Pächter nach Ablauf der Pachtzeit wieder zurückziehen. Dass in dem von uns betrachteten Zeitraum die Gastherberg und das Ochsengut durch mehrfache Erneuerung der Pacht tatsächlich langfristig an dieselben Pächter gingen, ändert nichts an den Grundprinzipien der Befristung und der Verrentung. Auch dass der Rentengrundherr seit 1595 der Herzog von Württemberg war, also ein kaum noch als Person wahrnehmbarer Grundherr, ändert nichts an den Prinzipien.

Die vier großen Klostergüter sind erkennbar auf verschiedene Erwerbsziele ausgerichtet. Auf den landwirtschaftlichen Erwerb durch Ackerbau und Viehzucht zielen die beiden Meierhöfe im engeren Sinne: Reichenbach und Ochsengut. Die Klostermühle verfolgt neben der landwirtschaftlichen Betätigung für den Eigenbedarf gewerbliche Ziele und ist insoweit dem Handwerk nahe. Eine Zwitterstellung nimmt die Gastherberg ein: sie stützt ihren Erwerb zu einem Teil auf Land und Vieh, zu einem anderen Teil auf gewerbliche Tätigkeit.

Die Zwitterstellung der Gastherberg hat dazu geführt, dass sie manchmal als dritter Meierhof, manchmal als Gut eigener Art betrachtet wird. Der Pächter wird, wenn er allein angesprochen wird, nie Meier genannt (wie die Pächter der beiden Meierhöfe im engeren Sinne), sondern stets Gastmeister. Ist von den Meiern im Plural die Rede, wird er indes häufig mit einbezogen. Die Gastherberg war insofern Meierhof, als dort die Pferde des Klosters gehalten wurden. Der Gastmeister stellt sie für Kurierdienste, die er auch selbst übernimmt, und als Vorspann für Reisekutschen und Lastwagen zur Verfügung. Ferner ist der Gastmeister der privilegierte Metzger des Klosters und später des Ortes.

Die beiden Meierhöfe im engeren Sinne, das Ochsengut und der Reichenbach, teilten sich die Haltung des anderen Viehs: im Reichenbach wurden Kühe und Kälber gehalten und im Ochsengut - der Name läßt es erkennen - Ochsen und Stiere. Alle drei Güter, das unterscheidet sie des weiteren von der Klostermühle, haben umfangreichen Landbesitz, den wir für die Jahre 1651 (Verkauf von Gütern) und 1668 (Lagerbuch) genau kennen. Man darf vermuten, dass er zuvor, namentlich in der Größe, nicht wesentlich abwich. In den Dokumenten ist folgender Grundbesitz nachgewiesen (XXI, XXXV):

  • Zum Reichenbach gehören mit dem riesigen Feldstück (34 Mannsmahd) gleichen Namens, dem Ziegelacker und dem Waldacker 39 Mannsmahd.
  • Das Ochsengut besitzt mit Ochsenwies und Ochsenacker, mit Sandacker und Nötlinstrauf rund 50 Mannsmahd.
  • Der Gastherberg stehen mit Weiherwies, Brandau, Hohe Äcker, Pfistersacker, Breitail- und Langailwies sowie einigen weiteren Feldstücken ungefähr 40 Mannsmahd zur Verfügung.

Der Ursprung der Klostermühle ist nicht ganz klar. Sie scheint keine mit dem Mühlenbann ausgestattete Herrenmühle gewesen zu sein. Der Mühlenbann zwang die Hintersassen, ausschließlich in der Mühle des Herrn mahlen zu lassen. Dieser Bann fehlte der Klostermühle, zumindest in württembergischer Zeit. 1613 berichten Untervogt und Schaffner, dass nur die Einwohner Reichenbachs und zweier Weiler in der Klostermühle mahlen lassen (X). Die größeren Klosterdörfer haben offenbar ihre eigenen Müller. Das ist zu Beginn des 17. Jahrhunderts nachweislich so in Heselbach, Röt und Schwarzenberg (um nur die "Talorte" zu nennen). Die Mühle in Reichenbach könnte also schon mit dem begrenzten Ziel errichtet worden sein, vorrangig das Korn des Klosters zu mahlen, ohne Anspruch auf einen Bann.

Ihrer ganzen Erwerbstätigkeit nach verlangt die Klostermühle wenig Land: sie besitzt mit einer Wiese im Reichenbach, mit Vogelherdt, Schachen und (1668, aber nicht 1651:) Eselacker nur neun Mannsmahd. Die Klostermühle ist gut ausgestattet mit drei sog. Gängen, die gleichzeitig betrieben werden können: zwei Mahlgängen und einem Gerbgang. Mit dem Gerbgang wird der "Spelz" (Dinkel) von seinen Hülsen ("Spelzen") befreit, ehe er wie das übrige Korn gemahlen wird (H. Schilli, 1953, S. 233).

Die erste komplette Übersicht über die Pächter aller vier Klostergüter können wir dem bereits zitierten Bericht von Untervogt und Schaffner aus dem Jahr 1613 entnehmen (X). Aus der Zeit davor gibt es nur bruchstückhafte Informationen:

  • so wissen wir aus der Musterungsliste, dass Jacob Sailler 1598 Klostermüller war (II);
  • als Gastmeister im Jahr 1607 ist Jacob Rechfueß aus Sulz nachweisbar (VII);
  • davor sollen Leopold Möhrlin (1602) und ein Pächter namens Hungerlin (1603) Gastmeister gewesen sein (G. Frey, 1987, S. E19).

Mehr Informationen über die frühen Besitzer der Klostergüter haben wir vorläufig nicht. Aus dem Bericht des Jahres 1613 geht nun folgendes hervor:

  • Der Reichenbach ist seit 1608 in den Händen von Martin Frey, wahrscheinlich aus Heselbach; einer später nachgetragenen Randnotiz können wir entnehmen, dass die Pacht 1614 um sechs weitere Jahre verlängert wird (Faksimile).
  • Das Ochsengut ist seit 1608 vom Schaffner Johannes Neuffer gepachtet, die Pacht wird bis 1620 verlängert (auch dies entnehmen wir der Randnotiz).
  • Die Gastherberg ist seit 1608 auf sechs Jahre an Jacob Guetekunst aus Haiterbach verpachtet; die Pacht wird bis 1620 verlängert (Randnotiz).
  • Die Klostermühle wurde 1610 auf drei Jahre an Jacob Zeiler - er ist ebenfalls aus Haiterbach, lässt sich aber bald in Reichenbach nieder - verpachtet; die Pacht wird 1613 um drei weitere Jahre verlängert.

Jacob Guetekunst, der Pächter der Gastherberg, hat die vereinbarte Pachtzeit bis zum Jahr 1620 offenbar nicht erfüllt. Es kann nämlich keinen Zweifel darüber geben, dass Martin Mast aus Röt im Jahr 1619 als Gastmeister starb (XI). Es muss also zwischen 1614 (aus diesem Jahr mag die Randnotiz stammen) und 1619 zu einem Wechsel im Besitz der Gastherberg gekommen sein; wann genau, wissen wir nicht.

Gut unterrichtet sind wir von den Veränderungen in den Besitzverhältnissen 1620 bis 1622 (XI, XIII):

  • die Gastherberg wird an Hans Mast, Sohn des 1619 verstorbenen Gastmeisters Martin Mast, verpachtet (1620);
  • als Käufer der Klostermühle erscheint zunächst (1621) Jacob Guetekunst aus Haiterbach (1608/1614 Pächter der Gastherberg), ehe sie 1622 an Jacob Zeiler (vielleicht identisch mit dem Pächter 1610/1613) verkauft wird;
  • der Reichenbach wird an Michael Stribich aus Huzenbach verpachtet (1621);
  • als Pächter des Ochsenguts können wir Georg Stribich, Michaels Bruder, aus Schwarzenberg ermitteln (1621).

