Studien
 
Die Frühzeit der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach 1595 - 1668 (Teil 3):
Die Entwicklung des Bürgertums
 
1. Das reformierte Kloster ohne Bürger (1595 - 1618)

2. Die Jahre des bürgerlichen Aufschwungs (1618 - 1629)

3. Restitution, Krieg und Not (1629 - 1648)

4. Wiederaufbau und Erneuerung (1648 - 1668)

 
Die Entwicklung des Reichenbacher Bürgertums wollen wir in den vier Phasen untersuchen, die wir bei der Beschreibung der zeitlichen Dimension (Teil 2.1) unterschieden haben. Jede Phase hat ihre charakteristischen Merkmale, die sie deutlich von den anderen Phasen unterscheiden. Auf die erste Phase der Entwicklung (1595 - 1618), in der sich ein Bürgertum noch kaum rührt, folgen mit der zweiten Phase (1618 - 1629) Jahre des bürgerlichen Aufschwungs, die von einer Phase des Niedergangs (1629 - 1648) abgelöst werden, ehe nach dem Dreißigjährigen Krieg die Phase des Wiederaufbaus und der Erneuerung (1648 - 1668) einsetzt.
 
1. Das reformierte Kloster ohne Bürger (1595 - 1618)

Die neuen Herren des Klosters Reichenbach und seiner Dörfer lassen 1598 ein Musterungsregister (II) über Wehrfähigkeit und Bewaffnung der Bürger aufstellen. Nachdem von Röt bis Hochdorf alle Gemeinden aufgeführt sind, findet sich ganz am Ende des Registers die folgende Notiz über Reichenbach (Faksimile):

 
  Das Closter Reichenbach betreffend
hat selbiges keine Bürger sondern
allein volgende diener und officier
als
der Miller: Jacob Sailler
drey hürten
zween taglöhner In zway sond
bahren heißlin.
Baur oder Hofmaister.
Zween Bauernknecht,
Keller und Schreiber,
Der Bader: Martin Guot
.
 
Versuchen wir zunächst eine Analyse dieses bemerkenswerten Dokuments. Nur zwei der Bewohner sind mit Namen genannt: der Müller Jacob Sailler und der Bader Martin Guot. Die übrigen Bewohner bleiben anonym:
  • Beginnen wir mit dem "Baur oder Hofmaister". Den Hofmeister finden wir insbesondere an größeren Fürstenhöfen als Vorgesetzten eines zahlreichen und funktionsreichen Personals. Das Personal eines kleinen und unbedeutenden Priorats ist indes weder zahlreich noch funktionsreich, namentlich orientieren sich die Funktionen des Personals primär an bäuerlichen Tätigkeiten; so ist der Hofmeister des Priorats zugleich Bauer. Wenn der "Baur oder Hofmaister" nun aber Vorgesetzter des überwiegend landwirtschaftlich tätigen Klosterpersonals ist, dann ist seine Aufgabe mit der eines (Kloster-) Meiers identisch. Wir identifizieren demnach den "Baur oder Hofmaister" mit der Funktion des bäuerlichen Meiers, also des Verwalters der landwirtschaftlichen Güter (Reichenbach und Ochsengut). Dazu passt in Analogie, dass der Verwalter der Gastherberg - der in der Musterungsliste nicht aufgeführt ist - häufig Gastmeister genannt wird. Die Frau des Hofmeisters, die Hofmeisterin, war verantwortlich für die Erzeugung der Milchprodukte des Klosters (M. Eimer, 1931, S. 97).    
  • Der "Keller und Schreiber" vereint wohl zwei ursprünglich getrennte Ämter in einer Hand. Die Funktion des Schreibers ist hinreichend klar, der Keller ist ursprünglich Kellermeister, jetzt Verwalter der Finanzen des Klosters. Wir finden später ähnliche Ämterkombinationen (mehr darüber im Teil 3.4).       
  • Bei den beiden Taglöhnern in zwei "sondbahren", d.h. besonderen Häusern handelt es sich um zwar wenig vermögende, aber selbständige Personen mit Familie und eigenem Haushalt.
  • Das unterscheidet die beiden Taglöhner von den Bauernknechten, die unselbständig und unverheiratet auf den Meierhöfen arbeiten und leben.
  • Die jährliche Bestellung von drei Hirten scheint von alters her üblich und findet sich auch noch im Lagerbuch von 1668, das seinem Ziel nach ältere Verhältnisse erneuert.

Die Liste der Bewohner Reichenbachs erscheint unvollständig, insbesondere vermissen wir den Gastmeister, den es gegeben haben müsste, aber auch einen zweiten Meier, den es zumindest gegeben haben könnte. Ferner begegnet uns in den Quellen vor 1595 oft der Klosterbäcker (pistor, Pfister), der wahrscheinlich dem Pfistersacker seinen Namen gegeben hat; auch er fehlt in der Liste. Die alte klösterliche Struktur, die bis 1598 trotz der Flucht des Priors formal unangetastet blieb, scheint doch der Auflösung nahe.

Noch aber sind die Bewohner des Klosters und seiner Nebengebäude nicht selbständige Bürger, sondern "diener und officier" - also Angestellte oder Beamte des Klosters. Dies gilt auch für den Müller und den Meier ("Baur oder Hofmaister"). Erst nach 1598 verändern sich die Verhältnisse: 1604 sind der Bader, der Amtsknecht und ein Taglöhner steuerpflichtige Bürger (VI). Nachweislich 1608, vielleicht schon früher, sind die Gastherberg, der Reichenbach und das Ochsengut privat verpachtet, die Klostermühle spätestens 1610 (X) - aus den angestellten Verwaltern werden selbständige Pächter.

1598, im Jahr der Musterung, aber haben wir zwar etliche Einwohner Reichenbachs (von denen einige später auch Bürger werden), jedoch noch keine Bürger im strengen Sinne. Versucht man die Zahl der Einwohner im Jahr 1598 abzuschätzen, dann lässt sich ungefähr folgende Rechnung aufmachen: die Familien des Baders, Müllers, Hofmeisters, Kellers und Schreibers sowie der beiden selbständigen Taglöhner mögen zusammen 24 Personen zählen (6 x 4); mit den Knechten und Hirten kommt man dann auf ungefähr 30 Personen. Zählt man den Haushalt des Schaffners und einige Konventualen dazu, dann hat Reichenbach 1598 alles in allem ungefähr 40 Einwohner.

Es ist bereits erwähnt worden, dass wir im Jahr 1604, in dem ein Schätzungsregister für das Klosteramt (VI) aufgelegt wird, in Reichenbach drei geschätzte Bürger finden:

  • den Bader Martin Guot, der uns bereits 1598 begegnet ist,
  • den Taglöhner Bartlin Krauß,
  • den Amtsknecht Hans Österlin (das Amt ist wahrscheinlich verwandt mit dem des Kellers und Schreibers, später Kastenknecht, vgl. Teil 3.4).

Aus dem Jahr 1607 stammt ein weiteres, kurz gefasstes Schätzungsregister (XLVI). In diesem Register fehlt Hans Österlin, Amtsknecht ist jetzt Bartlin Krauß. Hinzu kommen zwei Taglöhner, so dass wir 1607 vier geschätzte Personen haben:

  • Martin Guot
  • Bartlin Krauß, jetzt Amtsknecht
  • Frid Laix, Taglöhner
  • Hans Gnetz, Taglöhner

Nicht aufgeführt sind als Amtspersonen der Schaffner und der Pfarrer (seit 1603) sowie die Pächter der vier großen Klostergüter, die - insoweit es sie bereits gibt - offenbar in ihren Heimatgemeinden geschätzt werden.

Ziehen wir nun die Ersteinträge des Bürgerbuchs von 1610 (VIII) und des Steuerbuchs von 1612 (IX) heran, so finden wir neben dem Bader Martin Guot zwei neue Taglöhner: Conrad Rösch und Claus Stoll. Beide scheinen aus Röt zu stammen, wo sie - wenn Personengleichheit besteht - 1604 auch geschätzt werden:

  • Conrad Rösch, "ain Armer taglöhner" besitzt 15 fl.,
  • Claus Stoll, "ain gar Armer taglöhner" besitzt nichts.

Da ist es kein Wunder, dass sie ihr Glück in Reichenbach versuchten. Bartlin Krauß, der Amtsknecht, ist zwar 1612 im Steuerbuch genannt, nicht aber, auch später nicht, im Bürgerbuch. An seine Stelle tritt vielleicht 1613 Jacob Zeiler aus Haiterbach als "Keller und Kastenknecht" (X); sein Eintrag ins Bürgerbuch ist undatiert, könnte aber um 1613 erfolgt sein.

In einem Bericht von Untervogt und Schaffner aus dem Jahr 1613 (X) tritt Jacob Zeiler auch als Pächter der Klostermühle in Erscheinung. Die übrigen Pächter sind der Schaffner Johannes Neuffer, Jacob Guetekunst aus Haiterbach und Martin Frey, wahrscheinlich aus Heselbach (Einzelheiten im Teil 4.1). Von den vier Pächtern finden wir nur Jacob Zeiler im Bürgerbuch. Der Schaffner sitzt zwar in Reichenbach, gilt aber nicht als Bürger, während die beiden anderen ihren Sitz wohl nicht in Reichenbach haben. Im Bürgerbuch von Heselbach finden wir als Ersteintrag 1610 einen "Marten Frey": dieser könnte identisch mit dem Pächter in Reichenbach sein.

Das Bürgerbuch von Reichenbach führt bis 1618 insgesamt nur sechs Personen auf: neben den bereits genannten noch "Martin Guot d. Jung", wahrscheinlich ein Sohn des Baders, und einen weiteren Bürger namens Jerg Klein, der sehr wahrscheinlich identisch ist mit dem Küfer und Kastenknecht Georg Klein, der 1624 das Torhaus beim Ochsentor kauft. Doch dieser Kauf gehört bereits der zweiten Entwicklungsphase der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach an. 

