Kollektive
Nutzungsrechte an Feldern und Wäldern im Klosteramt
Reichenbach (Teil 3): Holznutzungsrechte |
Regelungen
über die Holznutzungsrechte finden sich im Lagerbuch
1667/68 nicht für Gemeinden mit eigenen Wäldern (woraus
man schließen kann, dass diese Gemeinden ihre Regelungen
autonom trafen), sondern nur für Ortschaften ohne
eigenen Gemeindewald, also für Reichenbach, Huzenbach
und die Höfe im Tonbach (hinzu kam als einzelner Bürger
Georg Schneider aus Heselbach - ein Sonderfall, dem wir
hier nicht nachspüren wollen). Die Bürger der genannten
Gemeinden bekamen als Ersatz für den fehlenden
Gemeindewald Zugang zum "Closterwald", um ihren
Holzbedarf zu decken. Holz war unentbehrlich, und zwar nicht nur als Heiz- und Brennmaterial. Es war der wichtigste Baustoff für fast alle Gebäude (Steinbauten waren selten) und darüber hinaus für viele andere Bauten: für Brücken und Stege, für Wasserleitungen - geschlossen (Teucheln) oder offen (Kähner), für Wehre und Stellfallen. Besondere Bedeutung kam dem "Hagholz" zu, mit dem zahlreiche Felder, insbesondere entlang der Wege des Viehtriebs, eingezäunt werden mussten, bis sie in natürlicher Weise von Hecken umwachsen waren. Schließlich war Holz auch Handelsware, an dessen Vertrieb sich die Bürger bei entsprechender Wirtschaftskraft beteiligen konnten. Die Ärmsten der Armen dagegen mussten sich, um ihre Feuerstellen in Betrieb und ihre bescheidenen Hütten warm zu halten, mit dem Holzbruch begnügen. Tatsächlich war der Zugang zum Holz, die "Beholzungsgerechtigkeit", weder für alle Nutzungen, noch für alle Bewohner der genannten Ortschaften gleich. Die alten Lehensbauern in Huzenbach und auf den Höfen hatten andere, bessere Nutzungsrechte als die Neubürger Reichenbachs, und diese wiederum waren anders, besser gestellt als die Taglöhner der Holzhauersiedlungen, die Mitte des 18. Jahrhunderts besonders in Huzenbach entstanden. Was nun zunächst das Bau- und Brennholz angeht, so bekamen die Höferbauern und die Bauern in Huzenbach (wohl einschließlich der Besitzer das alten Taglöhnergütleins Hoch - Wunsch - Wahr) dieses Holz nach Bedarf und auf "bittliches Ersuchen" kostenlos. Die Reichenbacher Neubürger mussten dagegen (von einer geringfügigen Sonderregelung für den Müller abgesehen) die sog. Stockmiet bezahlen, mit der sie den Baum ab dem Stock erwarben, um ihn dann selbst zu fällen und aufzumachen. Für die meisten Bürger Reichenbachs galt, wie sonst auch, das Bedarfskriterium, während für die vier Besitzer der privatisierten Klostergüter der jährliche Bezug an Bau- und Brennholz auf 200 Plöcher (von 4,5 bis 6 m Länge) zahlenmäßig begrenzt wurde. Dies änderte sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts, als der staatliche Holzhandel insbesondere nach Holland rasch anwuchs (und die Kasse des Herzogs füllte): Jetzt mussten die Holzhauer, die sich in Huzenbach niederließen, um dem Handelsaufschwung eine private Existenzgrundlage abzuringen, den "wahren Preis", den "verum pretium", den "courrierenden Preis" für das benötigte Bau- und Brennholz bezahlen (XXXII). Das gleiche galt für neue Bürger Reichenbachs (XXVII). Auch wurde die Bedarfsprüfung nach strengsten Maßstäben durchgeführt und so manches Gesuch auch abgelehnt. Die Restriktionen gingen gelegentlich so weit, dass schon bei der Erteilung des Bürgerrechts dem Neubürger auferlegt wurde, das Klosteramt nicht "mit einer Holzabgabe zu belästigen" (so im Falle des Johann Martin Kübler im April 1767 in Huzenbach; XXX). Andere Regelungen gab es für den Bezug von Hagholz, das benötigt wurde, um bestimmte Felder, besonders solche, die an den Weidewegen lagen, einzuhegen. Wie es scheint, war das Hagholz für alle Bürger Reichenbachs, Huzenbachs und auf den Höfen kostenlos, allerdings nur so lange, bis um den Holzzaun eine natürliche Hecke (eine "lebendige Häger") gewachsen war. Dies galt zumindest für die Zeit des Lagerbuchs von 1667/68. Ob die Regelung auf die Neubürger des 18. Jahrhunderts ausgedehnt wurde, ist zweifelhaft. Ohne Rechtsanspruch, vielmehr "ußer Gnaden" der Herrschaft konnten die Bürger auch Holz als Klotz- oder Plöcherholz ankaufen und in den Handel bringen. Die dafür zu entrichtende Stockmiet wurde 1601 auf 3 fl für 100 Plöcher festgesetzt (100 Plöcher entsprechen ungefähr 500 m Stammholz und 3 Gulden dem Gegenwert von einem Schwein). Die Plöcher wurden über die Murg verflößt, die dafür vorgesehenen Wege zum Fluss mussten offen gehalten werden, bei Frost war sogar der Transport über die Felder zu gestatten. Aus diesen Rahmenbedingungen kann man wohl schließen, dass der private Vertrieb von Holz Mitte des 17. Jahrhunderts (zur Zeit des Lagerbuchs) eine gewisse Bedeutung hatte. Es ist aber anzunehmen, dass hundert Jahre später der Privathandel den inzwischen restriktiven Bedingungen der Holzabgabe zum Opfer gefallen war. Wer unter den Neubürgern Reichenbachs, insbesondere des 18. Jahrhunderts, und den Holzhauern in Huzenbach die Stockmiet für das benötigte Brennholz nicht aufbringen konnte, war auf die Nutzung des Holzbruchs ("umbgefallen und Dirrholz") angewiesen, die kostenlos gewährt wurde - mit der Einschränkung allerdings, das Holz nicht unerlaubt wegzunehmen, sondern die Auszeichnung durch den Waldknecht abzuwarten. Schließlich mag das Sammeln von Reisig zur Ergänzung des Holzvorrats gerade bei wenig bemittelten Bürgern nicht selten gewesen sein. |
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02/08 Aktualisierung: 02/08 |