Für die Zeit bis 1650 haben wir bisher nur Einzelhinweise, eine vollständige Liste fehlt. Die folgenden Veränderungen werden erkennbar:

  • Folgen wir einer Mitteilung H. Rommels (1968), dann ging die Klostermühle zwischen 1622 und 1628, sagen wir um 1625, auf den Schaffner Johannes Neuffer über;
  • 1629, nach der Restitution, ist die Klostermühle wieder verpachtet, und zwar an Jacob Keck (XVIII);
  • im gleichen Jahr finden wir einen neuen Pächter des Reichenbachs: Hans Seidt, wahrscheinlich von den Höfen im Tonbach (XVIII);
  • 1639 heiratet Magdalena, die Witwe Hans Masts, in zweiter Ehe Michel Braun aus Schernbach, der neuer Gastmeister wird (L).

1650 werden alle Güter neu verpachtet (XX), und zwar

  • die Gastherberg an Michel Braun,
  • die Klostermühle an Jacob Keck,
  • der Reichenbach an Michel Berger aus Besenfeld,
  • das Ochsengut an Georg Stribich.

Schon ein Jahr später (1651) werden die Güter verkauft (XXI):

  • die Gastherberg geht an Johannes Volz aus Altensteig, allerdings nur ein knappes Jahr;
  • Käufer der Klostermühle sind Adam Schneller und Michel Krepser aus Freudenstadt;
  • der Reichenbach wird an Georg Muz aus Igelsberg verkauft;
  • das Ochsengut übernimmt Bernhard Klumpp aus Röt.
 
Jahr Gastherberg  Klostermühle Reichenbach Ochsengut
1598   Jacob Sailler    
1602 Leopold Möhrlin      
1603              Hungerlin      
1607 Jacob Rechfueß      
1608/14 Jacob Guetekunst   Martin Frey Johannes Neuffer
1610/13   Jacob Zeiler    
vor 1620 Martin Mast      
1620 Hans Mast      
1621   Jacob Guetekunst Michael Stribich Georg Stribich
1622   Jacob Zeiler    
um 1625   Johannes Neuffer    
1629   Jacob Keck Hans Seidt  
1639 Michel Braun      
1650 Michel Braun Jacob Keck Michel Berger Georg Stribich
1651 Johannes Volz Adam Schneller/Michel Krepser Georg Muz Bernhard Klumpp
1652 ? Michel Braun      
1663 Michel Brauns Wwe      
um 1663     Franz Mast  
1668 Michel Brauns Wwe Michel Krepser Franz Mast Bernhard Klumpp
Tafel 4: Die Besitzer (Pächter, Eigentümer) der vier großen Klostergüter im Überblick
 
Zwischen 1651 und 1668 werden folgende Veränderungen in den Besitzverhältnissen der ehemaligen Klostergüter erkennbar (Details und Belege in den Teilen 4.2 und 4.4):
  • Michel Braun, der langjährige Pächter, wird Eigentümer der Gastherberg, wahrscheinlich 1652;
  • nach seinem Tod, 1663, ist seine Witwe Magdalena Eigentümerin der Gastherberg;
  • um das Jahr 1663 geht der Reichenbach über in den Besitz von Franz Mast, dem Sohn des früheren Gastmeisters Hans Mast.

Das Lagerbuch von 1668 schließlich dokumentiert die folgenden Besitzverhältnisse (XXXV):

  • Gastherberg: Michel Brauns Wwe.,
  • Klostermühle: Michel Krepser,
  • Reichenbach: Franz Mast,
  • Ochsengut: Bernhard Klumpp.

Die Besitzer der Klostergüter zwischen 1595 und 1668 sind auf der Tafel 4 noch einmal zusammen gefasst (wobei wir nur belegte Veränderungen, nicht belegbare Bestätigungen aufführen). In den folgenden vier Abschnitten gehen wir den Besitzverhältnissen im einzelnen nach. An Quellen kommen neben den in diesem Abschnitt bereits genannten (X, XI, XX, XXI, XXXV) insbesondere die Reichenbacher Kirchenbücher (L) in Frage.

2. Die Gastmeister

Über die frühen Besitzer (Pächter) der Gastherberg haben wir nur wenig Informationen:

  • Leopold Möhrlin könnte von den Höfen im Tonbach stammen, wo es früh schon Möhrlins gibt. Um 1600 begegnen uns auf den Höfen Rudolf Möhrlin (F 878) und Matthes Möhrlin, beide nachweisbar 1598 und 1604/07 (II, VI, XLVI). Eine verwandtschaftliche Beziehung zu Leopold Möhrlin wird jedoch nicht erkennbar. Sie muss auch nicht bestehen: denken wir nur an Johann Jacob Mörlin (F 766), der zwischen 1615 und 1625 Pfarrer in Schwarzenberg ist, jedoch nicht aus dem Klosteramt stammt. Das könnte auch auf Leopold Möhrlin zutreffen.
  • Über den Gastmeister Hungerlin wissen wir praktisch nichts. Er scheint nicht aus dem Klosteramt zu stammen, denn sein Name kommt dort um 1600 nicht weiter vor.
  • Jacob Rechfueß wird als Gastmeister bekannt, weil der Schaffner 1607 Klage gegen ihn führt ("wegen Unbotmäßigkeit"). Er stammt aus Sulz, dort ist sein Vater Bürgermeister; Jacobs verstorbener Bruder, Vorname nicht genannt, war "Viehmeister" zu Ebingen (VII).

1608 wird Jacob Guetekunst aus Haiterbach Gastmeister. Wie bereits im Teil 4.1 erörtert, erfüllt Jacob Guetekunst die 1614 auf weitere sechs Jahre verlängerte Pachtzeit nicht, denn Martin Mast stirbt 1619 als Gastmeister, muss also zuvor in den Besitz der Gastherberg gelangt sein. Jacob Guetekunst begegnet uns 1621 noch einmal als Kaufinteressent, vielleicht auch als Käufer und kurzfristiger Eigentümer der Klostermühle, ehe sie 1622 an Jacob Zeiler verkauft wird (Teil 4.3).

Nun zu Martin Mast (†1619, F 688), der ohne Zweifel vor seinem Tod Gastmeister war (XI); wie lange vorher, wissen wir nicht. Im Bürgerbuch von Röt finden wir 1610 (Faksimile) als erste Person eingetragen „Marten Mast Schultheiß". Diese Eintragung wurde später vollständig gestrichen und durch "Marten Mast Gastmeister" ersetzt (VIII). Aus der vollständigen Ersetzung der einen Zeile durch die andere könnte man schließen, dass es sich um zwei Personen handelt: wäre es nur eine Person, hätte man nicht den ganzen Namen streichen, sondern nur das Amt "Schultheiß" durch die neue Funktion "Gastmeister" ersetzen müssen. Andererseits hat der spätere Gastmeister Martin Mast 1610, bei der Aufstellung des Bürgerbuchs, zweifellos ein Alter erreicht, das einen Ersteintrag ins Bürgerbuch erwarten lässt. Bei der Nennung des Gastmeisters Martin Mast im Bürgerbuch von Röt handelt es sich jedoch um einen Nachtrag, deutlich erkennbar von anderer Hand und zwischen zwei Zeilen eingeschoben. Sonst finden wir im Bürgerbuch keinen Ersteintrag von Martin Mast. 1619 huldigt ein "Jung Martin Mast", der 1625/26 auch Schütze in Röt ist und dort um 1635 zwei Hofgüter besitzt (XLIII, XLVII). Dieser jüngere Martin Mast gehört der nächsten Generation an und ist vielleicht ein Sohn des Gastmeisters, mit diesem aber auf keinen Fall identisch.