2. Die Jahre des bürgerlichen Aufschwungs (1618 - 1629)

Von 1618 bis 1629 werden die Namen von 21 neuen Bürgern in das Bürgerbuch von Reichenbach (VIII) eingetragen. Zu einem kleineren Teil handelt es sich um die Söhne älterer Bürger:

  • "Jung Jacob Zeiler" (1619)
  • Caspar Klein (1620)
  • Lambert Zeiler (um 1620)
  • Hans Guot (um 1620)
  • Melchior Stoll (1622)
  • "Hans Rösch Conrad Röschen Sohn" (1624)
  • Hans Stoll (1628)

Zu einem größeren Teil sind es Neubürger, die ab 1620 auch als Käufer von Grundstücken und Gebäuden des Klosters namhaft gemacht werden können: es sind fast durchweg Handwerker.

Die Ansiedlung von Handwerkern war naheliegend, denn es gab keine Alternative: die Vergabe von bäuerlichen Gütern schied aus, weil alles kultivierbare Land praktisch seit Jahrhunderten vergeben war. Rodungen im größeren Stil wurden erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wieder durchgeführt. Wollte man den Zuzug von Taglöhnern oder gar völlig unbemittelten Personen vermeiden, blieb nur die Ansiedlung von Handwerkern. Dafür wurde planmäßig geworben. Das herzogliche Reskript aus dem Jahr 1620, das die Ansiedlung der Handwerker mit einigen Vergünstigungen förderte, fand als grundlegendes Dokument für den Status der Reichenbacher Bürger auch Aufnahme in das Lagerbuch von 1668 ("Specificirte Gerechtigkeiten, Personal- und realbeschwerdten, worauff die Closterbürgere zue Reichenbach, Annis 1620 et Seqq. angenommen wordten", XXXV, S. 205 - 212).

Das Handwerk in ländlicher Umgebung ist dem städtischen Handwerk nicht vergleichbar. Zunächst ist es durch das Fehlen der Zünfte und ihrer Ordnungen durchaus freier, aber auch weniger geschützt. Der Übergang vom Taglöhner zum Handwerker erscheint auf dem Land fließend. Die Tätigkeiten der Handwerker dort orientieren sich weniger an Berufsbildern als vielmehr an den spezifischen bäuerlichen und dörflichen Bedürfnissen. Die Handwerker sind auch insofern Teil der ländlichen Umgebung, als sie zur Selbstversorgung immer ein paar Morgen Land bewirtschaften und wohl auch eine Milchkuh und ein Schwein halten. Umgekehrt erledigen die Bauern ihrerseits viele Handwerksarbeiten selbst. Dies sind wohl die wesentlichen Bedingungen, unter denen das besondere Dorfhandwerk als ein vom städtischen Handwerk verschiedenes entstand (R. v. Dülmen, 1992, S. 28 f.).

Die Handwerker, die sich ab 1620 in Reichenbach niederlassen, sind durch ihre schriftlichen Verpflichtungen ("Reverse", man könnte sie in diesen Fällen "Kaufbriefe" nennen), teilweise auch zusätzlich durch die entsprechenden herzoglichen Erlasse ("Befehle", "Reskripte") belegt (XII, XIII, XXXIV). An weiteren Quellen haben wir nach wie vor das Bürgerbuch (VIII) und eine Schützenliste der Jahre 1625/26 (XLIII); vereinzelt können wir auch schon die Kirchenbücher der Pfarrei Reichenbach heranziehen (L). Zwischen 1620 und 1626 ziehen die folgenden Handwerker, deren spezifische Tätigkeiten auf dem Dorf wir zum besseren Verständnis jeweils skizzieren wollen, nach Reichenbach:

Der Kübler Hans Knorr kauft 1620 ("auf Bartholomäi", das ist der 24. August) um 100 fl. eine "Hofstatt", gemeint ist ein Bauplatz, vor dem Ochsentor ("uff dem Marcktwasen") und vier Morgen Land (Faksimile: Verkaufsverfügung des Herzogs vom 20. Mai 1620).

Ein Kübler stellt aus Holzdauben Großgefäße her: Kübel, Eimer, Bottiche ("Böttcher"), Gelten, Zuber - in vielen Fällen, so wahrscheinlich in Reichenbach, auch Fässer (der Küfer, der daneben vorkommt, hat dann meist die Funktion des Kellermeisters). Die Reifen ("Binden") um die Fässer ("Faßbinder") und die anderen Gefäße sind zur Zeit von Hans Knorr wahrscheinlich nicht aus Eisen, sondern aus jungen Hölzern (Birke, Eiche, Hasel).

Hans Knorr († 1638, F 1209) stammt offenbar aus Heselbach, denn im Kaufbrief ist er "des Closters Reichenbach angehöriger Underthan zu Hesselbach". Andererseits fehlt sein Name im Bürgerbuch von Heselbach. In Reichenbach huldigt er 1623 und ist dort 1625/26 Schütze. 1629, nach der Restitution, ist er zusammen mit Georg Weißenmantel auf drei Jahre Pächter des Waldackers (XVIII). Hans Knorr ist verheiratet mit Margaretha Leistler (1597 - 1677) und stirbt 1638 in Reichenbach.

Christian Bitsch, Maurer, kauft 1621 ("auf Martini", das ist der 11. November) um 30 fl. eine "Hofstatt" vor dem Ochsentor ("neben dem Seegewaßen") und zwei Morgen Land.

Die Tätigkeit eines Maurers ist im oberen Murgtal des 17. Jahrhunderts wahrscheinlich sehr begrenzt: von den öffentlichen Gebäuden - Amtshäuser, Kirchen - abgesehen, sind die Wohnhäuser aus Holz, nur der Sockel, die Grundmauer, ist aus Stein gemauert (was freilich die Bauherren oft selbst besorgen). Außerhalb von Gebäuden finden wir Mauern als Schutz von Kirch- und Friedhöfen, gelegentlich auch von ganzen Ortschaften. Gerade Reichenbach ist nun allerdings vergleichsweise reich an Steinbauten: denken wir insbesondere an die Klausur des Klosters und an die Ringmauer. Maurerarbeiten zur Reparatur und Erhaltung mögen daher in Reichenbach allfällig gewesen sein.

Als sich Christian Bitsch im Januar 1621 um den Kauf bemüht, ist er bereits Bürger von Reichenbach ("Maurer allhier"), der Eintrag im Bürgerbuch erfolgt um 1623. Christian Bitsch stammt wahrscheinlich aus Obermusbach: im Bürgerbuch dieser Gemeinde finden wir den um 1617 vorgenommenen, später wieder gestrichenen Eintrag "Christian Bitsch Maurer". Er kommt bald in wirtschaftliche Schwierigkeiten und muss schon 1626 seinen Besitz in Reichenbach wieder verkaufen und zwar an den Bäcker und Mühlenknecht Johannes Schwager, der 1627 in Reichenbach huldigt (G. Wein, 1982, S. 59).

Christian Bitsch hat 1621 einen Gedenkstein wahrscheinlich in die Grundmauer seines Hauses eingesetzt, den wir heute noch an der Basis der Nordfassade des Hauses Nr. 155 in der Murgtalstraße finden (Foto). Der Stein trägt die folgende Inschrift:

 
  Christ Bietsch ein alter Man
60 Jar wolgetan
Hat mit gutem Vertrauwn
Und mit Got dis Haus/erbauwen
Im Jar/1621
 
Jacob Klumpp, Wagner, kauft 1621 um 35 fl. eine "Hofstatt" vor dem Ochsentor ("uff dem Marcktwasen") und zwei Morgen Land.

Der Wagner stellt insbesondere die Räder und Gestelle, heute würde man sagen: das Chassis, der Wagen her. Die Aufbauten sind im oberen Murgtal jener Zeit wohl sehr einfach: Pritschen- oder Leiterwagen mit Bock; Kutschen sind wahrscheinlich selten. Die Eisenbeschläge für die Lastwagen, namentlich die Räder haben wohl eiserne Reifen, liefert der Schmied.

Jacob Klumpp ist im Mai 1621 noch Bürger zu Röt: dort huldigt er 1615, er könnte daher 1597 geboren sein. Er ist wahrscheinlich ein Sohn des Conrad Klumpp (F 8) aus Röt. An Martini 1621, dem Datum des Kaufbriefs, sitzt Jacob Klumpp in Reichenbach, sein Name ist um 1623 im Bürgerbuch von Reichenbach nachgetragen (und in Röt gestrichen), 1625/26 ist er Schütze in Reichenbach. Danach verliert sich die Spur von Jacob Klumpp; aus einer Anmerkung zu F 8 im Ortssippenbuch kann man schließen, dass er um 1635 gestorben ist.

Auch der Schmied Sebastian Schmidt (oder Schmider) erwirbt 1621 eine "Hofstatt" vor dem Ochsentor und "uff dem Marcktwaßen" sowie zwei Morgen Land; der Kaufpreis beträgt 35 fl..

Das Schmiedehandwerk war stark spezialisiert. Noch die Oberamtsbeschreibung von Freudenstadt aus dem Jahr 1858 unterscheidet vier Schmiede: Grobschmied (wahrscheinlich identisch mit dem Huf- und Waffenschmied), Nagelschmied, Messerschmied und Kupferschmied. Fragt man nach dem Dorfschmied, den es bis in die fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts hinein gab, dann ist allen, die ihn noch kennen gelernt haben, besonders eine Tätigkeit in lebhafter Erinnerung: das Beschlagen der Pferde mit Hufeisen. Der Dorfschmied war in aller erster Linie Hufschmied. Daneben stellte er Werkzeuge (früher: Waffen) für den täglichen Gebrauch her: Beile, Pflüge, Sicheln; insofern war er "Waffenschmied". Eisenteile, insbesondere Beschläge, für Haus und Hof mögen sein Sortiment ergänzt haben. Messer, Nägel, auch eisernes Geschirr waren dagegen eher Handelsware.

