Studien
 
Die Heselbacher Lehenshöfe in frühwürttembergischer Zeit 1595 - 1667 (Teil 3):
Die Identifizierung der Höfe in der Gesamtschau
 
Im dritten und abschließenden Teil der Studie wird nach einer systematischen Erörterung der Methodik die Identifizierung der Höfe noch einmal übersichtlich zusammengefasst. Hauptquelle der Identifizierung bleibt das Lagerbuch von 1667 (XXXV), dessen Hinweise zur Lokalisierung der Güter fünf Kategorien zugeordnet werden können (vgl. zum folgenden auch die Karte):

Lage im Dorf. Die Lagebeschreibung "oben im Dorff" (Faksimile) von Andreas Gierbachs Gut erschien uns spezifisch genug, darin den Hof des Wolfenbauers zu erkennen (vgl. 2.1). Weit weniger spezifisch ist dagegen die Beschreibung der entgegengesetzten Position "unden im Dorff" für den Hof von Hans Gierbach, weil darin nicht nur das Gut des Seidtenbauers gesehen werden kann, für das wir uns nach Berücksichtigung weiterer Hinweise entschieden haben (2.2), sondern auch die drei südlichen Güter Klumppscher Hof, Mattheisenhof und Rappenhof. Völlig unspezifisch und damit für die Identifizierung unbrauchbar erscheinen schließlich Lagebeschreibungen wie "im Fleckhen" für den Hof von Hans Balthasar Ziflen und "in dem Dorff" für Jung Hans Seegers Hof.

Begrenzung durch Wege. Die öffentlichen Wege, im Lagerbuch "gemeine Gaßen" genannt, tragen keine Namen und werden auch sonst kaum näher bezeichnet. Insofern sind sie meist unspezifisch. Gibt es jedoch zum Beispiel nur einen Fall, wie die Flurkarte von 1837 nahelegt, dass ein Gut rundum von Wegen begrenzt wird, dann taugt die Begrenzung zur Identifizierung des Guts: es gibt wenigstens 1837, vielleicht aber auch schon 1667 nur einen Hof "zwischen denn gemeinen Gaßen allenthalben gelegen", nämlich den Hof des Untermartesbauern (2.7). Ähnliches gilt für den Altschulzenhof, der 1837 als einziger auf drei Seiten durch Wege begrenzt ist und daher mit Hans Jacob Walters Gut identifiziert werden kann (2.6). Eine Begrenzung durch Wege auf zwei aufeinander stoßenden Seiten erlaubt immerhin den Schluss, dass es sich bei der Hofraite um ein Eckgrundstück handeln muss. Das ist der Fall bei den Gütern von Alt Hans Seeger (Michelsbauer), Hans Balthasar Ziflen (Obermartesbauer), Hans Bernhard Seidt (Klumppscher Hof) und Hans Gierbach (Seidtenbauer).

Begrenzung durch Nachbargrundstücke. Dabei kann es sich um aufeinander stoßende Hofraiten handeln, wie im Falle der Güter von Alt Hans Seeger (Michelsbauer; 2.2) und Andreas Gierbach (Wolfenbauer; 2.1) sowie von Hans Balthasar Ziflen (Obermartesbauer; 2.3) und Michel Frey (Haus Stricker-Lampart; 2.4). Der Hof von Hans Balthasar Ziflen ist jedoch nicht nur durch die Hofraite von Michel Frey begrenzt, sondern an einer weiteren Seite, es muss die Nordseite sein, durch ein Feld von Frey, nämlich dem westlichen Ende des Bergackers. Und wenn das Gut von Alt Hans Seeger an einer weiteren Seite, es ist offensichtlich die Westseite, auf Hans Bernhard Seidt (Klumppscher Hof; 2.4) stößt, dann kann das nicht die Hofraite von Seidt sein, dann muss das ein Feld von ihm sein: tatsächlich besitzt Hans Bernhard Seidt vier Morgen auf dem Langacker, der im Westen an den Hof von Seeger grenzt. Schließlich stößt das Gut von Michel Frey nicht auf die Hofraite von Georg Schneider (Rappenhof; 2.5), die Entfernung wäre zu groß, sondern auf Felder, die den Rappenhof auch nördlich umgeben und 1667 Grund- und Zielacker genannt werden (und wahrscheinlich identisch sind mit den Feldern, die 1837 "Im Teich" liegen).