Mit Gewissheit ein Sohn des Gastmeisters ist Hans Mast, dessen Vorname im Bürgerbuch den seines Vaters ersetzt. Wie wir wissen, folgt Hans Mast tatsächlich seinem Vater als Gastmeister nach. Er huldigt in Röt 1617, ist also 1599 oder etwas früher geboren. Damit können wir das Geburtsjahr seines Vaters grob erschließen: es muss in der Zeit um 1570 liegen. Sollten wir nun zwei ältere Martin Masts haben - der eine Bürgermeister, der andere Gastmeister - müssen beide in den Dokumenten der Zeit um 1600 auftauchen. Dies gilt es nun zu überprüfen:

  • In der Musterungsliste des Jahres 1598 (II) finden wir in allen Klosterdörfern nur einen Martin Mast: er ist Schütze in Röt und mit einer Hakenbüchse bewaffnet, was auf einen mittleren Besitz schließen lässt.
  • Im Schätzungsregister des Jahres 1604 (VI) finden wir ebenfalls nur einen Martin Mast: er besitzt in Röt ein Gut mittlerer Größe im Wert von 750 fl. und ist bereits Schultheiß.
  • Auch im Steuerbuch des Jahres 1612 (IX) begegnet uns nur ein Martin Mast: er ist Schultheiß in Röt.

Damit verdichten sich die Hinweise, dass wir es nur mit einer Person zu tun haben. Überprüft man noch vorsichtshalber die Schützenliste des Jahres 1588 (I), in der ein vielleicht älterer Martin Mast auftauchen könnte, dann wird man auch dort nicht fündig: es gibt zu der Zeit überhaupt keinen Martin Mast in den Klosterdörfern, d.h. der spätere Gastmeister hat das Schützenalter offenbar noch nicht erreicht. Wir finden 1588 übrigens überhaupt nur einen Schützen namens Mast: es ist Benedict Mast aus Huzenbach. Von dort könnte dann auch Martin Mast stammen; er ist vielleicht - doch dies ist reichlich spekulativ - ein jüngerer Bruder von Benedict Mast.

Wenn wir um 1610 tatsächlich nur einen Martin Mast in Röt haben, wie erklärt sich dann die Streichung des gesamten Namens? Auf diese Frage gibt es vielleicht zwei Antworten: die Streichung könnte versehentlich passiert und gleich wieder korrigiert worden sein; oder: die Streichung könnte erfolgt sein, weil der Schreiber fälschlicherweise annahm, Martin Mast würde Bürger von Reichenbach werden. Anlass der Streichung wäre in beiden Fällen die Übernahme des Gastguts in Reichenbach durch Martin Mast. Da dies allerfrühestens 1614 geschah, haben wir im Bürgerbuch einen Ersteintrag 1610, der später korrigiert werden musste.

Fassen wir nun unsere Erkenntnisse über Martin Mast zusammen:

  • er ist um 1570 geboren, vielleicht in Huzenbach (dann vielleicht ein jüngerer Bruder von Benedict Mast – F 130);
  • er ist 1598 einfacher Schütze in Röt;
  • spätestens 1604 ist er Schultheiß in Röt;
  • er ist 1612 noch Schultheiß;
  • frühestens 1614, wahrscheinlich später wird er Gastmeister in Reichenbach;
  • er stirbt 1619 als Gastmeister.

Aus den Inventuren und Teilungen wissen wir, dass Martin Mast mit Martha Brickel, wahrscheinlich ebenfalls aus Huzenbach, (XLVIII, Schwarzenberg, 31.5.1659) verheiratet war. Von den Kindern des Ehepaares finden wir später drei, vielleicht vier in Reichenbach:

  • Brigitta heiratet 1638 Melchior Schreiber (F 930) in Reichenbach (Teil 3.4);
  • Hans (F 203) huldigt 1617, 1620 - 1638 Gastmeister;
  • Philipp (F 29), später Küfer in Reichenbach (Teil 3.4);
  • Conrad (F 349) hält sich vielleicht um 1643 in Reichenbach auf (Teil 3.3).

Nach dem Tod des Vaters (1619) gelingt es dem jungen Hans Mast (†1638, F 203), die Nachfolge als Gastmeister anzutreten. Er pachtet das Gut 1620 gegen einen Jahreszins von 68 fl. (XI), der nur wenig über dem Zins von 64 fl. liegt, den Jacob Guetekunst 1614 entrichten musste (X). Aus Hans Masts Huldigung 1617 in Röt (VIII) kann man schließen, dass er spätestens 1599 geboren ist. Wäre er genau in diesem Jahr geboren, dann wäre er mit nur 21 Jahren und vielleicht noch unverheiratet Gastmeister geworden. Das ist zwar nicht auszuschließen, aber insgesamt doch ungewöhnlich. Ein früheres Geburtsjahr als 1599 erscheint wahrscheinlich. (Die verspätete Huldigung nach dem 18. Lebensjahr ist nicht selten, weil die nachgewachsenen Söhne oft abwesend sind, meist in Diensten fremder Bauern, gelegentlich wohl auch Handwerkern.)

Hans Mast muss zweimal verheiratet gewesen sein. Auf seine erste Frau, sie heißt Christina, gibt es allerdings nur einen einzigen Hinweis: sie stiftet 10 fl. für das Sondersiechenhaus. Sie tut dies übrigens als Frau des "gewesenen" Gastmeisters; weil sie vor ihrem Mann starb, deutet die Formulierung darauf hin, dass die Aufzeichnungen über Stiftungen, die wir im ersten Kirchenbuch von Reichenbach finden (L), nach dem Tod des Gastmeisters gemacht worden sind (sehr wahrscheinlich erst 1691 durch den Pfarrer Johann Jakob Grammer).

Über die zweite Frau des Hans Mast wissen wir einiges mehr: Magdalena Frey (1604 - 1683) stammt aus Schwarzenberg, wo ihr Stiefvater Peter Mast (F 60), wie auch schon ihr verstorbener Vater Georg Frey (†1611, F 58), Schultheiß ist. Das Jahr ihrer Eheschließung mit Hans Mast ist nicht bekannt. Sie ist aber zweifellos die Mutter der Zwillinge Franz und Anna Magdalena, die im Oktober 1636 geboren sind. Davor, wahrscheinlich noch vor 1635 - denn die Ehe ist im Ehebuch nicht verzeichnet - muss ihre Hochzeit gewesen sein.

Weil wir weder das Todesjahr der ersten Frau des Hans Mast noch das Jahr seiner zweiten Eheschließung noch die Geburtsjahre der drei älteren bekannten Söhne des Hans Mast kennen (wahrscheinlich alle vor 1635, denn das Taufbuch verzeichnet sie nicht), wissen wir auch nicht, wer die Mutter der älteren Söhne ist. Es sind dies (AS 62 zu F 203) Hans Peter, Martin und Conrad. Die ersten beiden sind als Metzger tätig, die Tochter Anna Magdalena ist mit einem Metzger verheiratet - wohl eine Folge des Umstandes, dass der Gastmeister, wie wir gesehen haben, zugleich auch den Beruf des Metzgers ausübte.

Die Gastherberg ist wohl durchgängig bis 1638 in Händen von Hans Mast geblieben. Nach seinem Tod übernimmt ab 1639 der neue Mann der Witwe, Michel Braun, die Gastmeisterei; er bleibt, mit einer kurzen Unterbrechung (1651/52), ebenfalls bis zu seinem Tod (1663) im Besitz der Gastherberg, nach 1652 als Eigentümer. Michel Braun (1609 - 1663, F 119) stammt aus Schernbach, wo sein Vater, Michel Braun sen. (F 781), zuletzt (um 1635, XLVII) Schultheiß ist. Dieser stirbt vor 1639, denn bei der Eheschließung des Sohnes ist er "seelig". Michel Braun scheint 1640 noch nicht Bürger von Reichenbach zu sein, wohl aber schon Gastmeister (L): bei der Geburt des ersten Sohnes, Johannes Michael, im Juni 1640 ist der Heimatort ("patria") der Eltern "Schernbach et Reichenbach", beide sind aber "hospes" (Gastgeber). Ab 1641 ist Michel Braun wohl auch Bürger von Reichenbach.

Nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges gelingt es Michel Braun zunächst, die Gastherberg erneut zu pachten (XX). Der Pachtzins ist gegenüber 1620 um 8 fl. auf 60 fl. ermäßigt - gewiss ein Zeichen der wirtschaftlichen Not jener Zeit. Als es aber 1651 zum Verkauf der Gastmeisterei kommt, zieht die herzogliche Kanzlei Johannes Volz aus Altensteig als Käufer vor. Wie wir im Teil 2.1 gesehen haben, wurde Michel Braun der fortdauernden Konspiration mit den Konventualen verdächtigt. Durch "Ratifikations-Decret" vom März 1651, 1668 auch in das Lagerbuch aufgenommen (XXXV, S. 194 ff.), soll die Gastherberg an Johannes Volz um 1400 fl. verkauft werden; auch ein "Revers" des Johannes Volz liegt vor (XXI). Die Gastherberg muss auch vorübergehend in seinen Besitz gekommen sein, denn Magdalena Braun, Michels Frau, ist im Juni 1651 als Patin "die alte Gastmeisterin".

Was danach im einzelnen geschehen ist, wissen wir nicht; wir kennen nur das Ergebnis (L): schon am 7. April 1652 ist Magdalena als Patin wieder "die Gastmeisterin" und am 11. April Michel Braun "der Gastmeister hier". 1668, im Lagerbuch, ist Magdalena als "Michel Brauns Wwe." zweifellos Eigentümerin der Gastherberg. Weil Michel Braun im Taufbuch noch Ende Dezember 1651 "der alt Gastmeister" ist, muss das Gastgut zwischen Januar und März 1652 wieder in den Besitz von Michel Braun gelangt sein, sehr wahrscheinlich durch Kauf. Als Verkäufer kommen in Frage Johannes Volz, der das Gastgut rasch wieder veräußert haben könnte, oder erneut der Herzog, falls Johannes Volz, vielleicht wegen Zahlungsschwierigkeiten, vom Kauf zurücktreten musste. In beiden Fällen muss Michel Braun wohl auch vom Verdacht der Konspiration entlastet worden sein. Theoretisch denkbar, obwohl weniger wahrscheinlich, wäre auch, dass das Ehepaar Braun das Gastgut zunächst von Johannes Volz pachtete und erst später, aber jedenfalls vor 1668, kaufte.

Michel Braun stirbt 1663. In diesem Jahr ist Hans Bernhard Klumpp (1645 - 1724, F 3), der Sohn des Ochsenmeiers Bernhard Klumpp, 18 Jahre alt. Er wird später die um 41 Jahre ältere Witwe Michel Brauns heiraten - nur: wann das war, wissen wir nicht. Gegen eine frühe Heirat spricht die Jugendlichkeit des künftigen Ehemannes; für eine frühe Heirat spricht die Notwendigkeit eines "Mannes im Haus", die bei Gütern von der Größe und Bedeutung der Gastherberg beinahe zwingend war. Man kann demnach eine frühe Heirat, um das Jahr 1666, nicht ausschließen. Auffallend ist jedoch, dass im Lagerbuch 1668 nicht Hans Bernhard Klumpp als Eigentümer der Gastherberg (und anderer Immobilien) aufgeführt ist, sondern durchweg "Michel Braunen Gastmeisters seel. wittib Magdalena". Diese Formulierung legt eine bereits erfolgte Wiederverheiratung der Witwe nicht eben nahe.

Es gibt, soweit ich sehe, eine einzige Stelle im Lagerbuch von 1668, wo der Name von Hans Bernhard Klumpp auftaucht (von einem sehr viel späteren Nachtrag auf S. 250 f. abgesehen). Es ist die Stelle im Abschnitt "Frohn-Schuldigkeit" des Lagerbuchs, mit der die Besitzer von Hofgütern verpflichtet werden, den Klosterwein von Oppenau heranzufahren. Zu dieser Frohn sind auch verpflichtet "die drey Mayer allhier zue Reichenbach, benanntlich Alt Bernhart Klumpp, Michel Braunen Gastmeisters seel. Ehe Nachkom Hans Bernhart Klumpp, und Frantz Mast" (XXXV, S. 131). Aus dem Umstand, dass Hans Bernhard Klumpp nur an dieser Stelle als Nachfolger von Michel Braun genannt wird, sonst aber immer die Witwe, kann man vielleicht schließen, dass die Hochzeit zwischen den beiden in die Zeit kurz vor Abschluss des Lagerbuchs fiel. Der Reichenbacher Teil des Lagerbuchs datiert vom 26. November 1668.


3. Die Müller des Klosters

Der früheste Hinweis auf einen Besitzer der Klostermühle kommt, wie wir bereits gesehen haben, aus der Musterungsliste von 1598: dort wird Jacob Sailler als Müller namhaft gemacht. Den nächsten Hinweis finden wir in dem schon mehrfach zitierten Bericht von Untervogt und Schaffner aus dem Jahr 1613, demzufolge Jacob Zeiler 1610 und 1613 Pächter der Klostermühle ist. Aus dem Bericht geht auch hervor, warum Jacob Zeiler zugleich das Amt des "Kellers und Kastenknechts" wahrnimmt (Teil 3.1):

Offenbar hatte die Kanzlei in Stuttgart auf einen höheren Pachtzins für die Klostermühle gedrungen. Der Schaffner macht aber geltend, dass nur die (wenigen) Einwohner Reichenbachs und zweier Weiler in der Mühle mahlen lassen - dafür reiche der Winter aus. Nachdem der Schaffner so hat durchblicken lassen, dass der Müller mehr Zeit als Geld hat, stellt er seine Lösung des Problems vor: Statt den Pachtzins von 61 fl. zu erhöhen, hat er den Müller verpflichtet, ohne zusätzliche Besoldung das Amt des "Kellers und Kastenknechts" wahrzunehmen (X).

Die Spekulation liegt nahe, dass der Müller Jacob Sailler des Jahres 1598 identisch sein könnte mit dem Müller Jacob Zeiler des Jahres 1610; Belege, die letzte Zweifel ausräumen, fehlen indes. Aus dem Bericht des Jahres 1613 wissen wir nur, dass Jacob Zeiler aus Haiterbach stammt. In diesem Jahr ist er aber wahrscheinlich schon Bürger in Reichenbach: die undatierte Nennung seines Namens im Bürgerbuch stammt zwar nicht aus dem Jahr 1610, muss aber bald danach erfolgt sein. Dem Bürgerbuch können wir zudem entnehmen, dass "Jung Jacob Zeiler" 1619 und Lambert Zeiler um 1621 huldigen; beide sind wahrscheinlich Söhne des Jacob Zeiler sen. Alle drei Zeilers sind im Bürgerbuch gestrichen, also um 1630 nicht mehr in Reichenbach (VIII).