Sebastian Schmidt sitzt im August 1621 noch in Heselbach, dort finden wir im Bürgerbuch um 1617 den Eintrag "Sebastian Jerg Schmidt" (sein Geburtsjahr könnte demnach 1599 sein). An Martini 1621 ist Schmidt "Bürger und Schmied zu Reichenbach", wo er 1624 huldigt. Danach finden wir keinen Hinweis mehr auf Sebastian Schmidt, namentlich nicht in der Schützenliste 1625/26. Entgegen meiner früheren Auffassung halte ich es inzwischen nicht mehr für wahrscheinlich, dass der Schmied Balthasar Muot um das Jahr 1629 den Besitz Sebastian Schmidts übernommen hat. Vielmehr sehe ich den Schmied Hans Hauser als (späten) Nachfolger Sebastian Schmidts (Teil 3.4; vgl. dazu auch meine Studie "Die frühe Bebauung vor dem Ochsentor in Reichenbach 1620 - 1668").

Hans Günna "Innwohner und Beckh zu Reichenbach" erwirbt im Oktober 1624 "des Closters heußlin ann der Muoßbacher Staig" (Foto) und gut einen Morgen Land um 140 fl..

Die großen Pächter, wie anderswo die großen Bauern, backen ihr Brot selbst. Dem Schaffner und dem Pfarrer, dies ist auf alle Fälle 1668 so, steht ein Backhaus zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung (XXXV, S. 97). Der Bäcker in Reichenbach backt also eher für die kleinen Leute, wahrscheinlich so, dass er deren Teig ausbackt. Vielleicht bedient er auch das Backhaus des Schaffners und des Pfarrers. Im Alltag wird wahrscheinlich nur dunkles Brot gebacken, der Dorfbäcker ist überwiegend "Schwarzbeck". Die weißen Backwaren des städtischen "Feinbecks" - Brezeln und Wecken - wird es nur zu besonderen Anlässen gegeben haben (A. Bischoff-Luithlen, 1980, S. 32 f.). Überhaupt wird zur Zeit des Bäckers Hans Günna nicht viel gebacken: bevorzugtes Nahrungsmittel ist der Haferbrei. Umso mehr staunen wir, dass es in den sieben Jahrzehnten, die wir betrachten, meistens zwei Bäcker, 1668 sogar drei Bäcker in Reichenbach gibt. Vielleicht beliefern sie gelegentlich Märkte oder backen auch auf den Dörfern (die aber oftmals eigene Bäcker haben), vielleicht backen sie auch für Durchreisende, für Fuhrleute oder für Kutscher und ihre Passagiere. Reichenbach allein, so scheint es jedenfalls, ernährt in jener Zeit nicht mehr als einen Bäcker. Ist dies der Grund, weshalb wir die Bäcker auffallend oft in den Dorfämtern (Amtsknecht, Amtsbote) Reichenbachs finden? Mehr über die Besetzung der Dorfämter im Teil 3.4.

Außer dem zitierten Revers anlässlich des Hauskaufs wissen wir sehr wenig über Hans Günna: sein Name begegnet uns nur noch im Bürgerbuch von Reichenbach, wo er 1624 huldigt. Er fehlt in der Schützenliste der Jahre 1625/26, vielleicht ist er schon zu alt. Hans Günna scheint aber 1629 nicht mehr in Reichenbach zu leben. Wirtschaftliche Gründe sind weniger wahrscheinlich: er hat das Haus seinerzeit mit 100 fl. angezahlt, die restliche Belastung von 40 fl. in vier Jahresraten erscheint erträglich. Vielleicht hat Hans Günna Reichenbach aus Glaubensgründen verlassen: Der Name Günna klingt nicht allemannisch-schwäbisch, wir finden ihn z.B. auch nicht bei den "Schwäbischen Geschlechtsnamen" von R. Kapff (1927). Hans Günna könnte tatsächlich ein Glaubensflüchtling aus Österreich gewesen sein, der über Freudenstadt ins reformierte Reichenbach kam. Da mag er 1629 erneut standhaft geblieben sein. Diese Hypothese könnte erklären, warum wir 1629 mit Martin Seher einen neuen Bäcker in Reichenbach haben (Teil 3.3).

Georg Klein, Küfer und Kastenknecht, erwirbt ebenfalls im Oktober 1624 das "Thorheußlin" beim Ochsentor (Foto) und zwei Morgen Land um 110 fl..

Der Küfer kann sowohl "Kübler" als auch "Keller" sein; in Reichenbach ist er das zweite. Schon zum Amt des Kellers, das aus dem Kellermeister hervorging, gehörten Verwaltungsaufgaben: wahrscheinlich solche des Finanzhaushalts. Die Kombinationen "Keller und Schreiber" (1598), "Keller und Kastenknecht" (1613) und jetzt "Küfer und Kastenknecht" dokumentieren die Funktionsverlagerung vom Keller/Küfer zum Bediensteten. Daneben gibt es die Funktion des "Amtsknechts" (1606/07), die dem "Kastenknecht" verwandt ist und möglicherweise in Personalunion ausgeübt wird. Das "Amt" ist die Behörde des Schaffners, der Amtsknecht also Bediensteter des Amts. Der "Kasten" ist eine kirchliche Einrichtung der Armenpflege, der Kastenknecht ist demnach Bediensteter dieser Institution.

Georg Klein ist schon 1610 oder kurz danach als "Jerg Klein" im Bürgerbuch von Reichenbach genannt; er ist bis 1629 nicht gestrichen, andererseits fehlt er in der Schützenliste 1625/26. Einen kleinen Hinweis auf Georg Klein finden wir 1631 (XVIII): in diesem Jahr werden an Melchior Stoll Felder verliehen, "so Jerg Klein innengehabt" (Teil 3.3). Dies könnte darauf hindeuten, dass Georg Klein um diese Zeit nicht mehr in Reichenbach lebt. Im Teil 2.2 haben wir bereits erkennen können, dass das Torhäuslein 1668 nicht mehr vorhanden und wohl während des Krieges abgegangen ist. Wann und durch welche Umstände das geschah, wissen wir vorläufig nicht.

Andreas Schneider, Wagner, kauft im Oktober 1624 eine "Hofstatt" zwischen den Straßen nach Baiersbronn und nach Dornstetten und zwei Morgen Land um 40 fl..

Das Handwerk des Wagners auf dem Dorf haben wir oben, im Rahmen der biographischen Notizen über Jacob Klumpp, bereits beschrieben.

Andreas Schneider könnte aus Heselbach stammen, dort huldigt 1615/16 ein "Enderis Schneider", dessen Name später wieder gestrichen wird. Eigenartigerweise finden wir Andreas Schneider nicht im Bürgerbuch von Reichenbach, wohl aber 1625/26 in der Schützenliste, dort ist sein Name allerdings wieder gestrichen. Weitere Hinweise fehlen.

Der Huf- und Waffenschmied Hans Weisser ist 1625 Käufer einer "Hofstatt" vor dem Ochsentor ("hinden am Seegplatz stossendt") und eines Feldes von zwei Morgen; der Kaufpreis beträgt 40 fl..

Der Huf- und Waffenschmied ist, wie oben bei Sebastian Schmidt skizziert, der typische Dorfschmied.

Hans Weisser stammt nachweislich aus Obermusbach, wo es viele Weisser gibt. Er huldigt jedoch nicht dort, sondern offenbar erstmals 1627 in Reichenbach. Da er 1625 als Käufer auftritt, kann er 1627 nicht erst 18 Jahre alt sein. Nach 1627 finden wir keine Hinweise mehr auf Hans Weisser. Im "Catalogus" von 1637 (XIX) wird er, sehr wahrscheinlich fälschlich, Bäcker genannt.

Thomas Hildenbrandt, Hafner, erwirbt im Juli 1626 um 220 fl. das Schieß- und Waschhaus, dessen Lage wir im Teil 2.2 diskutiert haben.

Der Hafner (auch Töpfer) stellt irdenes Küchen-, Ess- und Trinkgeschirr her, also z.B. Schüsseln ("Hafen") und Teller, Krüge und Näpfe. Irden heißt: aus Ton gebrannt. Dazu benötigt der Hafner einen Brennofen, den zu erbauen Thomas Hildenbrandt 1626 erlaubt wird. Die Gefäße werden meist auf einer rotierenden Scheibe, der "Töpferscheibe", geformt. In den Inventuren und Teilungen (XLVIII) jener Zeit finden wir Tongeschirr (irdenes Geschirr) praktisch nicht. Dies kann zweierlei bedeuten: es war nur wenig verbreitet oder es war zwar verbreitet, aber wegen seiner Zerbrechlichkeit nicht beständig genug und vielleicht auch nicht wertvoll genug, um registriert zu werden. Wahrscheinlich gilt das Zweite. - Inventuren werden bei der Eheschließung vorgenommen (registriert wird das "Zubringen" der beiden Partner), Teilungen gibt es beim Erbfall.

Die Herkunft von Thomas Hildenbrandt ist nicht erkennbar. Er huldigt bereits 1624 in Reichenbach und besitzt offenbar ein Grundstück vor dem Ochsentor, das noch 1668 unbebaut ist (Teil 2.2). Nach dem Kauf des Schieß- und Waschhauses 1626 verliert sich die Spur von Thomas Hildenbrandt.

Zu den Personen, die zwischen 1620 und 1626 Güter in Reichenbach erwerben, gehören auch:

  • der Schaffner Johannes Neuffer: er erwirbt 1624 ein Wildfeld auf dem Vogelherdt und 1626 unter anderem ein Stück des Klostergartens (Teil 2.2, mehr im Teil 5.1);
  • die Müller Jacob Guetekunst und Jacob Zeiler, die nacheinander, 1621 und 1622, die Klostermühle kaufen (mehr darüber im Teil 4.3);
  • der Gastmeister Hans Mast, der 1624 eine "Hofstatt" vor dem Ochsentor, neben Thomas Hildenbrandt gelegen, und einen Morgen Land erwirbt (Teil 2.2, mehr im Teil 4.2).