Begrenzung durch eigene Grundstücke. In etlichen Fällen stößt ein Hof wenigstens an einer Seite an ein eigenes Feldstück. Dies ist so bei den Gütern von Hans Jacob Walter (2.6), Hans Bernhard Seidt (2.4) und Hans Gierbach (2.2) und alle drei haben Besitz auf der Ober- oder Kirchwies, was die Identifizierung der genannten Güter als den Altschulzenhof, Klumppschen Hof und Seidtenhof erleichtert. Andreas Gierbachs Gut (Wolfenbauer; 2.1) ist an zwei Seiten von eigenem Grund und Boden begrenzt (Faksimile), und zwar im Norden durch "sein selbs Äckherlin" und im Westen durch "denn Innhabern selbsten" - wahrscheinlich durch ein langgestrecktes Feld, das 1667 Auf den Äckern und 1837 Scheuerlensacker genannt wird. Im Extremfall, nämlich im Falle Georg Schneiders (Rappenhof; 2.5), liegt der Hof "zwischen dem Innhabern selbsten allerseits". Dies ist 1837 angesichts einiger, möglicherweise später angelegter Wege nur noch schwer nachvollziehbar, doch gehören die Parzellen 34 und 35 im Norden und Osten den Rappenhofs und die Parzelle 45 im Süden auch in dieser Zeit noch immer zum Rappenhof.

Besondere Merkmale. Zu diesen zählen der auffallend große Baumgarten von 1,5 Morgen (Faksimile) des Andreas Gierbach (Wolfenbauer; 2.1), die Schmiedewerkstatt von Hans Balthasar Ziflen (Obermartesbauer), insbesondere mit einem weiteren Merkmal Ziflens, das wir aus den Kirchenbüchern gewinnen, in denen er mehrfach "Wirt" genannt wird. Im Abschnitt 2.3 ist die Kombination der beruflichen Tätigkeiten von Schmied und Wirt als durchaus schlüssig interpretiert worden.

Zu weiteren, allerdings nicht sehr weitreichenden Erkenntnissen zur Identifizierung der Höfe gelangt man durch Vergleich der Angaben im Lagerbuch 1667 mit den Daten im Primärkataster (LII) aus der Zeit um 1840. Dabei bieten sich zwei Vergleiche in der Zeit an: der Vergleich der Felder eines Hofs und der Vergleich der Besitzer eines Hofs (genealogische Betrachtung unter Zuhilfenahme der Kirchenbücher; L).

Vergleich der Felder 1667/1840. Der Vergleich wird durch die nicht seltene Veränderung von Gewannbezeichnungen erschwert. So finden wir die Flurnamen Auf den Äckern und Die Missin des Lagerbuchs von 1667 im Primärkataster aus der Zeit um 1840 nicht mehr. Umgekehrt gibt es die Flurnamen Schelmenacker und Scheuerlensacker im Lagerbuch noch nicht: es bedarf daher zusätzlicher Information und Interpretation den Scheuerlensacker (20 Morgen) mit dem Gewann Auf den Äckern (19 Morgen) zu identifizieren und beide dem Wolfenbauer zuzuordnen (2.1). Andere Gewanne scheinen vom Namen her identisch, variieren aber in der Größe sehr: im Lagerbuch umfasst das Gewann Auf der Au 20 Morgen, im Primärkataster ("In der Au") aber nicht weniger als 50 Morgen, in denen wahrscheinlich auch die 11 Morgen der Missin enthalten sind. Schließlich variieren auch die Flurnamen selbst mehr oder weniger stark. Ist die Veränderung gering, wie zwischen den Namen Bergacker (17 Morgen) und "Am Berg" (18,5 Morgen), dann fällt die Gleichsetzung und Zuordnung zu einem Hof, in diesem Fall zum Haus Stricker-Lampart (2.4), relativ leicht. Schwieriger wird es bei erheblichen Namensänderungen, wie wir sie im Falle der Felder des Rappenhofs angetroffen haben (2.5): dort haben wir unterstellt, dass der Flurname Grund- und Zielacker aus dem Lagerbuch ungefähr gleichgesetzt werden kann mit den Gewannbezeichnungen Zielacker und Im Teich des Primärkatasters.