Als die herzogliche Kanzlei sich um 1620 bemüht, die Klostermühle zu verkaufen, kommt Jacob Zeiler zunächst nicht zum Zug. Mit herzoglichem Reskript vom 27. August 1621 wird der Verkauf der Mühle an Jacob Guetekunst aus Haiterbach angeordnet (XXXIV). Der Kaufpreis soll 1500 fl. betragen, von denen der Käufer 1000 fl. anzahlen und den Rest in fünf Jahresraten zu 100 fl. begleichen soll. Jacob Guetekunst ist sehr wahrscheinlich identisch mit dem Pächter der Gastherberg 1608 und 1614, der offenbar vor Ablauf der Pachtfrist das Gut wieder aufgibt (und so Martin Mast zum Besitz des Gastguts verhilft). Auch diesmal scheint Jacob Guetekunst wenig Erfolg zu haben: vielleicht ist es zum Verkauf der Klostermühle an ihn gar nicht mehr gekommen, denn schon am 28. Januar 1622, also fünf Monate nach dem Reskript, wird die Klostermühle an Jacob Zeiler verkauft (XIII) - wobei wir übrigens nicht wissen, ob der Vater oder der Sohn gemeint ist. Der Käufer bezahlt die ganze Summe von 1500 fl. in bar. Ob er sich anderweitig verschuldet, ist nicht erkennbar, aber wahrscheinlich, denn offenbar kann er den Besitz nicht halten.

H. Rommel berichtet (1968), dass der Klosterschaffner Johannes Neuffer (F 2020) vor 1628 die Klostermühle übernimmt und zwar wegen Zahlungsunfähigkeit des Müllers, der Schulden bei ihm hatte. Möglicherweise war es ein Kredit des Schaffners, der Jacob Zeiler den Kauf der Mühle 1622 gestattete. Auch der Schaffner kann jedoch mit der Mühle nicht glücklich geworden sein, denn 1629 verliert er sie offenbar, vielleicht gegen Entschädigung, an die zurückgekehrten Mönche.

Wir schließen dies daraus, dass die Konventualen die Mühle 1629 wieder verpachten (XVIII), was zweifellos die Verfügungsgewalt über das Gut voraussetzt. Der neue Pächter ist Jacob Keck (F 2143). Es ist nicht bekannt, woher er stammt. Er könnte verwandt sein mit dem Bäcker Hans Keck (Teil 3.4), dessen Herkunft wir indes ebenso wenig kennen. Jacob Keck ist verheiratet mit Barbara Mörlin, die vielleicht von den Höfen im Tonbach stammt (Teil 4.2); die Ehe bleibt offenbar kinderlos, jedenfalls finden wir die beiden Eheleute im Taufbuch von Reichenbach nicht als Eltern, sondern nur als Paten. Doch genügt dies, um ihre Anwesenheit oder Abwesenheit in Reichenbach zu dokumentieren.

G. Frey hat anhand des Taufbuchs von Baiersbronn ermittelt (Anm. zu F 2143), dass Barbara Mörlin 1632 Patin in Baiersbronn ist, jedoch in Reichenbach sitzt. Das stimmt mit der Information überein, dass Jacob Keck 1629 Müller in Reichenbach ist. Zwischen 1633 und 1638 haben wir eine nicht dokumentierte Lücke, 1639 jedoch ist der Müller Jacob Keck Taufpate in Reichenbach mit dem Wohnsitz eben dort. 1640 und 1641 aber scheint das Ehepaar in Baiersbronn zu leben, denn Barbara Mörlin ist, folgt man dem Taufbuch von Reichenbach, zwar Patin dort, jedoch wohnhaft in Baiersbronn. Weil die Jahre 1642 - 1645 wieder undokumentiert sind, könnte sich die Abwesenheit des Ehepaars Keck-Mörlin von Reichenbach auch über mehrere Jahre ausgedehnt haben.

Erst 1646 und dann wieder 1648 wird Jacob Keck im Reichenbacher Taufbuch als Bürger und Müller des Ortes nachweisbar. 1650 tritt er noch einmal als Pächter in Erscheinung (XX), kann aber 1651 die Mühle nicht kaufen. Danach endet abrupt die Spur von Jacob Keck und seiner Frau. Der Hans Jacob Keck (1645 - 1720, F 604), der 1665 und 1668 Schütze in Reichenbach ist (XLV), ist ein Sohn des Bäckers Hans Keck und mit dem Müller nicht identisch.

Die Käufer der Klostermühle 1651 sind der Bäcker Adam Schneller und sein Schwager, der Müller Michel Krepser, beide aus Freudenstadt (XXI). Adam Schneller (1606 - 1675, nach G. Frey) erscheint als der ältere: er heiratet erstmals 1633, eine Witwe (Helene, verw. Lauterbeck). Es ist nicht wahrscheinlich, dass Helene eine Schwester von Michel Krepser ist. Dieser heiratet erstmals um 1650 und zwar Brigitta, deren Nachname nicht belegt ist. Wenn aber Adam Schneller und Michel Krepser 1651 verschwägert sind, und Helene als Michel Krepsers Schwester kaum in Frage kommt, dann muss Brigitta die Schwester Adam Schnellers sein.

Adam Schneller, der Bäcker, bleibt offenbar Bürger von Freudenstadt; jedenfalls ist er in Reichenbach nicht belegt. Anders Michel Krepser (F 770), der Müller und Betreiber der Klostermühle: wir finden ihn und seine Familie ab 1651 in den Kirchenbüchern von Reichenbach (L), 1655 bis 1658 ist er Reichenbacher Schütze (XLIV). Der Umzug Michel Krepsers nach Reichenbach muss schon früh erfolgt sein, denn seine Tochter Maria Jacobina ist im August 1651 in Reichenbach geboren. Die erste Ehefrau, Brigitta, stirbt schon 1653 im Alter von 26 Jahren. Michel Krepser heiratet 1654 in zweiter Ehe Anna Zifferin (oder Ziflerin?) aus Heselbach. Es ist nach 1639 (Heinrich Iltis) und 1644 (Jerg Widt) bereits ihre dritte Ehe. Sie könnte älter sein als ihr dritter Mann. Wie es scheint, geht aus dieser Ehe auch nur ein Kind hervor, das wenige Tage nach der Geburt stirbt (1655).

Der Kaufpreis der Klostermühle im Jahr 1651 liegt mit 1350 fl. unter dem Kaufpreis von 1500 fl. der Jahre 1621/22. Dieser Preisnachlass ist wohl Ausdruck der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Menschen nach dem langen Krieg, vielleicht auch Ausdruck eines nicht ganz intakten Zustands der Klostermühle. Gemeinsame Käufer und zunächst auch gemeinsame Eigentümer der Mühle sind unzweifelhaft die beiden Schwäger Schneller/Krepser. Aber 1668, im Lagerbuch, ist Michel Krepser alleiniger Besitzer. Er muss demnach seinen Schwager, der 1668 noch lebt, ausbezahlt haben. Dies ist insofern plausibel, als Michel Krepser Müller ist und in Reichenbach lebt, während Adam Schneller Bäcker in Freudenstadt ist.

Im Bericht des Schaffners über Zu- und Abgänge in den Jahren 1652 und 1653 findet sich auch die folgende Notiz: "Michel Krepser Ein Miller hatt des Closters Mahlmühlen alhie erkaufft, und damit das Purgrecht erlangt" (XXXVII). Diese Mitteilung erscheint insofern etwas ungenau, als Michel Krepser nachweislich seit 1651 sowohl Mitbesitzer der Mühle als auch Einwohner (aber vielleicht noch nicht Bürger, sondern Beisitzer) von Reichenbach ist. Die Notiz könnte man dann so deuten, dass Michel Krepser schon bald, spätestens Ende 1653 (der Bericht des Schaffners datiert vom März 1654) alleiniger Besitzer der Mühle und Vollbürger in Reichenbach wird. Vielleicht trägt der Tod (1653) von Brigitta, der ersten Frau von Michel Krepser, die sehr wahrscheinlich eine Schwester Adam Schnellers ist, zur Veränderung der Besitzverhältnisse bei.