Im Bürgerbuch von Reichenbach (VIII) finden wir bis 1628 des weiteren folgende Personen:

  • Hans Spängler: er ist 1619 mit dem Zusatz "Schweinehirt" eingetragen und später wieder gestrichen - damit wird fraglich, ob er identisch ist mit dem F 1892 aus "altenwolffach", der am 10. Mai 1643 im Taufbuch von Reichenbach genannt wird;
  • Hans Guetman, der 1624 huldigt, begegnet uns 1629, nach der Restitution, als Bader (Teil 3.3);
  • Ulrich Werner huldigt 1627, danach keine Hinweise mehr;
  • Conrad Claß (vielleicht F 1071), 1628 eingetragen, erscheint nach 1629 als Pächter (Beruf: Maurer) einer Wiese im Nötlinstrauf (Teil 3.3), in den Kirchenbüchern (ab 1635) jedoch kein Nachweis;
  • Hans Gleser huldigt 1628, ist 1629 Pächter (Beruf: Schneider) und wohl identisch mit dem F 1134, der vor 1636 stirbt (Teil 3.3).

Ferner sind ohne nähere Datierung, aber nach 1628 eingetragen Hans Kirschmann (F 144) und Balthasar Muot (F 980), die wahrscheinlich nicht mehr der zweiten Entwicklungsphase angehören und daher in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden.

3. Restitution, Krieg und Not (1629 - 1648)

Die Veränderungen, die um das Jahr 1629 in der Entwicklung der bürgerlichen Gemeinde Reichenbach eingetreten sind, sind im Teil 2.1 mit Zahlen belegt worden. Sie betrafen insbesondere die zwischen 1620 und 1626 zu Besitz gekommenen Handwerker: teils verschwindet das Handwerk für einige Zeit ganz aus Reichenbach (Hafner, Wagner), teils wechseln die Personen, teils lassen sich aber auch Vertreter bisher fehlender Handwerke (Schneider, Schuster) nieder. Zu den Veränderungen, die in Tafel 2 übersichtlich dargestellt sind, im einzelnen (die Belege werden später bei der Vorstellung der Personen erbracht):

 
vor 1629 (letzte Nennung) Handwerk nach 1629 (erste Nennung)
Thomas Hildenbrandt (1626) Hafner ---
Jacob Klumpp (1626)
Andreas Schneider (1626)
Wagner Bernhardt Seidt (um 1640)
Hans Günna (1624)
Johannes Schwager (1627)
Bäcker Martin Seher (1629)
Hans Kirschmann (um 1630/40)
Hans Keck (1642)
Hans Knorr Kübler Hans Knorr
Christian Bitsch (1626) Maurer Conrad Claß (1628/31)
Sebastian Schmidt (1624)
Hans Weisser
Schmied Balthasar Muot (1629)
--- Schneider Hans Gleser (1628/29)
--- Schuhmacher Georg Spaet (1635)
Tafel 2: Handwerker vor und nach 1629
 
Das Handwerk des Hafners verschwindet nach 1629 zunächst aus Reichenbach: Thomas Hildenbrandt, zuletzt 1626 bezeugt, hat vorläufig keinen Nachfolger gefunden. 
  • Die beiden Wagner, Jacob Klumpp und Andreas Schneider, beide zuletzt 1626 bezeugt, finden nicht gleich einen Nachfolger; erst um 1640 hat wahrscheinlich Bernhard Seidt das Wagnerhandwerk einige Jahre in Reichenbach ausgeübt.
  • Bei den Bäckern haben wir um 1629 einen Wechsel zwischen Hans Günna sowie Johannes Schwager einerseits und Martin Seher andererseits. Auf Martin Seher folgt wahrscheinlich um 1640 Hans Kirschmann, des weiteren lässt sich um 1642 Hans Keck als Bäcker nieder.
  • Der Kübler Hans Knorr, der bis zu seinem Tod (1638) in Reichenbach lebt, ist die einzige Person unter den Handwerkern, die mit Sicherheit für ein wenig Kontinuität über das Jahr 1629 hinweg steht.
  • Das Maurerhandwerk wird nach dem Scheitern von Christian Bitsch (1626) vielleicht schon 1628, sicher aber 1631 von Conrad Claß ausgeübt.
  • Wir haben vor 1629 zwei Schmiede in Reichenbach: Hans Weisser, zuletzt 1627 bezeugt, und Sebastian Schmidt, zuletzt 1624 bezeugt; die Vermutung, dass der Schmied Balthasar Muot 1629 oder kurz danach mit dem Handwerk auch den Besitz von Sebastian Schmidt übernommen hat, halte ich nach neueren Untersuchungen (vgl. meine Studie "Die frühe Bebauung vor dem Ochsentor in Reichenbach 1620 - 1668") nicht länger aufrecht.
  • Die Handwerke der Schneider und Schuster sind neu in Reichenbach: sie werden ausgeübt von Hans Gleser (Huldigung: 1628, Pächter als Schneider: 1629) und Georg Spaet (1635).

Die meisten der neuen Namen finden wir in einem Verzeichnis verliehener Güter, das 1629 von den zurückgekehrten Konventualen angelegt worden ist und Nachträge bis 1631 enthält (XVIII). Von zentraler Bedeutung werden nun die Kirchenbücher von Reichenbach (L); bedeutsam ist auch ein Schätzungsregister aus der Zeit um 1635 (XLVII). Unter den Pächtern begegnen uns natürlich nicht nur ausgewiesene Handwerker, sondern auch andere Personen ohne Berufsbezeichnung, zum Teil auch Personen, die wahrscheinlich nicht Bürger von Reichenbach waren. Die Fragen des ausgeübten Berufs und des Wohnsitzes sind im folgenden daher mit zu erörtern.

Orientieren wir uns am Aufbau des Verzeichnisses, dann haben wir die folgende Reihung von Pächtern verliehener Güter:

Der Bader Hans Guetmann wird 1629 auf drei Jahre Pächter der "Badstub" (Foto) und der einen Hälfte des Eselackers. Der Pachtzins beträgt nur 12 fl., dafür soll der Bader aber auch "die heren Patres und alle deß Closters diener mit Schropffen und Barbieren fleißig versehen" (Faksimile).

Damit haben wir die drei Bestandteile des Baderhandwerks zusammen: Er ist Betreiber der Badstube als einer öffentlichen Einrichtung (übrigens gibt es öffentliche Wannenbäder bis in unsere Zeit); zum anderen ist er Barbier und Friseur; zum dritten repräsentiert er die unterste Stufe der medizinischen Versorgung, insbesondere setzt er Blutegel an (das "Schröpfen" oder "zur Ader lassen"), gibt Klistiere und versorgt Wunden.

Hans Guetman huldigt bereits um 1624 in Reichenbach, wohl noch nicht als Bader: dieses Amt wird wahrscheinlich noch von Martin Guot ausgeübt, der zwar schon im vorgerückten Alter, im Bürgerbuch aber nicht gestrichen ist. Die vielleicht nahe liegende Spekulation, dass die Namen Guot und Guetmann identisch sein könnten und Hans Guetman ein Spross der Familie Guot ist, findet keine Bestätigung: in Reichenbach huldigt sowohl ein Hans Guot (wahrscheinlich 1620) als eben auch Hans Guetman (wahrscheinlich 1624). Außer den beiden genannten Belegen im Bürgerbuch und im Verzeichnis von 1629 finden wir keine weiteren Hinweise auf Hans Guetmann. Wie im Teil 2.2 erörtert, muss die Badstub zerstört worden sein, vielleicht durch den Krieg.

Die andere Hälfte des Eselackers wird von Jacob Keck, dem neuen Müller (Teil 4.3), und Bernhardt Seidt um 18 fl. gepachtet. Der Anteil des Müllers wird als Besoldung verrechnet, Bernhard Seidt zahlt für seinen Anteil 9 fl.

Bernhard Seidt (ca. 1591 - 1671, F 234) ist wahrscheinlich der Sohn des Hans Seidt (1563 - 1639, F 166) von den Höfen im Tonbach, der 1629 zugleich Pächter ("oberer Meier") des Reichenbachs ist (Teil 4.4). Der Vater vererbt dem Sohn ein Häuschen in Reichenbach (XLVIII, Heselbach, 18.10.1661), in dem Bernhardt Seidt eine Zeitlang das Wagner-Handwerk ausgeübt hat. Daraus wäre zu schließen, dass Bernhardt Seidt 1639 oder später wenigstens vorübergehend Reichenbacher Bürger war. Seine Huldigung erfolgte indes 1611 auf den Höfen, dort ist er 1625/26 auch Schütze. Er hat zu diesem Zeitpunkt schon Besitz in Reichenbach: das Krautgärtlein von Hans Weisser stößt 1625 an Bernhardt Seidt (XIII). Nach dem Krieg, 1655 - 58, ist Bernhardt Seidt Schütze in Heselbach (XLIV), jedoch nicht mehr 1665 ff.: jetzt ist er wahrscheinlich zu alt. Er stirbt schließlich 1671 in Heselbach: "über 80 Jahr". Um 1635, aus dieser Zeit stammt ein undatiertes Schätzungsregister, sitzt Bernhardt Seidt weder auf den Höfen im Tonbach noch in Heselbach, vielleicht aber in Reichenbach, das im Schätzungsregister leider nicht enthalten ist.

