Studien
 
Die Besiedlung des Silberbuckels von Huzenbach im 18. Jahrhundert (Teil 1):
Einleitung
 
Die Grundzüge der Besiedlung des Silberbuckels von Huzenbach sind natürlich ebenso bekannt, wie das Werden und Wachsen der beiden anderen Keimzellen der späteren Gemeinde: die alten Lehensbauernhöfe und die Siedlungen im Roten Rain. Im Jubiläums-Buch (1989) ist dies alles noch einmal sorgfältig und kenntnisreich von Siegfried Finkbeiner und Wilhelm Günter zusammengestellt worden. Dem ist wenig hinzuzufügen.

Indes mag ein veränderter, vergrößerter oder verkleinerter Blickwinkel zu neuen Erkenntnissen führen. Ein verengter Blickwinkel ist zum einen dann legitimiert, wenn er zugleich zu einer schärferen Analyse und tieferen Durchdringung des untersuchten Feldes verhilft. Zum anderen ist ein verengter Blickwinkel dann legitimiert, wenn er gleichwohl flexibel bleibt und sich nicht zu Scheuklappen verfestigt. Es ist die Hoffnung, dass der hier gewählte Ansatz beiden Legitimitätsansprüchen genügt.

Zu meinen Vorfahren zählen Benedict Mast und Friedrich Stribich, die beide um 1600 als Lehensbauern in Huzenbach lebten, sowie Johannes Wurster, der 1757 Christina Mast vom Silberbuckel heiratete und fast 50 Jahre dort wohnte. Der Anlass meiner Untersuchungen ist also durchaus ein privater: die eigenen Ahnen. Doch habe ich mich nie damit begnügt, deren Lebensdaten zu ermitteln und Stammbäume zu entwerfen. Was mich mehr interessierte, waren Antworten auf die Fragen, wo, mit wem und wie die Vorfahren gelebt haben. So kam ich zu Fragen der Besiedlung, der Nachbarschaft und der sozialen Ordnung. Und so mag mein im Ursprung privates Interesse zu einem allgemein interessierenden Ergebnis gekommen sein.

Erleichtert wird die Arbeit des Ahnen- und Heimatforschers heutzutage dadurch, dass eine Reihe wichtiger Quellen durch die Technik der Mikroverfilmung viel leichter und besser zugänglich geworden ist als in früheren Zeiten. Rückkopien von Mikrofilmen auf Papier oder auch Filmkopien können ohne großen Aufwand für die tägliche Arbeit verfügbar gemacht werden und schonen vor allem die oftmals schon stark angegriffenen Originale, seien es nun Akten oder Kirchenbücher. Auf die wichtigsten Quellen dieser Arbeit sei hier vorab hingewiesen:

  • Nicht im strengen Sinne eine Quelle, jedoch quellenähnlich und jedenfalls von unschätzbarem Wert ist das Ortssippenbuch "Klosterreichenbach" von Günther Frey (1987), das ungefähr das 17. und 18. Jahrhundert abdeckt und ein zügiges Arbeiten ungemein erleichtert, auch wenn es die Einsichtnahme der Kirchenbücher nicht entbehrlich macht.
  • Die Kirchenbücher von Klosterreichenbach (L) und Schwarzenberg (LI) sind als Mikrofilme sowohl über das Landeskirchliche Archiv als auch über das Hauptstaatsarchiv, beide in Stuttgart, zugänglich.
  • Die Kirchenbücher enthalten seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sog. Seelenregister, später Familienregister genannt. Von besonderer Bedeutung ist das erste "Seelenregister" im Kirchenbuch von Schwarzenberg aus dem Jahre 1780, weil es die Personen nicht nur nach Familien, sondern auch nach Wohngemeinschaften ordnet. Das zweite Ordnungsmerkmal fehlt leider allen späteren Registern.
  • Von ähnlicher Bedeutung ist das "Tabellarische Verzeichnis" aus dem Jahr 1769 im Bestand A 516 L des Hauptstaatsarchivs (XXXI).
  • Der Bestand A 516 L enthält noch einige andere, für unsere Fragestellung einschlägige Archivalien: Aufnahmen ins Bürgerrecht (XXX), Verkauf von Wildfeldern (XXVIII), Abgabe und Verkauf von Bauholz (XXXII) und als kleine Überraschung einen "kolorierten Riß" über den Silberbuckel von Huzenbach (XXXIII).
  • Das letzte vollständige Lagerbuch für den Bereich des Klosteramtes Reichenbach stammt aus den Jahren 1667/68 (XXXV). Dazu gibt es bis 1743 Nachträge, die in einer Abschrift aus dem Jahre 1809 enthalten sind (die Abschrift befindet sich im Gemeindearchiv Baiersbronn-Friedrichstal). Ab 1752 gibt es für Huzenbach Einträge in den sog. Beilagerbüchern, die aber wohl nicht lückenlos sind (XXXVI).
  • Wer sich von den Lagerbüchern genauen Aufschluss über die Lage von Feld- und Waldstücken verspricht, wird bei der Lektüre meist enttäuscht: die Beschreibungen mögen den Zeitgenossen mit ihrer Kenntnis von Grenzsteinen und Grenzverläufen genügt haben, wir heutigen sind angesichts der oberflächlichen Angaben in der Regel hilflos - es fehlt vor allem an Skizzen und Karten. Die ersten Flurkarten (im Maßstab 1:2.500) und Kataster entstehen für unser Gebiet ab 1836, sie sind im Staatlichen Vermessungsamt in Freudenstadt archiviert (LII).

Obwohl die Besiedlung des Silberbuckels von Huzenbach über 70 Jahre des 18. Jahrhunderts recht kontinuierlich verlaufen ist, lassen sich doch vier Phasen unterscheiden:

  • Die erste Phase beginnt 1728 (vielleicht auch früher) mit der Niederlassung des Hans Jacob Mast als "Buckelbauer" fünfhundert Meter oberhalb des alten Lehenshofes auf dem Huzenberg. Es ist fast eine Heimkehr: war dieser Hof doch einst im Besitz der Familie Mast, ehe die Söhne und Enkel des Benedict Mast sich mehr und mehr nach Schwarzenberg orientierten und dort im 17. Jahrhundert zwei Schultheißen stellten.
  • Auf Jacob Mast folgt schon bald, um 1736, mit Joseph Ziflen der erste Taglöhner, weitere kommen nach und wandern den Berg hinauf bis zum Waldrand des Eckköpfle. Der ist in den sechziger Jahren erreicht, das "Tabellarische Verzeichnis" von 1769 dient als Zäsur und erlaubt eine Zwischenbilanz.
  • In den folgenden Jahren (1769 - 1780) stoßen die Siedler im weiten Bogen über den Silberbuckel nach Norden und Nordosten vor, bis sie am Rappenriß den Rand des Steilhangs hinab zur Murg erreicht haben. Die Zahl der Bewohner nimmt rasch zu, das "Seelenregister" von 1780 gibt darüber exakt Aufschluss und markiert zugleich das Ende der dritten Besiedlungsetappe.
  • In den verbleibenden 20 Jahren des 18. Jahrhunderts kommt die zweite Generation der Taglöhner zum Zuge: teils übernehmen die Söhne und Töchter die elterlichen Häuser, teils bauen sie sich eigene. Es wird enger auf dem Silberbuckel und kultivierbares Land ist knapper denn je. Um 1800 entwirft der Feldmesser Schaible seinen "Riß" vom Silberbuckel, der den Stand der Besiedlung am Ende des Jahrhunderts vorzüglich dokumentiert.

Die weiteren Erörterungen gliedern sich, den vier Phasen der Besiedlung entsprechend, in vier Teile:

  • Teil 2: Die Bauern auf dem Silberbuckel (spätestens seit 1728)
  • Teil 3: Die ersten Taglöhner (1736 - 1769)
  • Teil 4: Neue Siedler (1769 - 1780)
  • Teil 5. Die zweite Generation (1780 - 1800)

Die Untersuchung schließt im Teil 6 (Anhang) mit einer Liste der Siedler auf dem Silberbuckel im 18. Jahrhundert.

Typoskript: 02/94
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Aktualisierung: 04/04