Über das weitere Schicksal Michel Krepsers wissen wir nichts. Vielleicht ist er im Laufe des Jahres 1668 gestorben, denn die Klostermühle muss noch in diesem Jahr in andere Hände gekommen sein: in den Schützenlisten der Jahre 1668 bis 1670/71 (XLV) finden wir als neuen "Bestandmüller" Josef Holzwarth. Von ihm kennen wir vorläufig nur den Namen; wir wissen nicht, woher er kam und wohin er ging, noch auf welche Weise er in den Besitz der Mühle kam. Er ist indes nur kurze Zeit Besitzer, denn schon 1671 scheint sich ein neuer Wechsel anzubahnen: in der Schützenliste 1670/71 ist Josef Holzwarth wieder gestrichen. Zuvor hat man seinem Namen den Vermerk "jetziger" Bestandmüller hinzugefügt (Faksimile) - wohl ein Anzeichen dafür, dass sein Nachfolger schon feststand. Es ist Johann Jacob Haist (1641 - 1704, F 154 A), der spätestens 1671 Anna Maria Krepser (+ 1686), die Tochter des alten Müllers, geheiratet hat. Er gehört jedoch nicht mehr der von uns betrachteten Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde an (mehr darüber in meiner Studie "Die wechselnden Besitzverhältnisse über die Klostermühle zu Reichenbach 1595 - 1671").


4. Die Besitzer des Reichenbachs

Der Reichenbach ist seit 1608 in Händen von Martin Frey. Er stammt wahrscheinlich aus Heselbach - wenn er identisch ist mit dem Martin Frey, der 1613 zusammen mit Enderis Iltis Harzrechte in den "Harzwäldt" bei Reichenbach und Heselbach erwirbt (X). Tatsächlich finden wir neben Enderis Iltis auch Martin Frey sowohl 1610 im Bürgerbuch (VIII) von Heselbach als auch 1612 im Steuerbuch (IX). Gehen wir weiter zurück, dann ist Martin Frey als Heselbacher Bürger nachweisbar im Schätzungsregister des Jahres 1604 - allerdings ohne Besitz: "hat lediglich nichts" (VI). Dieser Tatbestand lässt es als fraglich erscheinen, dass eine Identität besteht zu dem Martin Frey, der 1598 als Heselbacher Schütze aufgeführt ist und mit einer Hakenbüchse bewaffnet ist (II) - eine Bewaffnung, die Ausdruck eines Besitzes mittlerer Größe ist (Schützen mit geringem oder ohne Besitz stellen gewöhnlich eine Hellebarde). Vielleicht begegnen uns 1598 und 1604 zwei Generationen, vielleicht Vater und Sohn.

Nach Ablauf der Pachtzeit, 1620, versucht die herzogliche Kanzlei, die beiden Meiereigüter, den Reichenbach und das Ochsengut, ebenso wie die Klostermühle, zu verkaufen. Dies gelingt offenbar nicht, denn 1621 werden beide Höfe neu verliehen und zwar gegen Höchstgebot (XI). Verleihung gegen Höchstgebot hieß, dass unter Zeugen solange geboten werden konnte, wie eine Kerze brannte. Wer vor dem Verlöschen der Kerze das letzte Gebot abgegeben hatte, erhielt den Zuschlag (Faksimile). Diese Methode der Ermittlung des Höchstgebots war, wie A. Bischoff-Luithlen (1980, S. 53) ermittelt hat, in früherer Zeit nicht ungewöhnlich.

Gegen den Reichenbach haben geboten:

  • Conrad Frey, wahrscheinlich der Schultheiß zu Röt (er ist als solcher Zeuge bei der Verleihung des Ochsenguts);
  • Hans Girrbach aus Heselbach: er ist wahrscheinlich nicht der F 339, der um 1620 huldigt, sondern der ältere Hans Girrbach aus Heselbach, der seit 1598 belegt ist (vielleicht der Vater);
  • Michael Stribich (F 592) aus Huzenbach.

Martin Frey, der Pächter zuvor, ist demnach nicht unter den Bietern.

Als Zeugen ("Richter") treten auf:

  • Matthäus Plöchlin, Schultheiß zu Igelsberg;
  • Gregorius Girrbach, Schultheiß zu Heselbach;
  • Conrad Morlockh, Wald- und Forstknecht (wahrscheinlich F 51 von den Höfen im Tonbach);
  • Hans Iltis (F 25) von Heselbach;
  • Hans Mutz von Igelsberg;
  • Hans Mast (F 203), der junge Gastmeister, der - als einziger des Schreibens kundig - für alle unterschreibt.

Den Zuschlag über den Reichenbach erhält schließlich Michael Stribich; der Pachtzins steigt kräftig an: von 69 fl. (1608 und 1614) auf nunmehr 89 fl. - sicherlich ein in Stuttgart erwünschtes Ergebnis des Zuschlagverfahrens gegen Höchstgebot.

Michael Stribich (F 592) ist ein Schwager des Gastmeisters Hans Mast: er hat 1616 dessen Schwester Anna geheiratet. Michael Stribich stammt aus Huzenbach, sein Vater war Friedrich (Fridt) Stribich (F 419, †1616), der Besitzer des Oberen Friedersbauernhofs. Michael Stribich scheint den väterlichen Hof übernommen zu haben: er tritt im Bürgerbuch von Huzenbach an die Stelle des Vaters (VIII). 1625/26, in der Schützenliste (XLIII), ist Michael Stribich noch Meier in Reichenbach, 1629 jedoch nicht mehr (XVIII); nach 1630 schließlich finden wir keine Lebenszeichen mehr von ihm und seiner Frau. Von den fünf Kindern des Ehepaars, die zwischen 1617 und 1627 geboren sind, wird später nur noch eines nachweisbar: die Tochter Magdalena, die 1652 den Taglöhner Andreas Mast (F 473) heiratet. Um 1635 ist der Obere Friedersbauernhof in Huzenbach offenbar herrenlos: im Schätzungsregister (XLVII) erscheint er als "Fridt Stribichs guot", der Vater ist aber längst tot. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass Michael Stribich zwischen 1630 und 1635 starb.

Auf Michael Stribich, der letztmals 1625/26 als Meier bezeugt ist (XLIII), folgt 1629 Hans Seidt (XVIII): er ist in diesem Jahr der "obere Maier" (wie im Teil 2.2 berichtet, wird der Reichenbach manchmal auch das "obere Viehhaus" genannt).

Hans Seidt (1563 - 1639) ist wahrscheinlich der F 166 von den Höfen im Tonbach. Dort ist er relativ gut nachweisbar:

  • 1598 ist er als "einfacher Schütze" mit einer Hakenbüchse bewaffnet (II) - Ausdruck eines Besitzes mittlerer Größe;
  • im Schätzungsregister des Jahres 1604 hat er "ein Viertel ann einem Hof", das Gesamtvermögen beträgt 911 fl. (VI);
  • um 1608 nimmt er an Fronfuhren zum Ausbau der Ringmauer teil (XXIII);
  • 1610 begegnen wir ihm als Bürger der Höfe im Tonbach (VIII);
  • 1612 finden wir Hans Seidt im Steuerbuch unter den besitzenden Bürgern auf den Höfen im Tonbach (IX);
  • 1621 bietet er erfolglos gegen das Ochsengut in Reichenbach (Teil 4.5);
  • 1625 ist er mit 62 Jahren noch Schütze auf den Höfen im Tonbach,
  • 1626 aber gestrichen mit folgender Randnotiz (XLIII): "ist von der gesellschaft erlassen doch dargegen sein Sohn Georg Seidt angenomen und ihme seines Vaters Musterung auferlegt worden" (der Sohn ist F 171);
  • 1629 ist Hans Seidt, wie bereits belegt, als der "obere Maier" Pächter des Reichenbachs, sitzt aber wohl weiter auf den Höfen;
  • um 1635 hat er dort ein geschätztes Vermögen von 1100 fl. (XLVII), das entspricht in etwa dem Vermögen von 1604;
  • Hans Seidt stirbt im Februar 1639 (L) auf den Höfen im Tonbach.
  • Den Nachfolger von Hans Seidt als oberen Meier kennen wir bislang nicht. Namentlich finden wir in den Reichenbacher Kirchenbüchern, die den Gastmeister, den Müller und den Meier Georg Stribich (Ochsengut) oder ihre Frauen häufig erwähnen, keine Hinweise auf einen zweiten Meier, den Pächter des Reichenbachs: Meier ist immer nur Georg Stribich. Das muss nun nicht bedeuten, dass es keinen zweiten Meier gab: wenn dieser außerhalb der Reichenbacher Kirchengemeinde wohnt, die von 1635 bis 1648 die Schwarzenberger Kirche mit umfasst, ist nicht zwingend zu erwarten, dass er in den Kirchenbüchern Reichenbachs auftaucht. Der erste Pächter des Reichenbachs, der uns nach dem Dreißigjährigen Krieg begegnet, nämlich Michel Berger aus Besenfeld, ist dafür ein Beispiel: Besenfeld gehört nicht zur Reichenbacher Kirche. Michel Berger konnte daher schon vor 1650 Meier des Reichenbachs gewesen sein, ohne Spuren in den Reichenbacher Büchern zu hinterlassen. Dafür gibt es sogar ein kleines Indiz: die übrigen drei Personen, die 1650 letztmals als Pächter der Klostergüter auftreten - Michel Braun, Jacob Keck und Georg Stribich - sind alle nachweislich schon zuvor im Besitz ihrer Güter.

    Nun ist Michel Berger (1618 - 1694, F 1272) 1650 noch sehr jung und gerade erst verheiratet; da mag er zwar schon einige Jahre zuvor in den Besitz des Reichenbachs gekommen sein, es erscheint jedoch ausgeschlossen, dass er schon nach dem Tod von Hans Seidt im Jahr 1639 Meier wurde. Sehr wahrscheinlich fehlt uns also ein Pächter des Reichenbachs zwischen Hans Seidt und Michel Berger.

    Michel Berger heiratet 1650 Genoveva Weißenmantel aus Röt, die wahrscheinlich eine Tochter des Hans Weißenmantel ist, der 1631 das Häuslein "auf der gruob" pachtet (Teil 3.3). Obwohl Michel Berger 1651 nicht Käufer des Reichenbachs wird, die Verfügung über das Gut also verliert, bleibt er mindestens bis Februar 1652 - Geburt seiner Tochter Anna Madlena - in Reichenbach, vielleicht in Diensten des neuen Eigentümers. Nach 1652 wird Michel Berger in Besenfeld, dem Ort seiner Herkunft, nachweisbar.

    Käufer des Reichenbachs, den er um 1250 fl. erwirbt (XXI), ist Georg Muz (1610 - 1680, F 284) aus Igelsberg. Dort muss er, wie schon sein Vater (F 286 A), auch Schultheiß gewesen sein, er stirbt jedenfalls als "gewesener Schultheiß". Georg Muz ist seit 1637 verheiratet mit Agatha Seidt, einer Tochter von Hans Seidt, dem früheren Pächter des Reichenbachs.

    Es ist bisher nicht erkennbar, wann der Reichenbach von Georg Muz auf Franz Mast überging, der 1668 unzweifelhaft Eigentümer des Gutes ist. Franz Mast (1636 - 1714, F 90) ist - zusammen mit seiner Zwillingsschwester Anna Magdalena - das letzte Kind des Gastmeisters Hans Mast (†1638, F 203). Er stammt also aus Reichenbach, wo er auch 1655 bis 1658 sowie 1665 und 1668 Schütze ist (XLIV, XLV). Er heiratet 1661 Catharina Frey (1637 - 1711) aus Röt, wo das Ehepaar vorübergehend wohnt, denn das erste Kind Johannes ist im August 1662 in Röt geboren. Erst beim zweiten Kind, Anna Maria, geboren im Juni 1663, ist dann in der Spalte "patria" des Taufbuchs (L) Reichenbach vermerkt. Damit wird wahrscheinlich, dass Franz Mast um das Jahr 1663 (und wohl nicht vor 1661, also vor seiner Hochzeit) den Reichenbach erwarb.


    5. Die Besitzer des Ochsenguts

    Der erste Besitzer des Ochsenguts, den wir in württembergischer Zeit namhaft machen können, ist der Klosterschaffner Johannes Neuffer. Er pachtet das Gut 1608 und dann noch einmal 1614 um 80 fl. Orientiert man sich am Pachtzins, dann scheint das Ochsengut das einträglichste der vier Klostergüter gewesen zu sein. Die Vergaben 1613/14 eignen sich gut zu einem Vergleich (X); danach betrug der Pachtzins

    • der Klostermühle 61 fl.,
    • der Gastherberg 64 fl.,
    • des Reichenbachs 69 fl.,
    • des Ochsenguts 80 fl..

    Wie beim Reichenbach ließ sich auch beim Ochsengut die Absicht der Stuttgarter Kanzlei, das Gut zu verkaufen, nicht realisieren. Also kam es auch beim Ochsengut zu einer neuen Verpachtung, und zwar ebenfalls gegen Höchstgebot (XI). Zuvor wurde die Bitte des Schaffners, das Gut weiter als Pächter nutzen zu dürfen, abgelehnt. Die Frage, ob er hätte mitbieten können, mag dahin gestellt sein, tatsächlich ist er nicht unter den Bietern. Gegen das Ochsengut haben geboten:

    • Hans Girrbach aus Heselbach (auch Bieter gegen den Reichenbach; Teil 4.4);
    • Hans Seidt, wahrscheinlich F 166 von den Höfen im Tonbach, 1629 "oberer Maier" (Teil 4.4);
    • Michael Stribich (F 592) aus Huzenbach (der schließlich den Zuschlag über den Reichenbach erhielt; Teil 4.4);
    • Georg Stribich (F 232/283) aus Schwarzenberg, Bruder des Michael Stribich.

    An Zeugen finden wir die gleichen wie bei der Verpachtung des Reichenbachs bis auf Gregorius Girrbach; an seine Stelle tritt Conrad Frey, der Schultheiß zu Röt, der jetzt nicht unter den Bietern ist (Teil 4.4).

    Das letzte und höchste Gebot vor dem Verlöschen der Kerze macht Georg Stribich mit 98 fl. zu zahlendem Pachtzins und erhält den Zuschlag. Auch in diesem Fall hat die Vergabe gegen Höchstgebot den jährlichen Pachtzins deutlich nach oben gedrückt: von 80 fl. (1608/14) auf 98 fl. (1621).

    Georg Stribich (F 232/283) ist ein Bruder von Michael Stribich. Er heiratet 1615 Agnes Wetzel aus Röt und lebt zunächst in Schwarzenberg; er scheint jedoch keinen Hof zu besitzen. Spätestens seit 1637 ist Georg Stribich in zweiter Ehe verheiratet mit Magdalena Ziflen (1612 - 1672) aus Heselbach. Er sitzt weiter als Klostermeier in Reichenbach, hat nun aber auch Besitz in Huzenbach (XLVII). Bei diesem Besitz handelt es sich sehr wahrscheinlich um den "Oberen Friedersbauernhof", den nach dem Vater zunächst sein Bruder Michael besaß. Diese Vermutung wird bestätigt im Lagerbuch von 1668, in dem Martin Frey (F 757), der Schwiegersohn von Georg Stribich, als Besitzer des Hofes genannt ist, und als Vorbesitzer Georg Stribich selbst.