Pächter des Waldackers werden 1629 auf drei Jahre der Kübler Hans Knorr (†1638, F 1209), der uns bereits im Teil 3.2 begegnet ist, und Georg Weißenmantel. Dieser ist kaum zu identifizieren: er könnte jedoch als Jerg Weisenmantel 1614 in Röt gehuldigt haben, dort ist er auch Schütze 1625/26. Weder ist sein Name im Bürgerbuch von Röt gestrichen noch in Reichenbach nachgetragen: daraus ist zu schließen, dass er um 1629 Bürger in Röt und nicht in Reichenbach ist.

Claus Stoll und Conrad Rösch, die beiden Taglöhner, pachten 1629 um 8 fl. eine Wiese im Nötlinstrauf (die Höhe des Pachtzinses macht deutlich, dass es sich bei der Wiese nur um einen kleinen Teil des Feldstückes handeln kann, das 1601 mit 14 Mannsmahd den Namen Nötlinstrauf trägt und 1668 sowie 1651, wahrscheinlich aber auch früher, zum Ochsengut gehört). Die beiden Pächter sind uns als alte Bürger Reichenbachs bekannt (Teil 3.1), über ihr Schicksal nach 1629 wissen wir nichts.

Conrad Rösch wird im Verzeichnis verliehener Güter später gestrichen und durch den Maurer Conrad Claß ersetzt. Der Zeitpunkt dieser Veränderung ist nicht festgehalten; wir haben jedoch dahinter Nachträge von gleicher Hand, aus denen geschlossen werden kann, dass der Pächterwechsel 1631 erfolgte. Den Grund für die Streichung von Conrad Rösch kennen wir nicht, namentlich wissen wir nicht, ob er gestorben ist.

Conrad Claß huldigt bereits 1628 in Reichenbach, ist also Bürger. Seine Identität ist unklar: vielleicht ist er identisch mit dem Maurer Conradt Claaß, der 1649 als Schultheiß in Obermusbach in dritter Ehe die Witwe des Hans Knorr von Reichenbach heiratet (F 1071). Diese Person erscheint in den Kirchenbüchern unter den Namen Claß, Claaß und Clauß, sitzt mindestens seit 1638 in Obermusbach und wäre demnach nur vorübergehend Bürger in Reichenbach gewesen. Vielleicht stammt Conrad Claß sogar aus Obermusbach und ist ein Sohn des Jacob Claiß (gest.1639, F 890), der dort ebenfalls Schultheiß war - vorausgesetzt die Namen Claß und Claiß sind austauschbar.

Georg Spaet, Schuhmacher, ist 1629 Pächter des Brandackers, der Pachtzins beträgt 6 fl. jährlich.

Das Gewerbe des Schuhmachers wird zur Zeit Georg Spaets auf dem Land wahrscheinlich überwiegend ambulant ausgeübt: der Schuhmacher reist umher, von Dorf zu Dorf, von Hof zu Hof, misst, probt an, liefert aus, repariert - soweit möglich - an Ort und Stelle. Dazu führt er einiges Werkzeug mit: die Ahle mit Nähdraht, Zangen, Hämmer und Nägel. Aufwendigere Reparaturen und die Neuproduktion von Schuhen erledigt er über dem Leisten in der häuslichen Werkstatt.

Georg Spaet (†1644, F 28) wohnt wahrscheinlich 1629 noch (wie später wieder) in Röt, wo um 1625 ein "Jerg Spätt Schuhmacher" huldigt. 1635 muss er jedoch in Reichenbach sitzen, denn seine Tochter Euphrosina ist dort geboren. Die Mutter der Euphrosina und Ehefrau des Georg Spaet ist Anna Maria Weißenmantel. Einem Ehepaar gleichen Namens wird 1632 in Baiersbronn ein Sohn (Hans Jacob) geboren. Wenn die Personen identisch sind, muss Georg Spaet spätestens 1632 geheiratet haben, vielleicht schon in Baiersbronn, dort muss das Ehepaar auch vorübergehend, nach Röt und vor Reichenbach, gewohnt haben. 1636 heiratet der Witwer Georg Spaet in Röt die Catharina Stribich aus Schwarzenberg (Tochter des F 591). Die Kinder des Ehepaars sind in Röt geboren, dort auch stirbt Georg Spaet im Jahr 1644. Seine Wohnorte scheinen also der Reihe nach Röt, Baiersbronn, Reichenbach und wieder Röt gewesen zu sein. Obwohl er schon 1629 Pächter in Reichenbach ist, ist er frühestens 1632 (und längstens bis 1636) dort auch ansässig.

Martin Seher, Bäcker, pachtet 1629 die "Mühlwies" im Reichenbach. Der Pachtzins von 12 fl. lässt auf eine Fläche von ungefähr fünf Mannsmahd schließen. Die Wiese ist wahrscheinlich nicht Teil der großen Parzelle "Reichenbach", die zum Maierhof gleichen Namens gehört. Noch 1668 zählt eine zweigeteilte Wiese von zwei Morgen im Tal des Reichenbach zum alten Eigenbesitz des Klosters, möglicherweise ein Rest der alten Mühlwiese (XXXV, S. 106 f.). Es könnte sein, dass sich Martin Seher schon 1629 in Reichenbach niedergelassen hat, vielleicht als Nachfolger des Bäckers Hans Günna an der Musbacher Steig. Sehers Witwe, Eva Haas, heiratet 1640 den Bäcker Hans Kirschmann, der im Lagerbuch von 1668 eine "Behausung" an der Musbacher Steig besitzt (XXXV, S. 265), die offenbar identisch ist mit dem früheren Besitz von Hans Günna. Woher stammt Martin Seher? Wir finden einen Bürger gleichen Namens 1621 im Bürgerbuch von Igelsberg und 1625/26 in der Schützenliste dieses Ortes. Martin Seher stirbt vor 1640 (Hochzeit der Witwe) und ist wahrscheinlich identisch mit dem F 662 ("Martin Seeger" - ich lese allerdings "Seher").

Der Schneider Hans Gleser pachtet 1629, zusammen mit Hans Rösch, ein Feldstück mit dem Namen "Schachen". Die Pachtzeit scheint nur ein Jahr betragen zu haben, denn 1630 wird der Schachen vom Kloster selbst bewirtschaftet, 1631 dann von Hans Knorr und 1632 vom Gastmeister Hans Mast.

Für die Ausübung des Schneiderhandwerks in dörflicher Umgebung gilt prinzipiell das gleiche wie für das Handwerk des Schuhmachers: es wird viel durch Herumziehen von Kundschaft zu Kundschaft ausgeübt. Natürlich arbeitet der Schneider auch zuhause, eine eigentliche Werkstatt benötigt er indes nicht: die Werkzeuge - Schere, Nadel, Ellenmaß - sind weder zahlreich noch umfänglich. Das Bild des Schneiders, der auf einem Tisch sitzend arbeitet, scheint durchaus typisch.

Hans Gleser (F 1134) huldigt 1628 in Reichenbach und stirbt vor dem April 1636, denn zu diesem Zeitpunkt heiratet seine Witwe Katharina Jacob Guot (F 972) aus Heselbach. Hans Gleser könnte aus Igelsberg stammen, wo es um diese Zeit viele Gleser (mit verschiedenen Schreibweisen des Namens, 1598 auch "Glasser") gibt.

Hans Rösch, der 1624 in Reichenbach huldigt, ist im Bürgerbuch "Conrad Röschen Sohn", also der Sohn jenes Conrad Rösch, der als einer der ältesten Bürger mindestens seit 1610 in Reichenbach sitzt und 1629, wie wir gesehen haben, ebenfalls Pächter ist. Die Spur des Sohnes verliert sich nach 1629 ebenso schnell wie die des Vaters.

Einem der Nachträge zum Verzeichnis von 1629 entnehmen wir, dass der Schmied Balthasar Muot wahrscheinlich im Jahr 1630 ein Feld am Brückenberg ("Bruckhenberg"), neben dem Pfistersacker, pachtet. Balthasar Muot (F 980) huldigt in Reichenbach nach 1628, aber nicht viel später. Er ist verheiratet mit Agatha Weißenmantel. 1654 berichtet der Schaffner, Balthasar Muot sei mit der ganzen Familie geflohen "aus forcht harter straff wegen verübter mißhandlung" (XXXVII). Wie mehrfach schon erwähnt, sehe ich Balthasar Muot nicht mehr als Nachfolger im Besitz des Sebastian Schmidt, obwohl beide den selben Beruf ausüben. In einer neueren Studie ("Die frühe Bebauung vor dem Ochsentor in Reichenbach 1620 - 1668") komme ich durch detaillierten Vergleich der Lagebeschreibungen 1621 und 1668 zu dem Ergebnis, dass Balthasar Muot den Besitz Jacob Klumpps übernommen hat.

Um 1630 pachtet ein Michel Ruwenbach "auff der Königswarth" ein Gartengrundstück, das wohl auch dort zu suchen ist. Es stammt, wie die Königswart selbst, wahrscheinlich nicht aus altem Klosterbesitz. Michel Ruwenbach konnte bisher nicht identifiziert werden, er ist wahrscheinlich kein Bürger von Reichenbach.

Das Verzeichnis hält um 1630 des weiteren fest, dass der Kuhhirt Jacob Stribich aus Huzenbach als Lohn für seine Dienste 6 fl. jährlich bekommt. Jacob Stribich (F 526), ein Taglöhner, ist der Sohn des Huzenbacher Lehensbauern Hans Stribich (F 690). Obwohl er im Bürgerbuch von Huzenbach nicht aufgeführt ist, dürfen wir annehmen, dass er dort Bürger ist. Dafür sprechen die Daten in den Kirchenbüchern von Schwarzenberg: Jacob Stribich heiratet dort im Jahr 1615 Agnes Weisser aus Simmersfeld, im Taufbuch finden wir drei Kinder des Ehepaars, die alle in Huzenbach geboren sind (LI). Jacob Stribich muß vor dem Januar 1637 gestorben sein, denn in diesem Monat geht seine Witwe eine neue Ehe ein (F339).