Vergleich der Besitzer 1667/1840. Die Absicht der Menschen, ihren Besitz an die eigenen Kinder weiterzugeben, ist ebenso verständlich wie verbreitet. Gelingt die Absicht über längere Zeit, manches Mal werden Jahrhunderte erreicht, können jüngere, bekannte Besitzverhältnisse - in unserem Falle: zur Zeit des Primärkatasters - auf ältere, nicht oder nur teils bekannte Besitzverhältnisse - zur Zeit des Lagerbuchs - zurückgeführt werden. Doch wird die Absicht der Besitzvererbung an die eigenen Kinder durch die Unwägbarkeiten des menschlichen Lebens oftmals durchkreuzt. Dies trifft, ohne dass besondere Gründe erkennbar wären, also durch Walten des Zufalls, auf Heselbach in hohem Maße zu: um 1840 finden wir dort Nachkommen von nur dreien der elf Hofbesitzer 1667, und zwar von Michel Frey, Georg Schneider und Alt Hans Seeger. Michel Frey hat nun allerdings so viele Nachkommen in Heselbach hinterlassen, dass es schon überraschend wäre, unter ihnen die Besitzer des Hauses Stricker-Lampart nicht zu finden (2.4). Die weit weniger zahlreichen Nachkommen von Georg Schneider verteilen sich um 1840 auf drei Häuser; der eigentlich erwartete Rappenhof ist jedoch nicht darunter (2.5). Die Linie des Alt Hans Seeger mündet über die in zweiter Ehe geborene Tochter Anna Maria und die Enkeltochter Agnes Schneider, die 1705 Conrad Frey heiratet, in die weitverzweigte Familie des Michel Frey (2.2). So erweist sich der Besitzervergleich als ein für Heselbach nur begrenzt taugliches Instrument.

 
Besitzer 1667 Hausnummer 1840 Hofname
Alt Hans Seeger
Andreas Gierbach
Hans Gierbach
Hans Bernhard Seidt
Hans Balthasar Ziflen
Michel Frey
Georg Schneider
Jung Hans Seeger
Hans (Jacob) Walter
Hans Sommer
Conrad Mast
7
8
3
18
10
14/15
16
17
2
11
?
Michelsbauer
Wolfenbauer
Seidtenbauer
Klumppscher Hof
Obermartesbauer
Haus Stricker-Lampart
Rappenhof
Mattheisenhof
Altschulzenhof
Untermartesbauer
?
Tafel 5: Identifizierung aller Höfe in der Gesamtschau (Hypothese)
 
Nimmt man allerdings alle Instrumente zusammen, dann können sie zur Identifizierung der Höfe doch einiges leisten und zu Ergebnissen führen, die im Teil 2 für jeden Hof ausführlich hergeleitet und in der Tafel 5 noch einmal zusammengefasst worden sind. Ganz zuverlässig erscheinen mir jedoch nur die Identifizierungen des Michelsbauern, des Wolfenbauers, des Obermartesbauern und des Hauses Stricker-Lampart. Die übrigen Zuordnungen sind mit mehr oder minder großen Unsicherheiten belastet. Die Zuordnungstafel insgesamt kann daher vorläufig nicht mehr als den Status einer begründeten Hypothese beanspruchen.
 
 
Typoskript: 11/06
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Internetversion: 12/06
Aktualisierung: 12/06
Der Buchstabe F mit nachfolgenden Ziffern verweist auf das Ortssippenbuch von G.Frey (1987)