    Es ist nicht ausgeschlossen, sondern eher wahrscheinlich, dass Georg Stribich über 30 Jahre hinweg, von 1621 bis 1651, als Pächter des Ochsenguts Meier in Reichenbach war. Wir wissen es deshalb nicht genau, weil es in der Überlieferung undokumentierte Lücken gibt. Georg Stribich ist jedoch nachweislich Klostermeier 1621, 1625/26 (XLIII), 1643 - 1650 (L). Bei der Geburt seiner Kinder Jacob (1637) und Maria (1641) sitzt er in Reichenbach, zwar ohne Funktionsbezeichnung, doch wahrscheinlich als Meier. Zwar konkurrieren zwischen 1635 und 1643, wenn Georg Stribich im Taufbuch als Pate erscheint, die Ortsangaben Reichenbach und Huzenbach:

  • 02.10.1635 "Jerg Stribich Reichenbach"
  • 11.03.1638 "Görg Stribich von Hutzbach"
  • 10.05.1641 "Georgiy Stribich von Hutzenbach"
  • 29.10.1641 "Georgius Stribich von Hutzenbach"
  • 31.03.1642 "Georgius Stribich von Hutzenbach"
  • 27.03.1643 "Jerg Stribich. Mayer zu Reichbach"
  • 08.11.1643 "Georgius Stribich von Hutzenbach"
  • Doch haben wir bereits gesehen, dass Georg Stribich wahrscheinlich kurz nach 1635 und wahrscheinlich nach dem Tod des Bruders den väterlichen Hof in Huzenbach übernahm, was die konkurrierenden Herkunftsangaben erklärt.

    1650 pachtet Georg Stribich das Ochsengut noch einmal, offenbar mit Mühe, denn ihm wird ein Rücktrittsrecht eingeräumt (Faksimile). Sicher auch dies ein Zeugnis der wirtschaftlichen Bedrängnis jener Zeit. Vergleicht man den Pachtzins des Jahres 1650 mit den früheren Werten, dann wird erkennbar, dass er mit 70 fl. nicht nur unter dem Niveau von 1621, sondern auch unter dem von 1608 bzw. 1614 liegt. Dies gilt auch für die Gastherberg und den Reichenbach (für die Klostermühle fehlt der Pachtzins 1650):

     
      1608/14 1621 1650
    Gastherberg 64 fl. 68 fl. 60 fl.
    Reichenbach 69 fl. 89 fl. 50 fl.
    Ochsengut 80 fl. 98 fl. 70 fl.
    Tafel 5: Der Pachtzins dreier Klostergüter zwischen 1608 und 1650
     
    Als das Ochsengut 1651 zum Verkauf steht, kann Georg Stribich es nicht kaufen und zieht sich nach Röt zurück, wo er den Hof Bernhard Klumpps, seines Nachfolgers in Reichenbach, erwirbt (XLVIII, Reichenbach, 24.12.1661). In Röt verliert sich die Spur Georg Stribichs allmählich: wir wissen nicht, wann er starb; es muss aber zwischen dem 3. August 1657 (an diesem Tag ist er letztmals Pate) und dem 11. Juli 1659 gewesen sein (an diesem Tag ist seine Frau als "Jerg Stribichs seelig hinterlassene wittib Madlena" Patin). Die Witwe stirbt 1672. Von den acht überlebenden Kindern Georg Stribichs finden wir keines in Reichenbach (L).

    Erster Eigentümer des Ochsenguts wird Bernhard Klumpp (1606 - 1692, F 4) aus Röt, der das Gut 1651 um 1800 fl. erwirbt (XXI). Er ist seit 1634 verheiratet mit Catharina Frey, der Witwe des Martin Luz (F 787, Teil 3.4). Sie stammt ebenfalls aus Röt, ihr Vater ist einer der beiden Hans Frey, die 1635 im Schätzungsregister namhaft gemacht werden können (XLVII): der eine besitzt zwei Güter und ein Vermögen von 2500 fl., der andere ("Michels Sohn") besitzt drei Güter und ein Vermögen von 3600 fl.. Catharina Frey stammt also auf jeden Fall aus einem reichen Haus.

    Bernhard Klumpps Vater ist Conrad Klumpp (F 8), der Stammvater aller Klumpps im oberen Murgtal. Wir begegnen Conrad Klumpp erstmals in der Musterungsliste des Jahres 1598 (II), dort ist er als "Conradt Clomp" einfacher Schütze in Igelsberg. In den Schätzungsregistern 1604 und 1607 (VI, XLVI) besitzt er ein Gütlein in Igelsberg (1607 mit dem Zusatz: "wont itzund zue Röht"). An den Fronfuhren zur Vervollständigung der Ringmauer, um 1608, nimmt er schon als Bürger von Röt teil (XXIII). Dementsprechend finden wir ihn auch im Bürgerbuch des Jahres 1610 mit einem Ersteintrag in Röt (VIII). Das Hofgut, das Conrad Klumpp in Röt erwarb, muss größer als das Gütlein in Igelsberg gewesen sein, denn im Steuerbuch von 1612 ist Conrad Klumpp mit einem Vermögen von 1000 fl. veranschlagt (IX). Im Schätzungsregister aus der Zeit um 1635 wird das Hofgut Conrad Klumpps auf 1600 fl. geschätzt (XLVII).

    Der Erbe des väterlichen Guts in Röt ist Bernhard Klumpp, der es 1651, beinahe im Tausch gegen das Ochsengut, um 1000 fl. an Georg Stribich verkauft. Mit dem Erwerb des Ochsenguts wird Bernhard Klumpp auch Bürger von Reichenbach, insbesondere finden wir ihn als Schützen in allen Listen bis 1668 (XLIV, XLV). Die beiden letzten Kinder von Bernhard und Catharina Klumpp sind 1652 und 1654 in Reichenbach geboren. Das Ehepaar hatte insgesamt neun Kinder, zwei von ihnen finden wir später als Reichenbacher Bürger: Hans Bernhard Klumpp, den jungen Gastmeister (Teil 4.2), und Hans Jerg Klumpp (*1652, F 11), der Nachfolger seines Vaters auf dem Ochsengut wird. Hans Bernhard Klumpp, der ältere der beiden Brüder, ist ab 1665 auch Schütze in Reichenbach (XLV).

    Bisher nur Rätsel gibt der "Thorwarth" Hans Klumpp auf, den der Schaffner 1607 in seiner Klage gegen den Gastmeister (VII) namhaft macht. Dieser kann, wie der Schaffner berichtet, "wegen noch Unerbauter Thorwarts Behaußung, noch nit uffziehen noch seinen Dienst Versehen". Das Torhaus muss gebaut oder hergerichtet worden sein, denn 1624 wird es ja an Georg Klein (Teil 3.2) verkauft; ob Hans Klumpp tatsächlich seinen Dienst angetreten hat, wissen wir nicht. Dennoch ist die Frage interessant, wer er gewesen sein mag. Zu den Söhnen Conrad Klumpps, die alle um 1600 geboren sind, zählt er kaum, dafür ist er zu alt. Wie es scheint, gehört er eher derselben Generation an wie Conrad Klumpp. Verwandschaftliche Beziehungen zwischen beiden müssen nicht bestehen, obwohl das gleichzeitige Auftauchen eines neuen Namens oftmals ein Indiz für verwandtschaftliche Beziehungen seiner Träger ist. Hat also Conrad Klumpp, der aus Reichental stammt und um 1560 geboren sein muss, seinen - vielleicht jüngeren - Bruder Hans ins Klosteramt nachgezogen? Belege dafür gibt es bisher nicht.

    Typoskript: 03/96
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    Aktualisierung: 01/06
    Der Buchstabe F mit nachfolgenden Ziffern verweist auf das Ortssippenbuch von G.Frey (1987)