Hans Weißenmantel (F 1273) von Röt pachtet im Jahr 1631 ein Häuslein "auff der gruob", das wohl ebenfalls auf der Königswart zu suchen ist. Im Lagerbuch von 1668 (XXXV, S. 214) ist ein "Zechenhaus" auf der Königswart aufgeführt, das im Besitz von Hans Wolf aus Röt ist. Vielleicht handelt es sich um dasselbe Gebäude. Wenn das richtig ist, dann ist Hans Weißenmantel wahrscheinlich nie Bürger von Reichenbach gewesen. Dazu passen die übrigen Lebensdaten, die wir von ihm haben: er huldigt 1613/14 in Röt, ist dort 1625/26 Schütze und stirbt dort 1643. Seine Tochter Genoveva heiratet 1650 Michel Berger (F 1272) aus Besenfeld, den Pächter des Reichenbachs (Teil 4.4). Über verwandtschaftliche Verhältnisse des Hans Weißenmantel zu Georg Weißenmantel sowie zu Anna Maria (Ehefrau des F 28) und Agatha (Ehefrau des F 980) können wir nur spekulieren: alle vier scheinen derselben Generation anzugehören, weitere Hinweise fehlen.

Melchior Stoll, vielleicht ein Sohn des alten Reichenbacher Bürgers Claus Stoll, pachtet 1631 Felder, die zuvor Georg Klein innegehabt hat (Teil 3.2). Melchior Stoll huldigt 1622 in Reichenbach, weitere Daten fehlen.

Mit Melchior Stoll enden die Nachträge zum Verzeichnis verliehener Güter aus dem Jahr 1629. In den Kirchenbüchern von Reichenbach finden wir weitere Hinweise auf Reichenbacher Bürger, insbesondere auf Conrad Mast:

Conrad Mast (1601 - 1671, F 349), ein Sohn des alten Gastmeisters Martin Mast (F 688) aus Röt, lebt lange Zeit in Röt. Dort huldigt er 1619, dort ist er 1625 Schütze, dort heiratet er 1641 Maria Nöf (1612 - 1687), und dort sind auch seine Kinder geboren - bis auf eines: die Tochter Anna Maria ist, wenn kein fehlerhafter Eintrag im Taufbuch vorliegt, am 3. Dezember 1643 in Reichenbach geboren. Für die Richtigkeit des Eintrags spricht, dass Conrad Masts Frau Maria im gleichen Jahr, am 29. Mai, als Patin so registriert ist: "Maria Nöfin von Reichenbach". Das Ehepaar muss also um 1643 in Reichenbach gelebt haben, jedoch gewiss nicht lange, denn das nächste Kind, die Tochter Magdalena, ist im Juli 1645 wieder in Röt geboren. Dort ist Conrad Mast noch 1658 Schütze (XLIV). Danach aber, es ist nicht erkennbar, wann das war, muss das Ehepaar Mast-Nöf nach Heselbach gezogen sein, denn im Lagerbuch ist Conrad Mast dort Taglöhner; auch sterben beide Ehegatten in Heselbach.

In den Kirchenbüchern finden wir des weiteren drei Personen, die zur Zeit des Lagerbuchs noch Bürger von Reichenbach sind und im folgenden Abschnitt ausführlich vorgestellt werden:

  • Hans Keck (F 434)
  • Hans Kirschmann (F 144)
  • Melchior Schreiber (F 930)

Schließlich begegnen uns zwischen 1640 und 1647, insbesondere im Jahr 1643 viele fremde Namen in den Kirchenbüchern: ganz offensichtlich Flüchtlinge, aber auch einige Soldaten sind darunter. Wir führen sie hier nicht auf, denn sie sind und werden keine Bürger Reichenbachs: nur der Krieg, nicht der freie Wille, hat sie für ein paar Jahre ins Klosteramt verschlagen.

4. Wiederaufbau und Erneuerung (1648 - 1668)

Das wichtigste Dokument für die Zeit nach 1648 ist zweifellos das Lagerbuch 1667/68, dessen Reichenbacher Teil auf das Jahr 1668 datiert (XXXV). Weil das Lagerbuch alte Rechtsverhältnisse erneuern will, sind vorsichtige Rückschlüsse auf vermutete frühere Zustände erlaubt. In vielen Fällen enthält das Lagerbuch aber auch direkt Abschriften älterer Dokumente, die explizit frühere Verhältnisse beschreiben und erneuern. Neben dem Lagerbuch haben wir die Reichenbacher Kirchenbücher (L), die für diese Zeit recht gut geführt sind, und einige Schützenlisten der Jahre 1655 - 1658 (XLIV) sowie 1665 und 1668 (XLV). Damit ist die vierte Phase der Entwicklung der bürgerlichen Gemeinde ausreichend dokumentiert. Beginnen wir mit den Personen, die 1668 als Besitzer von Gütern im Lagerbuch aufgeführt sind bzw. mit ihren Vorgängern, dann sind zunächst die folgenden Bürger mit ihren Familien zu nennen (die Käufer der vier Klostergüter behandeln wir im Teil 4):

Philipp Mast (ca. 1606 - 1676, F 29). Er ist, wie G. Frey anhand der Inventuren und Teilungen nachgewiesen hat (1987), ein Sohn des alten Gastmeisters Martin Mast, der 1619 starb; dann ist er auch ein Bruder des jüngeren Gastmeisters Hans Mast, der 1638 starb. Philipp Mast stammt aus Röt, dort huldigen sowohl sein Vater als auch sein Bruder Hans. Ihn selbst finden wir weder im Bürgerbuch noch in der Schützenliste 1625/26 noch in einem Schätzungsregister aus der Zeit um 1635. Er scheint in dieser Zeit nicht im Klosteramt zu wohnen. Erst mit seiner Hochzeit im Jahr 1642, er ist bereits 36 Jahre alt, ist er nachweisbar. Seine Frau, Eva Rudlof, stammt aus Oberkirch - vielleicht hat Philipp Mast zunächst auch dort gelebt. Schon 1644, bei der Geburt eines Kindes, stirbt Eva Rudlof. Folgt man dem Taufbuch, dann ist es das erste Kind. In den Inventuren und Teilungen (XLVIII, Reichenbach, 30.12.1661) ist dagegen von Kindern (im Plural) der Eva Rudlof mit Philipp Mast die Rede, die vor der Mutter gestorben sind. Doch ist auch im Totenbuch nur ein gestorbenes Kind zu finden.

Noch im selben Jahr heiratet Philipp Mast erneut, und zwar Catharina Stribich, die Witwe des Schuhmachers Georg Spaet (F 28). Sie ist unzweifelhaft eine Tochter des Jacob Stribich aus Schwarzenberg (F 591): dort ist sie, laut Schwarzenberger Taufbuch, am 18. August 1612 geboren; als sie 1682 stirbt, ist sie ungefähr 70 Jahre alt, das stimmt überein. Catharina Stribich, die Tochter des Georg Stribich (F 232/283) ist, wiederum laut Schwarzenberger Taufbuch, am 1. September 1618 geboren und heiratet 1650 Martin Frey (F 757) in Huzenbach (LI).

Wir finden Philipp Mast in allen drei Schützenlisten der fünfziger Jahre, jedoch nicht mehr in den Listen der Jahre 1665 und 1668. Da er noch lebt (er stirbt 1676), ist er inzwischen wohl zu alt für den Schützendienst: tatsächlich scheint die Altersgrenze bei 60 Jahren zu liegen. Im Lagerbuch von 1668 besitzt er eine Behausung vor dem Ochsentor zwischen Ringmauer und Sägmühlenbach (S. 255 f.). Nach neueren Erkenntnissen (vgl. meine Studie "Die frühe Bebauung vor dem Ochsentor in Reichenbach 1620 - 1668") korrigiere ich meine ursprüngliche Auffassung, dass Philipp Mast den Besitz von Hans Knorr übernommen haben könnte, und komme zu dem neuen Ergebnis, dass es sich um den früheren Besitz von Christian Bitsch handeln muss. Dieser wäre dann über Johannes Schwager, vielleicht sogar unmittelbar, an Philipp Mast gegangen.

Aus der zweiten Ehe hat Philipp Mast einen Sohn, Benedict (1646 - 1726, F 67), der ihm im Küferhandwerk folgen wird. Wir finden Benedict Mast in den Schützenlisten 1665 und 1668.

Hans Kirschmann (F 144) ist einer der drei Bäcker, die zwischen 1648 und 1668 in Reichenbach leben; er ist zugleich "Amtsbote". Er heiratet 1640 Eva Haas, die Witwe des Martin Seher (F 662), der ebenfalls Bäcker in Reichenbach war (vgl. Teil 3.3). Hans Kirschmann muss aber schon länger in Reichenbach ansässig sein, denn er huldigt dort bereits kurz nach 1628. Seine Herkunft und sein Alter kennen wir nicht. Er ist 1658 noch Schütze, danach (1665 und 1668) nicht mehr; weil er 1668 noch lebt, muss er aus Altersgründen ausgeschieden sein. Damit könnte Hans Kirschmann kurz nach 1600 geboren sein.

Im Lagerbuch von 1668 besitzt Hans Kirschmann ein Haus an der Musbacher Steig (S. 265; Foto), das allem Anschein nach identisch ist mit dem Haus, das der Bäcker Hans Günna 1624 gekauft hatte und von ihm über Martin Seher an Hans Kirschmann gelangt sein könnte. Wie das im einzelnen geschah, ist nicht erkennbar. Immerhin fällt auf, dass Hans Kirschmann schon im März 1638 als Pate "beckh zu Reichenbach" ist - also schon vor seiner Hochzeit mit Eva, der Witwe Hans Sehers. Das heißt allerdings nicht, dass er auch schon im Besitz des Hauses an der Musbacher Steig gewesen sein muss. Die Hypothese, dass Eva Seher das Haus in die Ehe einbrachte, bleibt plausibel.

In den Kirchenbüchern wird Hans Kirschmann erstmals im August 1643, wiederum als Pate, "Amtsbott" genannt und letztmals im Mai 1655. Mindestens in diesem Zeitabschnitt, vielleicht mit Unterbrechungen, war er demnach in dieser Funktion. Doch was ist ein Amtsbote: ist seine Rolle identisch mit der des Amtsknechts, also nur ein anderer Name für dieselbe Funktion? So scheint es zu sein: Georg Kirschmann (1649 - 1698, F 294), ein Sohn des Hans Kirschmann, ist bei seinem Tod 1698 (XLVIII, Reichenbach, 1698) Kastenknecht und Amtsbote. Diese Kombination zweier Amtsbezeichnungen, die wir ja in ähnlicher Form schon mehrfach gefunden haben, legt den Schluss nahe, dass Amtsknecht und Amtsbote (später werden wir noch den "Amtsdiener" finden) dasselbe Amt meinen. Georg Kirschmann hätte dann, wie andere vor ihm, die beiden Ämter, das kirchliche (Kastenknecht) und das weltliche (Amtsbote) in seiner Hand vereinigt.

Neben dem Sohn Georg begegnen uns noch zwei weitere Söhne Hans Kirschmanns in den Dokumenten bis 1668: Hans Balthasar (1641 - 1700, F 932) und Benedict (1644 - 1690, F 163). Wir finden alle drei Brüder in der Schützenliste 1668; im Jahr 1665 ist nur Hans Balthasar Schütze, Georg ist zu jung und Benedict wahrscheinlich andernorts. Sowohl Hans Balthasar (in Huzenbach) als auch Georg (in Reichenbach) üben den Beruf des Bäckers aus.

Auch Hans Keck (†1680, F 434) ist Bäcker, später auch Kastenknecht in Reichenbach. Er heiratet 1637 Margaretha Eppler und lebt zunächst in Igelsberg: jedenfalls ist sein Sohn Johannes im Dezember 1640 dort geboren. Aber im März 1642, bei der Geburt der Tochter Magdalena, sitzt Hans Keck in Reichenbach. Seine familiäre Herkunft liegt ebenso im Dunkel wie die regionale. Um 1635 gibt es keine Kecks in Igelsberg (übrigens auch keine Epplers). In Huzenbach (LI) sitzt der Lehensbauer Hans Keck (F 440), der die Witwe Bernhard Masts (F 162) geheiratet hat und 1639 stirbt: er ist also keinesfalls identisch mit dem F 434, seine Herkunft ist indes genauso unbekannt. In Reichenbach sitzt spätestens seit 1629 (XVIII), jedoch mit Unterbrechungen, der Müller Jacob Keck (F 2143), der ein Verwandter des Hans Keck sein könnte: vielleicht ein älterer Bruder, sehr wahrscheinlich nicht der Vater (obwohl wir die Geburtsdaten der beiden nicht kennen, legen die übrigen Lebensdaten die Vermutung nahe, dass beide eher der gleichen Generation als verschiedenen Generationen angehören). Die Hypothese familiärer Beziehungen zwischen den beiden Reichenbacher Kecks wird durch die Lagebeschreibung der Behausung des Hans Keck 1668 unterstützt: sie liegt, laut Lagerbuch, innerhalb der Ringmauer bei der Mahlmühle (S. 251 f.). Pächter der Mühle bis 1651 war, wie gesagt, Jacob Keck (Teil 4.3).

Hans Keck ist Schütze bis 1668, er fehlt 1656, doch das muss nichts bedeuten. Im Dezember 1661 wird er im Taufbuch erstmals "Kastenknecht" genannt. Als "Beck und Kastenknecht" stirbt er 1680.

Zwei Söhne Hans Kecks finden wir in den Dokumenten jener Zeit (ein dritter Sohn, der älteste, ist wohl früh gestorben): Hans Jacob (1645 - 1720, F 604) und Hans Michael (1647 - 1690, F 253), beide sind Bäcker in Reichenbach. Hans Jacob Keck ist 1665 und 1668 Schütze.

Hans Ganss (F 425) ist der dritte Bäcker in Reichenbach zur Zeit des Lagerbuchs. Seine Berufsbezeichnung ist zwar nicht einheitlich (Lagerbuch, S. 245: "Taglöhner", S. 257: "beckh, Taglöhner", S. 277: "beckh"), wir haben aber im Teil 3.2 schon darauf hingewiesen, dass der Übergang zwischen Taglöhner und Handwerker fließend ist, und Hans Ganss ist zumindest auch Bäcker. Er ist wohl der jüngste: zwar kennen wir das Jahr seiner Geburt nicht, wir wissen aber, dass sein Vater Michael Ganss 1670 mit ungefähr 70 Jahren starb, also um 1600 geboren ist; der Sohn Hans Ganss könnte dann um 1625 geboren sein. Er heiratet 1649 Agatha Schneider (1626 - 1666) aus Igelsberg, wohnt zunächst in Heselbach (dort sind die ersten beiden Kinder geboren) und lässt sich 1652 oder 1653 als "beckh aus Schopfloch" in Reichenbach nieder (XXXVII). Das dritte Kind ist denn auch 1654 in Reichenbach geboren. Wider Erwarten finden wir Hans Ganss nicht in der Schützenliste des Jahres 1655, sondern erst in den Listen ab 1656. Man muss daraus nicht unbedingt auf eine Abwesenheit von Hans Ganss schließen - vielleicht wurde er nur versehentlich nicht aufgeführt oder - aus Gründen, die wir nicht kennen - bewusst nicht aufgenommen.

Hans Ganss heiratet 1666, kurz nach dem Tod seiner ersten Frau, ein zweites Mal: Anna Schleh (1617 - 1684) aus Baiersbronn.

Im Lagerbuch von 1668 besitzt Hans Ganss zusammen mit Hans Keck ein Wies- und Ackerfeld im Nötlinstrauf (S. 245 f.); dies könnte auf eine Zusammenarbeit der beiden Bäcker hindeuten. Die Behausung des Hans Ganss vor dem Ochsentor könnte ihrer Beschreibung nach auf Hans Weisser zurückgehen (XIII), der 1637 wohl versehentlich, aber doch merkwürdig "beckh" genannt wird (XIX); sonst finden wir als Beruf des Hans Weisser immer Schmied.

Melchior Schreiber (1599 - 1673, F930) ist ab 1638 in Reichenbach nachweisbar. Wie wir den Inventuren und Teilungen entnehmen können, war er zweimal verheiratet: zunächst mit Sabina Rapp aus Fünfbronn und danach mit Brigitta Mast, der Tochter des alten Gastmeisters Martin Mast (XLVIII, Reichenbach, 30.12.1661). Wahrscheinlich führte die zweite Ehe Melchior Schreiber nach Reichenbach. Dies ist wahrscheinlich nicht lange vor 1638 geschehen. Ab Februar 1638, seit der Geburt seiner Tochter Anna Maria, ist Melchior Schreiber in Reichenbach nachweisbar, vielleicht mit einer Unterbrechung um 1648: sein Sohn Martin scheint im September 1648 in Röt geboren zu sein, es ist aber auch ein fehlerhafter Eintrag möglich.

Angaben über den Beruf Melchior Schreibers finden wir nicht, im Lagerbuch 1668 ist er lediglich "Bürger alhier" (S. 254). 1661, aber wahrscheinlich auch noch danach, übt er die Funktion des "Amtsdieners" aus (XLVIII, Reichenbach, 30.12.1661). Es liegt nahe, die Amtsbezeichnung "Amtsdiener" mit den Bezeichnungen "Amtsknecht" und "Amtsbote", die wir bereits kennen, gleichzusetzen.

Melchior Schreiber besitzt laut Lagerbuch 1668 ein Haus vor dem Ochsentor, das auf Hans Knorr (vgl. Teil 3.2) zurück gehen könnte.

Mit Amandus Heinzelmann (F 2019) haben wir eine weitere Amtsperson, die in zwei verschiedenen Funktionen in Reichenbach wirkte: Amandus Heinzelmann begegnet uns zunächst (ab 1649 im Taufbuch) als "Schreiber" und danach von 1654 bis 1661 als Schaffner des Klosteramts (Teil 5.1). Angesichts dieser Karriere fällt es schwer anzunehmen, dass das Amt des Schreibers, das Heinzelmann ausübte, identisch gewesen sein könnte mit dem des Amtsknechts (Amtsboten, Amtsdieners). Wie es umgekehrt kaum vorstellbar ist, dass der Amtsbote Hans Kirschmann oder der Amtsdiener Melchior Schreiber Klosterschaffner hätten werden können. Wirft man einen Blick in das Württembergische Dienerbuch (1963), das keineswegs die Diener, sondern die höheren Bediensteten Württembergs aufführt, dann wird erkennbar, dass das Amt des Schreibers - Amtsschreibers, Stadtschreibers - als Sprungbrett für höhere Funktionen diente, die nur einem erlesenen Kreis gut ausgebildeter Beamter zugänglich waren (so auch O. Hammer, 1923, S. 202 ff.).

Wir müssen demnach, zumindest für die Zeit nach 1648, von zwei verschiedenen Ämtern - Amtsknecht und Schreiber - ausgehen, die von verschieden qualifizierten Personen ausgeübt werden. In die Amtszeit von Amandus Heinzelmann als Schreiber fällt denn auch die Amtszeit von Hans Kirschmann als Amtsbote (Amtsknecht).

Der Schreiber Amandus Heinzelmann kann daher nur bedingt in die folgende Übersicht (Tafel 3) aufgenommen werden, in der die Ämter des Amts- und des Kastenknechts mit den verwandten Amtsbezeichnungen sowie die Inhaber dieser Ämter, soweit sie namhaft gemacht werden können, zusammengefasst sind.

 
Jahr staatlich kirchlich
1598     Anonym
"Keller und Schreiber"
 
1606   Hans Österlin
"Amtsknecht"
   
1607   Bartlin Kraus
"Amtsknecht"
   
1613       Jacob Zeiler
"Keller und Kastenknecht"
1624       Georg Klein
"Küfer und Kastenknecht"
1643   Hans Kirschmann
"Amtsbote"
   
1649 Amandus Heinzlemann
"Schreiber"
Hans Kirschmann
"Amtsbote"
   
1655   Hans Kirschmann
"Amtsbote"
   
1661   Melchior Schreiber
"Amtsdiener"
  Hans Keck
"Kastenknecht"
1668   Anonym
"Amtsknecht"
  Anonym
"Kastenknecht"
1680       Hans Keck +
"Kastenknecht"
1698     Georg Kirschmann +
"Amtsbote und Kastenknecht"
 
Tafel 3: Amtsknecht, Kastenknecht und verwandte Ämter mit einigen ihrer Innhaber 1598 - 1698
 
Jeremias Sora (F 1153; auch: Schora, Scherer und andere Schreibweisen) setzt nach Sebastian Schmidt, Hans Weisser und Balthasar Muot die Tradition des Schmiedehandwerks in Reichenbach fort. Die Annahme, dass Jeremias Sora Haus und Werkstatt von Balthasar Muot übernommen hat, findet im Bericht des Schaffners von 1654 (XXXVII) keine Bestätigung. Jeremias Sora hat "ein behausung unnd schmitt alhie erkaufft", während Balthasar Muots "gueter, ein Werkhauß und Hauß, aber zuer Schul verordnet worden" sind. Das Lagerbuch von 1668 bestätigt diesen Bericht, indem es vermerkt, dass der Besitz Muots "gleich nach sein, Baltas Muethen, Ausweichens" und "Zeit hero" als Schulhaus genutzt wird (S. 259).

Jeremias Sora ist denn auch schon 1651 in Reichenbach nachweisbar, also vor der Flucht des Balthasar Muot. Er hält sich allerdings nicht lange in Reichenbach auf: dort ist er noch bezeugt im Januar 1658 bei der Geburt seiner Tochter Anna Dorothea. 1658 ist er auch Reichenbacher Schütze; neben seinem Namen - "Jeremias Schorra" - finden wir den Vermerk "frey": vielleicht ein Zeichen für seinen Weggang. Dazu könnte passen, dass der neue Schmied in Reichenbach, Hans Hauser, ab 1659 nachweisbar wird. Wegen des kurzen Aufenthalts von Jeremias Sora in Reichenbach finden wir von ihm nicht allzuviel Spuren. Dem Kirchenbuch, dort wird er Sora, Sorach und Schora genannt, können wir entnehmen, dass seine Frau Magdalena hieß. Jeremias Schora ist, nach einem Hinweis bei G. Frey (1987), später in Altensteig- Dorf nachgewiesen.

Schmied in Reichenbach zur Zeit des Lagerbuchs ist Hans Hauser (F 1025). Den Inventuren und Teilungen (XLVIII, Reichenbach, 28.12.1661) können wir zunächst entnehmen, dass er ungefähr seit 1656 in zweiter Ehe verheiratet ist; seine Ehefrau heißt Maria. Im November 1659 wird das erste Kind des Ehepaars, eine Tochter ebenfalls mit dem Namen Maria, in Reichenbach geboren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt also finden wir Hans Hauser in Reichenbach. Er kann jedoch nicht viel früher zugezogen sein, denn in den Schützenlisten bis 1658 finden wir ihn noch nicht - erst 1665 und 1668 ist er Reichenbacher Schütze. Hans Hauser besitzt laut Lagerbuch (Faksimile) ein Haus auf dem Marktwasen "zwischen dem underen Waßergraben" und "einem gemeinen Gäßlin bey dem Schuelhauß". Dieses Haus könnte zuvor Jeremias Sora besessen haben und zurück gehen auf den frühen Besitz des Schmieds Sebastian Schmidt (vgl. dazu meine Studie "Die frühe Bebauung vor dem Ochsentor in Reichenbach 1620 - 1668").

In allen Schützenlisten der Jahre 1655 bis 1658, 1665 und 1668, aber eigentlich nur dort, finden wir Martin Luz. Er ist ein Stiefsohn des "Ochsenmeiers" Bernhard Klumpp (1606 - 1692, F 4), der seit 1634 mit Martins Mutter Catharina verw. Luz geb. Frey aus Röt verheiratet ist. Sein Vater war Martin Luz (F 787), der 1621 in Obermusbach huldigte (Bürgerbuch), also wohl um 1603 geboren ist. Weil die Mutter 1634 eine zweite Ehe eingeht, ist der Vater kaum über dreißig Jahre alt geworden. Martin Luz, der Sohn, muss dann um 1630, wahrscheinlich in Obermusbach geboren sein. Er heiratet 1668 als Sohn des Martin Luz von Obermusbach nach Grüntal.

Der Schneider Hans Martin Schauz (gest.1689, F 578) lebt ungefähr zwischen 1656 und 1661 in Reichenbach. Er stammt aus Unterwaldach und heiratet 1656 in zweiter Ehe Anna Maria Pfeiffer (1630 - 1705) aus Schwarzenberg. Die ersten drei Kinder des Ehepaares sind zwischen Juni 1656 und Februar 1661 in Reichenbach geboren. Zwischen 1656 (jedoch nicht 1655) und 1658 (jedoch nicht 1665) ist Hans Martin Schauz auch Schütze in Reichenbach. Er muss diesen Ort zwischen 1661 (Geburt des dritten Kindes) und 1665 (Schützenliste) wieder verlassen haben. Tatsächlich begegnet uns Hans Martin Schauz bereits 1662 in Igelsberg (XLVIII, Igelsberg, 9.6.1662).

Das Lagerbuch sah die jährliche Bestellung von drei Hirten vor - eine Regelung, die 1668 zweifellos schon Tradition hatte, denn wir finden sie im Kapitel "Des Closters alte Gebräuch und Gewohnheiten" (S. 161 ff.). Bestellt wurden

  • ein Kuhhirt
  • ein Gusthirt (für das "Gustvieh": Ochsen, Stiere, nicht tragende Kalbinnen, Pferde, Ziegen),
  • ein Schweinehirt.

Man kann wohl davon ausgehen, dass die wiederholte Bestellung einer Person zum Hirten nicht selten war. Daher haben wir neben umherziehenden, häufig wechselnden Personen, die nicht mehr namhaft gemacht werden können, auch Personen, die über Jahre hinweg die Rolle des Hirten ausübten und sich in Reichenbach niederließen. Zu diesen gehören in der Zeit zwischen 1648 und 1668 Balthasar Wilhelm und Michel Klee. Beide waren Kuhhirten.

Balthasar Wilhelm (F 480) kam um das Jahr 1656 nach Reichenbach. Zuvor ist er in Baiersbronn nachweisbar, wo er 1647 Maria Schmelzlin heiratete, sowie in Röt, wo 1654 sein Sohn Jacob geboren wurde. Im Januar 1657, Geburt der Tochter Agatha, sitzt Balthasar Wilhelm mit Sicherheit in Reichenbach; 1658 ist er dort auch Schütze. 1662 heiratet er in zweiter Ehe, die erste Frau stirbt 1661, Martha Muz (1636/38 - 1678) aus Igelsberg. Die Tochter Eva des Ehepaares wird im August 1663 noch in Reichenbach geboren, kurz danach muss Balthasar Wilhelm Reichenbach verlassen haben. 1665 ist er in Obermusbach nachgewiesen und 1675 in Wittlensweiler (nach G. Frey, 1987).

Michel Klee (F 835) ist ganz offensichtlich der Nachfolger von Balthasar Wilhelm als Kuhhirt. Er stammt aus Schernbach und ist zunächst Knecht beim Gastmeister. Dort arbeitet als Magd Christina Rechberger aus Igelsberg. Im Juni 1663 heiraten die beiden. Michel Klee ist Schütze in Reichenbach 1665 und 1668. Das Amt des Kuhhirten übernimmt er wahrscheinlich im Frühjahr 1664. Später wird er offenbar auch Nachtwächter, denn beim Tod seiner zweiten Frau Maria (4.2.1700) übt er beide Ämter aus (L) - was die Frage aufwirft, wann der Mann zu seinem Schlaf kam.

Wahrscheinlich nur kurze Zeit in Reichenbach leben die folgenden Personen:

  • Hans Jerg Berger (F 1815) - er heiratet 1649 als Sohn des Hans Jacob Berger (F 345) von Reichenbach, der "seelig", also vor 1649 gestorben ist und aus Besenfeld stammt (sonst keine Hinweise auf Vater und Sohn);
  • Georg Frey (F 2016), der uns mit seiner Frau Anna Margaretha zwischen 1649 und 1653 in den Kirchenbüchern von Reichenbach begegnet;
  • Benedict Aichkern (F 1147), ein Barbier aus der Schweiz, der 1659 in Reichenbach heiratet, nach 1663 dort aber nicht mehr belegt ist;
  • Jacob Schmelzlin (F 1251), ein Müller aus Freudenstadt, 1663/64 in den Kirchenbüchern, 1665 in der Schützenliste nachgewiesen, danach keine Belege mehr.

Damit beenden wir unsere Übersicht über die frühen Bürger Reichenbachs, die den Ort in schwerer Zeit aufgebaut und geprägt haben und den Grundstein gelegt haben zu seiner Wohlfahrt in späterer Zeit. Es sind Namen unter den frühen Bürgern, die wir auch heute noch finden, andere sind verschwunden. Beide zusammen verdienen unsere Erinnerung.

Typoskript: 03/96
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Der Buchstabe F mit nachfolgenden Ziffern verweist auf das Ortssippenbuch von G.Frey (1987)